Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0972 - Finsteres Erbe

0972 - Finsteres Erbe

Titel: 0972 - Finsteres Erbe
Autoren: Oliver Fröhlich
Vom Netzwerk:
kam, hatte sie das Gefühl, an einen anderen Ort übergewechselt zu sein. Es hatte sich angefühlt wie damals, als sie noch einen Doppelkörper ausbilden konnte. Aber diese Fähigkeit hatte sie längst eingebüßt. Oder?
    Erneut zerrte der Tentakel sie aus dem Wasser. Sie sah die Jacht an sich vorbeisausen - und wollte es kaum glauben. Abdallah und Löwengrub hatten das Steuerhaus immer noch nicht erreicht. Sollte ihr Martyrium tatsächlich erst ein paar Sekunden andauern?
    Gerade rannte Papa aus dem Cockpit und hastete die Treppe hinunter.
    Unvermittelt ließ der Raucharm sie los. Des trügerischen Halts durch den Tentakel beraubt raste sie in die Tiefe. Im letzten Augenblick brachte sie die Füße nach unten und versteifte den gesamten Körper. Der Aufprall war so hart wie auf einer Betondecke. Dann durchstieß sie den Meeresspiegel und das Wasser schlug über ihr zusammen.
    Für Sekunden verlor sie die Orientierung. Wo war oben, wo unten?
    Als sie wieder auftauchte, versuchte sie zu erkennen, was an Bord los war. Aber sie schwamm zu nahe an der Jacht und so war der Winkel viel zu spitz, um etwas zu sehen.
    Schreie erklangen von Deck. So laut, dass sie selbst das Klatschen der Wellen an den Schiffsrumpf übertönten. Und sie trieb hier unten im Ozean und konnte nichts unternehmen!
    Als könntest du das, wenn du an Bord wärst!
    Sie ignorierte die spöttische innere Stimme und kraulte weiter auf das Boot zu. Da durchbohrte ein schrecklicher Gedanke ihr Hirn.
    Der Abgrund!
    An ihn hatte sie in den letzten Augenblicken überhaupt nicht mehr gedacht!
    Sie versuchte, den Kopf so weit wie möglich aus dem Wasser zu strecken, doch eine Welle schwappte über sie hinweg. Beim zweiten Mal hatte sie mehr Erfolg. Tatsächlich sah sie die gigantische Kante ins Nichts. Fünfzig, höchstens hundert Meter zu ihrer Linken.
    April kraulte schneller. Sie musste die SEASTAR erreichen, bevor sie in die Tiefe…
    Da erkannte sie den Fehler in ihrem Gedankengang. Und die Unmöglichkeit der Situation. Bei der Geschwindigkeit, mit der sich die Jacht trotz des Abstoppmanövers bewegte, hätte diese sich längst weit von ihr entfernt befinden müssen. Oder schon in das Meeresloch gestürzt sein. Doch das Boot trieb regungslos vor ihrer Nase.
    Was war mit ihr selbst? Warum packte sie nicht der Sog des Wasserfalls und riss sie hinab?
    Wieder spülte eine Welle über sie hinweg - und lieferte die Antwort auf ihre Fragen. Es handelte sich nämlich nicht um eine Welle, sondern um eines der generierten Tore des SEASTAR-Antriebs. Da kam auch schon das Nächste. Munro hatte es tatsächlich geschafft und die Jacht rechtzeitig zum Stillstand gebracht!
    Glücklicherweise schwamm April im Wirkungsbereich der außerirdischen Technik, sonst hätte der Schlund sie längst gefressen.
    Völlig außer Atem erreichte sie die Schiffswandung. Da wurde ihr klar, dass der Torgenerator ihr nur einen Aufschub gewährte. Denn aus eigener Kraft gab es für sie keine Möglichkeit, an Bord zu gelangen.
    »Hilfe!«, brüllte sie.
    Eine Welle spülte ihr Wasser in den Mund und erstickte ihren Schrei. Sie hustete, keuchte und versuchte es erneut.
    Aber sie wusste, dass da oben sie niemand hören würde. Was auch immer dort gerade geschehen mochte, sie hatten sicherlich genug mit den Beeinflussten zu tun. Wenn überhaupt noch jemand an Bord lebte.
    Ein ohrenbetäubendes Tosen erklang. Es dauerte einige Augenblicke, bis April es als das Tuten des Nebelhorns identifizierte. Es verstummte und brandete in der nächsten Sekunde erneut auf.
    Plötzlich öffneten sich schmale Schlitze in der Bordwand und Tritteisen glitten hervor.
    April konnte es nicht fassen! Sie blickte nach oben und sah Ran Munro, der sich über die Reling beugte. In seinem Mundwinkel klemmte noch immer die Shag-Pfeife. Er winkte ihr hektisch zu, was überhaupt nicht zu ihm passte, war der Mann doch sonst stets die personifizierte Gelassenheit. In kurzen Abständen sah er sich über die Schulter und rief ihr etwas zu, das im Getöse des Nebelhorns unterging.
    Endlich gelang es April, ihre Überraschung abzuschütteln. Sie griff nach einer Sprosse und zog sich hoch. Der Aufstieg raubte ihr die letzten Kraftreserven, aber sie biss die Zähne zusammen.
    Munro reckte ihr den Arm entgegen. »Mach schon, Boss! Wir müssen uns beeilen. Hier ist der Teufel los.«
    Selbst jetzt, wo sie ihm wesentlich näher war, konnte sie ihn kaum verstehen. Sie griff nach seiner Hand und lag im nächsten Augenblick keuchend auf den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher