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096 - Der grüne Leichnam

096 - Der grüne Leichnam

Titel: 096 - Der grüne Leichnam
Autoren: Dämonenkiller
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verständigt, doch sie ließ sich einen Sarg liefern und bahrte den Toten in ihrem Haus auf. Die Geschichte roch ziemlich stark nach einer Falle. Mein Interesse sollte geweckt werden und dann… Trotzdem wollte ich das Risiko eingehen.
    „Wo wohnt Muriel Baine?"
    „In Kidbrooke, in der Birdrook Road."
    „Dann besuchen wir sie mal", sagte ich und stand auf.
    Coco blickte mich überrascht an, dann lächelte sie zufrieden.
    „Kommst du mit, Coco?"
    „Natürlich", sagte sie.

    „Ich fürchte, daß sie uns nicht ins Haus lassen wird", meinte Abi, als ich in die Birdrook Road einbog.
    Er hatte sie telefonisch zu erreichen versucht, doch niemand hatte den Hörer abgehoben.
    „Das ist meine geringste Sorge", antwortete ich.
    Meine Ausbildung beim Secret Service machte sich in solchen Fällen bezahlt. Schlösser knackte ich in wenigen Minuten.
    Das Haus lag etwas abseits von der Straße. Ein schmaler Weg führte direkt zum Gartentor. Ich stellte den Motor ab und stieg aus. Es regnete noch immer. Das langgestreckte Haus war nur undeutlich zu sehen. Der große Garten war mit einem hohen Zaun umgeben, die Obstbäume im Garten waren kahl.
    Ich stapfte auf das Gartentor zu. Es stand halb offen. Ohne zu zögern, trat ich in den Garten und schritt rasch auf das Haus zu. Einmal wandte ich kurz den Kopf um. Coco und Abi folgten mir. Ich versuchte, die Haustür zu öffnen, doch sie war versperrt. Eine Klingel war nicht zu sehen.
    „Willst du zuerst einen Blick in das Zimmer werfen?" fragte Abi.
    Ich schüttelte den Kopf und klopfte. Nichts rührte sich. Ich schlug mit der geballten Faust gegen die Tür, dann preßte ich das rechte Ohr gegen die Türfüllung. Kein Laut war zu hören.
    „Was nun?" fragte Coco.
    Ich überlegte einen Augenblick. „Zeige uns doch das Zimmer, in dem Baine liegt!"
    Abi ging voraus. Er wandte sich nach rechts und blieb nach zwanzig Schritten stehen.
    „Das ist das Zimmer!" sagte er und trat einen Schritt zur Seite.
    Ich stellte mich vor das hohe Fenster und preßte das Gesicht an die feuchten Scheiben. Ein halb vorgezogener, roter Vorhang und dichte Tüllgardinen verdeckten mir die Sicht; doch nach einigen Sekunden konnte ich mehr erkennen.
    Ich sah den silberbeschlagenen Sarg, in dem Tom Baine lag. Baine sah noch im Tod recht gut aus.
    Er war etwas dicklich, trug einen schwarzen Anzug, und seine Schläfen waren graumeliert. Neben dem Sarg standen zwei schlanke Ständer mit brennenden Kerzen. Das Gesicht und die Hände des Toten waren grün. Schräg hinter dem Sarg stand eine junge Frau. Ihr langes, blondes Haar war in der Mitte gescheitelt. Sie trug ein grünes Kleid. Angestrengt starrte sie den Toten an.
    „Das muß Muriel sein", sagte ich und Abi nickte.
    Die Lippen der Frau bewegten sich. Sie sagte etwas.
    „Abi, hol bitte ein Abhörmikrofon und Kopfhörer aus dem Auto! Du findest sie im Kofferraum." Ich gab ihm die Autoschlüssel. „Sieh du dir mal die Frau an, Coco!"
    Ich trat zurück, und Coco sah ins Zimmer. „Viel kann man ja nicht erkennen, aber die Frau scheint tatsächlich mit dem Toten zu sprechen."
    Abi kam mit der Wanze zurück. Ich drückte sie gegen die Fensterscheibe und setzte mir die Kopfhörer auf. Das Abhörmikrofon war äußerst leistungsstark. Ich regulierte die Lautstärke, dann vernahm ich die Stimme der Frau. Sie war tief und klang heiser.
    „Tom", flüsterte sie. „Tom, bald sind wir vereint. Bald ist es soweit. Ich spüre es. Ich kann ohne dich nicht leben. Wir gehören zusammen. Du bist nicht richtig tot. Ich spüre es. Ich weiß es. Du wirst wiederkommen, ich verspreche es dir."
    Ich nahm die Kopfhörer ab und reichte sie Coco, die sie nach ein paar Minuten an Abi weitergab. „Was hältst du davon, Coco?" fragte ich.
    „Die Frau ist verhext. Da gibt es keinen Zweifel. Ich würde vorschlagen, wir gehen ins Haus." „Einverstanden", antwortete ich, beugte mich nochmals vor und blickte ein letztes Mal ins Zimmer. „Sie will den Toten ausziehen!" rief Abi überrascht aus.
    Muriel beugte sich über den Sarg und streckte die rechte Hand aus. Doch plötzlich zuckte sie zurück. Erschrocken griff sie sich an den Hals und taumelte einen Schritt rückwärts. Ihre Augen waren geweitet.
    Der Tote setzte sich auf. Die linke Hand hatte er erhoben, die rechte umklammerte den Sargrand.
    Für einen Augenblick öffnete er die Augen, dann fiel er in den Sarg zurück.
    Abi hielt mir die Kopfhörer hin.
    „Du lebst", hörte ich Muriels Stimme, die jetzt reichlich zittrig klang.
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