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0966 - Die Angst der Psychonautin

0966 - Die Angst der Psychonautin

Titel: 0966 - Die Angst der Psychonautin
Autoren: Jason Dark
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Bildschirm. Seit sie nicht mehr in einer direkten Verbindung zu der Sonnenkönigin Amaterasu stand, sahen die Dinge anders aus. Da konnte sie sich auf ihre neue Welt konzentrieren, auf das Hobby Computer eben. Obwohl Shao es auf keinen Fall überschätzte. Der Computer sollte immer ein Diener des Menschen sein, keine Geißel. Nie würde sie zu einer Sklavin des Bildschirms werden, das stand fest.
    Aber es machte ihr Spaß. Beim Surfen kam sie sich ein wenig vor wie die großen Entdecker der letzten Jahrhunderte. Ein Vasco da Gama oder ein Kolumbus mußten ähnliches gefühlt haben wie sie, wenn es ihr gelang, in immer wieder neue Dimensionen hineinzustoßen. Shao hatte es längst aufgegeben, sich darüber zu wundern, was so ein Computer alles schaffte. Sie nahm es hin und freute sich darüber, immer wieder neue virtuelle Welten zu entdecken.
    Das hatte sie auch vorgehabt, nachdem die beiden Männer sie allein gelassen hatten. Ein normaler Morgen, auch wenn das Wetter etwas zu wünschen übrig ließ, aber sie merkte schon sehr bald, daß es nicht klappen würde, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte auch nicht die richtige Lust, sich vor das Ding zu setzten. Statt dessen räumte sie den Tisch ab, und ihre Gedanken bewegten sich dabei in verschiedenen Richtungen. Shao schaffte es nicht, sie logisch zu ordnen. Sie mußte sich zusammenreißen, um überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können.
    Das war seltsam. Eine derartig schlechte Konzentration hatte sie noch nie geplagt. Abgesehen davon, wenn es ihr mal nicht gutging oder sie krank war.
    Shao ging ins Bad, um sich im Spiegel anzuschauen. Oft zeichneten sich beginnende Krankheiten auch im Gesicht eines Menschen ab. Bei ihr war es zum Glück nicht der Fall. Sie sah sogar sehr gesund aus. Um so unerklärlicher kam ihr die innere Einstellung vor.
    Shao ging wieder, nachdem sie ihre langen Haare hochgebunden hatte, zurück in den Wohnraum, wo sie in ihrem Stammsessel Platz nahm, die Beine ausstreckte und darüber nachdachte, wie sie sich selbst aus dieser Unsicherheit herausbringen konnte.
    Ruhig bleiben. Konzentration. Mediales ausruhen. Den eigenen Atem unter Kontrolle bringen und damit auch den Geist. Er und die Seele mußten wieder eine Einheit bilden.
    Das alles kannte sie, und Shao hatte damit auch schon Erfolge erzielt.
    Nur an diesem Morgen nicht. Da blieb die schlechte Konzentration einfach bestehen. Die innere Nervosität wollte einfach nicht weichen.
    Shao wußte, daß etwas passieren würde, aber sie hatte keine Ahnung davon, was es genau war.
    Noch schwebte es über ihr. Sie lag da wie eine Wolke, die niemand sehen, wohl aber spüren konnte. Der Sessel war ihr unbequem. Sie stand auf und trat ans Fenster.
    Auch der Blick nach draußen brachte nicht viel. Ein trüber Tag, zum Glück kein Regen, aber insgesamt ziemlich grau. Sie öffnete das Fenster. Die Luft war frisch, der Wind hielt sich in Grenzen. Unten hatten die Büsche zwischen den beiden Hochhäusern eine frische, grüne Farbe bekommen, während der Blick hinüber in Richtung Themse in einem dunstigen Grau versickerte.
    Sie schloß das Fenster wieder. Die Unruhe war geblieben. Shao fühlte sich nicht beobachtet, aber es würde etwas passieren, dessen war sie sich sicher.
    Trotz allem setzte sich die Chinesin vor ihr Spielzeug. Sie schaute auf die Tastatur, dann betrachtete sie den Bildschirm. Eine Diskette steckte noch vom letzten Tag im Schlitz, und Shao schaltete den Computer ein.
    Er summte leise. Auf dem Bildschirm erschien ein Satz, über den sie lächeln mußte. Sie hatte ihn selbst einprogrammiert.
    Guten Morgen, Meister. Denk immer daran, daß ich der Sklave bin, nicht du.
    »Sehr gut«, sagte Shao. »Du bist mein Sklave. Ich möchte gern wissen, was du heute kannst.« Shao wollte einen bestimmten Text abrufen. Es ging da um die Beurteilung von Fahrrädern. Die Zeitschrift darüber war leider ausverkauft gewesen, so mußte sie schon ins Internet gehen, um die neuesten Daten zu finden.
    Die Begrüßungsformel verschwand.
    Und dann war nichts mehr da.
    Gar nichts.
    Abgesehen von einem weißgrauen Wirbel, der den gesamten Bildschirm bedeckte.
    Schnee. Wie bei der Glotze.
    Shao war sprachlos. Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und runzelte die Augenbrauen.
    Jeder Computer-Freak wäre in eine gewisse Hektik verfallen und hätte an allen möglichen Stellen versucht, den Schnee zu vertreiben. Das aber tat Shao nicht. Sie saß da uns schaute auf den Monitor, und sie ahnte, daß dieses
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