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0973 - Das seltsame Genie

Titel: 0973 - Das seltsame Genie
Autoren: Unbekannt
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Identifikationsplättchen, das er am linken Handgelenk trug, gegen das Lesegerät und sorgte auf diese Weise dafür, daß die Station seine Fahrgenehmigung registrierte.
    Minuten später war er in einem Großgleiter in Richtung Norden unterwegs. Interesselos blickte er durch die Fenster nach unten. Überall herrschte reges Treiben. TerraniaCity hatte 55 Millionen Einwohner, und es schien, als sei wenigstens die Hälfte davon außerhalb der Häuser.
    Doeh es war nicht das brodelnde, geschäftige Leben, das sonst die Straßenschluchten füllte. Es war anders als sonst. Runny sah viele Gruppen von Männern und Frauen, und er beobachtete Demonstrationszüge, die in Richtung Regierungsviertel strebten.
    Er war allein in dem Gleiter. Er ging zum Bordcomputer und drückte seine Plakette gegen das Lesegerät.
    „Ich möchte meine Mutter sprechen", sagte er.
    Bruchteile von Sekunden später erhellte sich der Bildschirm. Das Gesicht einer jungen, rothaarigen Frau erschien darauf.
    Besorgt blickte sie ihn an.
    „Wieso bist du nicht zu Hause, Runny?" fragte sie. „Kannst du mir das erklären?"
    „Ich konnte den dämlichen Roboter nicht mehr hören, Mom", erwiderte er. „Ich möchte ..."
    „Das ist keine ausreichende Erklärung", unterbrach sie ihn. Ihre Stirn krauste sich. „Bitte, wieso bist du nicht zu Haus? Beeile dich, denn ich habe viel zu tun. Ich kann nicht einfach Videogespräche zu meinem Vergnügen führen."
    Runny legte seinen Finger gegen einen Sensorpunkt. Das Bild erlosch.
    „Gib mir meinen Vater!" befahl er.
    Dieses Mal mußte er länger warten. Fast zehn Minuten vergingen, bis das Gesicht eines dunkelhaarigen Mannes im Projektionsfeld erschien. Mr. Gillison machte einen erschöpften Eindruck.
    „Was gibt es denn, Runny?" fragte er ungehalten. „Wie oft habe ich dir gesagt, daß du mich nicht stören sollst? Nun los, mach schon. Weshalb rufst du an?"
    „Ach, nicht so wichtig, Dad", erwiderte er enttäuscht.
    Mr. Gillison sah ein, daß er so nicht mit seinem Sohn reden durfte.
    „Wir sprechen miteinander, wenn ich zu Hause bin", sagte er einlenkend. Er bemühte sich um ein Lächeln. „Und jetzt - du verstehst schon."
    „Ja, klar", antwortete Runny.
    Am liebsten hätte er seinem Vater noch gesagt, daß dieser am Abend ganz gewiß keine Zeit mehr für ihn haben würde. Das kannte er schon. Seine Eltern verließen die Wohnung, bevor er aufgestanden war. Tagsüber war er allein mit dem Bildschirmlehrer. Abends waren seine Eltern zu müde und zu ausgelaugt, um sich noch mit ihm befassen zu können. Über einige unverbindliche Worte ging die Unterhaltung nie hinaus. Außerdem hatten sie sich selbst soviel zu erzählen, daß sie die Geduld nicht aufbrachten, sich auch noch seine Probleme anzuhören. Tagsüber aber durfte er auch nicht mit ihnen sprechen, weil sie nicht gestört werden wollten. Beide waren froh, eine gutbezahlte Arbeitsstelle gefunden zu haben, und keiner von ihnen wollte sie riskieren, nur weil es ein paar familiäre Fragen zu besprechen gab.
    Blieb das Wochenende.
    Seine Eltern nutzten - es, um Freundschaften mit anderen Rückkehrern von Harrais zu pflegen, sich mit Arbeitskollegen zu treffen oder einfach nur, um zu schlafen.
    Runny stieg aus, als der Großgleiter sich dem nördlichen Stadtrand näherte.
    Hier gab es noch viele Baustellen. Die Gerippe von zahllosen, halbfertigen Hochhäusern ragten in den Himmel.
    In der Halle der Station drückte Runny seine Identifikationsplakette gegen den Stationscomputer.
    Unmittelbar darauf ertönte die Stimme seines Lehrers.
    „Du bist einsam, Runny", sagte sie, „aber daran änderst du auch nichts, wenn du wegläufst. Deine Eltern werden Zeit für dich haben, wenn du geduldig bist."
    Runny Yok Gillison blickte zu der Videowand hinüber, die sich auf der anderen Seite der Halle erhob.
    Etwa zwanzig Männer und Frauen standen davor und hörten die Nachrichten.
    „Ich komme nie wieder nach Hause", erklärte der Junge. „Das ist gar kein richtiges Zuhause."
    „Weißt du denn, was ein richtiges Zuhause ist?"
    „Auf jeden Fall nicht das, was wir haben. Da war es auf Harrais besser."
    „Wir sind nicht mehr auf Harrais, und alles wird anders, wenn du besser Interkosmo sprechen kannst. Dann gehst du auf eine Schule mit anderen Jungen und Mädchen, die in deinem Alter sind. Dann bist du nicht mehr einsam."
    „Ach, du redest auch nur."
    Er schaltete ab und ging zu den Männern und Frauen hinüber, die sich die Nachrichten anhörten.
    „Der Orbiter
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