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0960 - In den Nebeln

0960 - In den Nebeln

Titel: 0960 - In den Nebeln
Autoren: Anika Klüver
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sie sich vor ihr keine Blöße geben wollten. Aber vielleicht waren sie auch einfach nur zu stolz, um zuzugeben, wie schlecht es ihnen ging.
    Diese Trottel. Ihr Zustand würde sich nicht verbessern, indem sie ihn ignorierten. Je näher sie dem Baum kamen, desto schlimmer würde es werden. Ihre einzige Chance auf Rettung bestand darin, den Nebel so schnell wie möglich zu verlassen und zu hoffen, dass es nicht bereits zu spät war. Doch das wussten sie natürlich nicht, und sie würde es auch nicht zulassen, falls sie es dennoch versuchen sollten. Hier würde alles enden, hier würde sie ihren Sieg erringen und ihre Macht für alle Zeiten festigen. Sie würde die neue Herrscherin der Dämonen werden, niemand sonst! Sie hob eine Hand, um ihre ahnungslosen Begleiter dazu zu bringen, stehen zu bleiben. »Wartet. Ich muss den Baum erst besänftigen. Er würde euch sonst als Eindringlinge ansehen und euch sofort vernichten.«
    »Ihr seid hier Gästen gegenüber nicht gerade freundlich eingestellt«, meinte Asmodis. »Kein Wunder, dass der Tourismus in London in letzter Zeit so stark nachgelassen hat.« Er musste husten und versuchte, es als Gelächter zu tarnen, was ihm nicht so recht gelingen wollte. Der Ärmste , dachte Lea ohne jede Spur von Mitleid. Er hat Glück, dass ich so gnädig bin. Ich könnte ihn einem langsamen qualvollen Tod durch die Pflanzen überlassen, aber ich übernehme das lieber selbst. Es wäre zu schade um die ganze Energie, die dabei verloren gehen würde. Wenn ich sie stattdessen in mich aufnehme, hat jeder etwas davon. Nun, eigentlich habe nur ich etwas davon, aber jeder ist eben sich selbst der Nächste. Vermutlich beeinträchtigt der Nebel nicht nur ihre körperlichen, sondern auch ihre magischen Kräfte, sonst hätten sie sie sicher schon ein paar Mal angewendet, um besser durch das Dickicht zu kommen. Ich werde sie mit Leichtigkeit besiegen können.
    Fu Long sah nicht viel besser aus als Asmodis. Der Vampir stand in gebeugter Haltung da und drohte immer wieder wegzudämmern, schien aber keine Schmerzen zu haben.
    Noch nicht.
    »Geduldet euch einfach einen Moment«, sagte Lea und ging allein auf den Baum zu.
    ***
    Asmodis' Sicht war ein wenig verschwommen, was er auf die stickige Luft zurückführte. Sie setzte ihm offenbar zu. Er war etwas verwundert darüber, dass er sich so mitgenommen fühlte, denn immerhin war er höllische Temperaturen und giftige Dämpfe gewöhnt, da hätte ihm ein wenig Pflanzendunst nichts ausmachen sollen. Er sah, wie sich Leas elegante Gestalt auf den Baum zu bewegte. Sie lehnte sich gegen die Rinde, als wollte sie daran horchen und legte ihre Hand für einen Moment darauf. Dann folgte eine Bewegung, die viel zu schnell war, als dass Asmodis ihr hätte folgen können, und im nächsten Moment schien der Baum zu bluten. Grünliche, seltsam schimmernde und von innen heraus leuchtende Flüssigkeit sickerte aus dem Stamm. Sie war dickflüssig wie Harz und tropfte träge herunter. Dann hielt Lea ihre linke Hand hoch und ritzte sich mit einer Klaue der rechten Hand die goldene Haut der Handinnenfläche auf. Dunkles Blut quoll hervor, und noch bevor Asmodis begreifen konnte, was geschah, hielt die Gestaltwandlerin die Wunde unter die offene Stelle im Baum und ließ die grüne Flüssigkeit hineintropfen. Hier stimmt etwas nicht , meldete sich eine Stimme in Asmodis' Kopf. Er sah zu Fu Long, der ebenfalls misstrauisch beobachtete, was dort vor sich ging. »Was macht sie da?«, fragte der Erzdämon laut.
    »Ich glaube nicht, dass das Teil unseres Vorhabens ist«, meinte Fu Long.
    »Wie klug du doch bist, Fürst der Finsternis!«, rief Lea verächtlich. »Doch zu eurem Pech nicht klug genug.« Ein Zittern fuhr durch den Körper der Gestaltwandlerin, und ihre Haut schien plötzlich zu glühen. Dann verwandelte sie sich. Es war ein geschmeidiger Prozess, der sie von einer Form in eine andere gleiten ließ. Ihre Arme und Beine wurden länger und verschmolzen schließlich mit ihrem Körper, sodass sie einen langen glatten Leib bildeten. Ihr Hals zog sich ebenfalls in die Länge und ihr schönes Gesicht wölbte sich vor, bis ein langer flacher Kopf mit spitz zulaufendem Maul entstanden war. Einzig die glühenden gelben Augen mit den senkrecht verlaufenden Pupillen erinnerten noch an das Wesen, das eben noch dort gestanden hatte. Der gewaltige schuppige Körper der monströsen Schlange wand sich um den Baum und verharrte für einen Moment erwartungsvoll vor den beiden geschwächten
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