Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0985 - Libertys Tränen

0985 - Libertys Tränen

Titel: 0985 - Libertys Tränen
Autoren: Simon Borner
Vom Netzwerk:
- und um eine Standpauke reicher - im Freien stand und der Sergeant an Bord der Tränen zurückgekehrt war, bemerkte Lyle, dass seit seiner Ankunft hier am Pier zwei Stunden vergangen waren.
    Unfug, dachte er. Wahrscheinlich hat meine Armbanduhr nur irgendeine Fehlfunktion.
    Er hatte sein wartendes Auto noch nicht erreicht, da konnte er sich an den eigenartigen Spiegel schon nicht mehr erinnern…
    ***
    »Und jetzt?«
    Nicole Duval, die die Tasche mit ihrer beider Ausrüstungen geschultert hatte, sah Zamorra fragend an. Sie hatten gerade den Central Park verlassen, wo sich in einer vor unliebsamen Blicken geschützten Ecke einige Regenbogenblumen befanden, und standen nun ein wenig ratlos an der Fifth Avenue.
    Zumindest sie schien ratlos. Er selbst wusste dagegen genau, was er tun wollte.
    »Police Plaza One befindet sich nicht allzu weit von hier«, sagte Zamorra. »Ich schlage vor, wir nehmen ein Taxi dorthin und schauen, ob mein hiesiger Kontaktmann in der Gegend ist.«
    »Dieser Andy, richtig?«
    »Ganz genau. Das NYPD ist in unseren Dingen eher unkooperativ, aber Andy hat zum einen einen offenen Geist und zum anderen schon viel zu viel mit mir erlebt, als dass er die Augen vor der Wahrheit verschließen könnte. Wenn hier wieder paranormale Ereignisse stattfinden, wird Andy es wissen.«
    Nicole sah nachdenklich auf die Wolkenkratzer und den Fluss aus Autos und Passanten, der an ihnen vorbeiströmte. »Oooder«, sagte sie dann, »du gehst zu deinem Andy, und ich recherchiere derweil auf dieser schönen Straße hier, ob sich etwas tut. Dann treffen wir uns im Hotel und vergleichen unsere Ergebnisse.«
    Zamorra musste schmunzeln. Das passte zu ihr. Die Fifth Avenue war so ziemlich die nobelste Einkaufsmeile von ganz New York. Nicole wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Ausflug hierher auch für ihre eigenen Interessen zu nutzen - und solange kein akuter Handlungsbedarf bestand, hatte sie dazu seiner Ansicht nach auch jedes Recht der Welt.
    »Einverstanden.« Er stutzte und runzelte in gespielter Skepsis die Stirn. »Du wirst das Hotel doch finden, oder?«
    »Hey, wer von uns beiden hat es gebucht, Cherie?«
    Lachend verabschiedeten sie sich voneinander. Dann winkte er zwei Yellow Cabs herbei und fuhr los.
    Police Plaza One war ein vielstöckiges Gebäude direkt im Herzen Manhattans. Hier arbeiteten die Besten und Tapfersten, die die New Yorker Polizei aufzubieten hatte. Zamorra hatte das Gebäude schon mehrmals betreten, und auch heute kam er sich dabei vor, als dringe er in feindliches Gebiet vor. Der Grund für dieses irrsinnig anmutende Gefühl hieß Steven Zandt, war Lieutenant und »bewohnte« ein Büro, das so chaotisch aussah, wie seine Standardgarderobe - weißes Hemd, gelockerte Krawatte, schwarze Hosenträger - zerknittert war.
    »Was wollen Sie denn hier?«, fuhr der stiernackige Lieutenant Zamorra an, kaum dass dieser auf der Schwelle seines Büros erschienen war. Hätten Blicke töten können, der Meister des Übersinnlichen wäre röchelnd zu Boden gesunken.
    »Ihnen auch einen guten Tag, Zandt«, grüßte er stattdessen freundlich. »Verzeihen Sie die Störung, aber als ich am Empfang nach Sergeant Sipowicz fragte, verwies man mich seltsamerweise hierher.«
    »Aha.« Zandt grunzte ungehalten. »Dann brauche ich wohl jemand Neuen am Empfang. Wenn Sie Andy suchen, sind Sie hier falsch, Santorra. Der arbeitet nicht mehr bei uns.« Ein diebisches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.
    »Wie darf ich das verstehen? Hat er gekündigt?«
    »Er ist, wie sagt man, gegangen worden. Und das, Monsieur, werden Sie jetzt auch.« Zandt stand auf, trat um seinen unter zahllosen Papierbergen begrabenen Schreibtisch, und drängte den Professor zurück in den Gang. »Ich hab mir Sipowicz nicht vom Hals geschafft, damit Sie jetzt allein hier auftauchen und mir mit Ihren Geistergeschichten wichtige Arbeitszeit stehlen können. Guten Tag, Santorra - und auf Nimmerwiedersehen!«
    Sprach’s und knallte Zamorra die Bürotür vor der Nase zu.
    Der wird sich meinen Namen wohl nie richtig merken, seufzte der Professor innerlich, klopfte und öffnete die Tür kurzerhand wieder. »Können Sie mir wenigstens sagen, wo ich ihn finde?«
    Einen Sekundenbruchteil später schlug ein voller Wut geworfener Aktenordner zwei Zentimeter neben seiner rechten Schläfe gegen die Wand.
    ***
    Das ist doch unmöglich.
    Amy Williams kratzte sich an der Nase - wie immer, wenn sie nicht wusste, wie sie sich verhalten sollte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher