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0966 - Die Angst der Psychonautin

0966 - Die Angst der Psychonautin

Titel: 0966 - Die Angst der Psychonautin
Autoren: Jason Dark
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sich Thamar scheu und ängstlich um. Obwohl ich sie festhielt, versuchte sie, sich so klein wie möglich zu machen.
    Auch unsere Reaktion wurde beeinträchtigt, aber es war in unserer Sichtweite nichts zu entdecken, und auch an den Aufbauten der hohen Brücke bewegte sich nichts.
    Thamar atmete tief. Es hörte sich für mich so an, als wäre sie erst jetzt zufrieden. Suko bewegte sich an der Reling entlang. Er ging wieder vor.
    Sein Ziel war das Fallreep, über das wir endgültig an Land gehen konnten. Ich war gespannt, ob es Shao schaffte, die Blockade bei Thamar zu lockern.
    Suko hatte sicherheitshalber seine Waffe gezogen. Das sah ich. Thamar hatte dafür keinen Blick, was ich auch gut fand. Sie drängte sich an mich und tappte bei jedem Schritt auf. Hatte sie recht oder unrecht? Ich konnte es nicht sagen, denn mein Gefühl hatte sich nicht gemeldet. Oft spürte auch ich, wenn sich etwas Bedrohliches näherte. Das war hier nicht der Fall.
    Ich wollte Thamar auch nicht ansprechen, warf aber einen Blick in ihr Gesicht, wobei mich besonders die Stirn interessierte. Das dritte Auge war noch vorhanden, aber der Abdruck war wesentlich schwächer geworden und nicht mit dem zu vergleichen, den ich bei ihr in der Kabine des Kapitäns gesehen hatte.
    Der Frachter war nicht der einzige, der am Pier lag. In der Nachbarschaft ragten die Aufbauten eines weiteren Schiffes hervor. Am Mast wehte die deutsche Flagge.
    Gearbeitet wurde hier nicht. Auch der Hafen erlebte eine Rezession, so waren die meisten Nachtarbeiten eingestellt worden. Richtig finster war es trotzdem nicht. Sehr hochhängende Lampen strahlten ihren Schein ab, der auf das Pflaster des Piers fiel und dabei auch die Dächer und Mauern der Lagerhäuser berührte.
    Einsam und verlassen stand unser Rover auf dem Pier. Nicht weit von der Einmündung einer schmalen Straße oder Gasse entfernt, die weg vom Wasser führte und hinein in die Stadt. Dort schwebte eine Lichtglocke über dem steinernen Häusermeer. Sie hatte sich wie ein heller Streifen zwischen der Erde und dem dunklen Himmel ausgebreitet.
    Es kam mir vor wie ein Fanal der Hoffnung in einer ansonsten düsteren Welt.
    Suko hatte bereits den Beginn des Fallreeps erreicht und war dort stehengeblieben.
    Ich versuchte es noch einmal, während ich einen Arm um Thamar gelegt hielt. »Bitte, du mußt es mir sagen, Thamar. Wer bedroht euch? Vor wem hast du Angst?«
    »Sie sind grausam.«
    »Sind es Menschen?«
    »Ja.«
    »Und weiter?«
    »Ich kenne sie nicht.«
    »Warum gerade dich?«
    »Nicht nur mich.«
    »Wieso?«
    »Auch andere.«
    Ich holte tief Luft. Da war schon eine Information. »Es gibt also noch mehr Frauen, die so sind wie du. Die ein drittes Auge haben. Das hast du doch damit sagen wollen - oder?«
    »Ja, habe ich.«
    »Wo finde ich sie?«
    »Überall. Sie sind auf der Welt verteilt. Aber jemand hat uns eine Falle gestellt. Jemand will an unser Wissen, glaube ich. Wenn wir es ihm nicht sagen, will man uns töten. Es ist eine gefährliche Organisation. Es sind Menschen«, sie schüttelte den Kopf, »aber sie sind wie Schatten. Ich habe sie gesehen, aber nicht erkannt. Ich komme damit nicht zurecht. Ich habe nur Angst.«
    »Das wird bald vorbei sein.«
    »Nein, nein!« stieß sie hervor. »Bestimmt nicht. Keine Chance, wirklich nicht.«
    Ich sah das anders, aber ich wußte zuwenig. Wichtig war, daß sie nicht die einzige war, die sich fürchtete. Es mußte noch andere Frauen mit einem dritten Auge geben, und sie bewahrten möglicherweise ein Geheimnis, das für andere Menschen von größtem Interesse war.
    Vielleicht die Besatzung des Schiffes?
    Nein, daran wolle ich nicht glauben. Diese Leute hatten nicht das Format, und damit schloß ich auch den Kapitän mit ein.
    »Alles klar!« meldete Suko, als wir ihn erreichten. »Ich habe niemanden gesehen.«
    »Du irrst dich!« erklärte die Frau. »Sie sind da. Sie sind immer da. Das weiß ich.«
    »Und weshalb hat man dich gefangen?« fragte ich, »Und brachte dich hierher nach London?«
    »Sie wollten mich abgeben.«
    »An wen?«
    »An meine Feinde. Sie haben auch verlangt, daß ich zuletzt angekettet wurde. Sie wären an Bord gekommen und hätten mich befragt. Hätte ich keine Antwort gegeben, dann hätten sie mich getötet.« Sie deutete gegen ihre Kehle, und wir wußten beide, was sie damit meinte. Wohler wurde uns nicht.
    Aber konnten wir Thamar das alles glauben? Wir versuchten es. Sicher war, daß sie auf gemeinste Weise gefangengehalten worden
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