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0925 - Boten der Finsternis

Titel: 0925 - Boten der Finsternis
Autoren: Unbekannt
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kennengelernt hatte. Bei ihnen gab es keine Lügen und Intrigen. Sie waren wirklich intelligent - und sie waren Meister im Schlichten von Streitigkeiten. Diese Begabung hatte sich erst spät bei ihnen herausgebildet, aber immerhin wendeten sie sie mit traumhafter Sicherheit an. Nicht Tengri Lethos, sondern die Lurianer hatten auf Anhieb die einzige durchführbare Methode herausgefunden, mit der der Krieg zwischen den beiden größten Sternenreichen der Galaxis Chjenjenya beendet worden war. Lethos hatte ihnen lediglich das Funktionsprinzip eines weitreichenden Hyperfunkgeräts geben müssen, damit sie ihre Friedensmission erfüllen konnten.
    Und nun waren sie auf sinnlose Weise in ihren Wohnungen verhungert.
    Tengri Lethos versetzte sich in die Nachrichtenzentrale der Hauptstadt und überprüfte die Aufzeichnungen.
    Er wußte allerdings, daß er nichts finden würde, als er feststellte, daß die Aufzeichnungen vor umgerechnet sechs Wochen eingestellt worden waren.
    Vor sechs Wochen mußte demnach das Ereignis eingetreten sein, das die Lurianer veranlaßt hatte, ihre Wohnungen aufzusuchen und keine Nahrung mehr zu sich zu nehmen. Aber niemand hatte es für notwendig gehalten, eine Information über die Gründe dieses selbstmörderischen Verhaltens aufzuzeichnen.
    Weil diese Entscheidung nicht verstandesmäßig, sondern emotional getroffen worden war!
    Tengri Lethos versank kurz in dumpfes Brüten.
    Durch Emotionen können nüchtern-sachliche Aufzeichnungen verhindert werden, aber die künstlerische Phantasie wird durch sie angeregt. Auch auf Luria hatte es Kunst gegeben: Musikwerke, Malerei, Poesie und Prosa - und vieles andere. Tengri Lethos war mehrmals mit dem berühmtesten Dichter Lurias zusammengetroffen und hatte mit ihm über den Kosmos und die Bedeutung der Bio-Intelligenz in diesem Kosmos gesprochen.
    Er versetzte sich in die Zentralbibliothek, verschaffte sich die Anschrift des Dichters mit dem schwierigen Namen Chjumthlja und begab sich mittels Spontantransmitter dorthin.
    Zwei verwesende Leichen lagen dort auf dem Steinrost des Wohnzimmers, dicht aneinander gepreßt.
    Tengri Lethos blickte schnell weg, dann suchte er das private Aufzeichnungsgerät. Er fand es in der Kommunikationswand und untersuchte es.
    Als er feststellte, daß die letzte Aufzeichnung erst drei Wochen alt war, spürte er eine Woge der Erregung in sich.
    Dann spielte er die Aufzeichnung ab - und im ersten Moment fühlte er Enttäuschung.
    Chjumthlja hatte zuletzt ein langes Gedicht über etwas verfaßt, das er „Stern der Offenbarung" nannte.
    Dieser Stern der Offenbarung hatte ihm nach seinen Versen gezeigt, was der wirkliche Sinn der Bio-Intelligenz war, und er hatte weitere Offenbarungen vorausgesagt. Das Gedicht schloß mit den Worten „dort werden wir uns wiedersehen" - und es waren diese letzten Worte, die dem Hüter des Lichts zeigten, daß er endlich eine Spur gefunden hatte.
    Hypnose ...
    Ein hinterhältiger, mörderischer Feind hatte, wahrscheinlich mit Hilfe einer entsprechenden technischen Apparatur, schlagartig alle Bewohner Lurias in Hypnose versetzt und ihnen danach suggeriert, ein „Stern der Offenbarung" warte darauf, daß sie ihre Seelen zu ihm schicken, damit sie weitere Offenbarungen erfahren könnten.
    Das würde alles erklären. Außerdem waren die Lurianer tatsächlich sehr leicht zu hypnotisieren gewesen, und ihre Heilkunst hatte viel mit Hypnose gearbeitet. Es mußte deshalb nicht einmal sehr schwer gewesen sein, sie zu willenlosen Opfern zu machen, die im Rausch der Erwartung von Glück und Wahrheit verhungert waren.
    Aber wer war dieser grausame Feind gewesen ...?
    Zum erstenmal seit seinem Erwachen spürte der Hüter des Lichts Mordlust in sich. Entsetzt darüber versetzte er sich in die Memozentrale seines Ewigkeitsschiffs zurück und ließ sich vom Semor-Gehirn psychotherapeutisch behandeln. Während der Behandlung erfuhr das Semor-Gehirn auch, was er auf Luria vorgefunden hatte.
     
    *
     
    Als die Behandlung abgeschlossen war, spürte Tengri Lethos nichts mehr von Mordlust. Das bedeutete jedoch nicht, daß er beabsichtigte, den Massenmord von Luria zu vergessen.
    Nein, er mußte herausfinden, woher der Feind gekommen war. Er mußte ihn, sobald er ihn gefunden hatte, gründlich untersuchen beziehungsweise beobachten, um eine Methode zu finden, seine Aggressivität abzubauen beziehungsweise in positive Bahnen zu lenken.
    Tengri Lethos dachte nicht an Rache. Er wußte, daß nichts im Universum absolut
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