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0925 - Blutzoll

0925 - Blutzoll

Titel: 0925 - Blutzoll
Autoren: Jason Dark
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verloren ihre Klarheit.
    Sie nahmen eine neblige Umrandung an. Sie waren dabei, sich aufzulösen, und auch Shao spürte, daß etwas mit ihr vorging. Leider konnte sie nicht nachvollziehen, was es war. Es kam auf sie zu, es packte sie von innen und von außen.
    Die Bilder verschwanden.
    Oder verschwand sie?
    Shao wußte es nicht.
    Sie wußte gar nichts mehr und wurde zu einem Opfer der magischen Dimensionen…
    ***
    Ich war durch eine dampfende, schwüle und nasse Hölle gefahren, die den Namen London trug. Wie ich, so waren auch zahlreiche andere Autofahrer unterwegs, denn sie wollten so schnell wie möglich nach Hause. In der Ferne drohten bereits neue Wolken, die den westlichen Himmel überdeckt hatten.
    Der nächste Guß würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ich wollte mein Ziel noch im Trockenen erreichen, aber der Verkehr ließ sich nicht überfliegen.
    Der Begleiter hatte sein Ziel erreicht. Das Totenbuch befand sich wieder in seinem Besitz, und als Zugabe hatte er meine beiden Freunde bekommen.
    Wahnsinn! Ärgerlich und noch mehr.
    Ich hatte die Lippen zusammengepreßt und wollte mich ganz auf den Verkehr konzentrieren. Nur nicht von irgendwelchen Gedanken ablenken lassen, das ging nicht gut. Dieser verdammte Schatten war stärker gewesen als ich, das hatte ich hinzunehmen. Er beherrschte seine Welt wie ein Tyrann, und er würde weitermachen, bis sein Totenbuch mit all den schrecklichen Szenen gefüllt war und es keine leeren Seiten mehr gab.
    Ich hätte mir vor Wut die Haare ausreißen können, aber das brachte nichts. In Augenblicken wie diesen mußte ich einen kühlen Kopf bewahren.
    Es gab Menschen, die sich auch von einem solch schlechten Wetter nicht abschrecken ließen und ihrem Job nachgingen. Zu dieser Gruppe gehörten auch die Festland-Touristen, die ihre Kurztouren nach London machten. Da war jede Minute kostbar. Wenn an einem bestimmten Abend Soho auf dem Programm stand, dann wurde das auch durchgezogen.
    Das bekam ich zu spüren, als ich mich meinem Ziel näherte. Die Straßen waren verstopft von stinkenden Blechschlangen, und auf den Bürgersteigen schoben sich die Fußgängermassen zwischen den Bars, Restaurants, Pornoshops und anderen Vergnügungsstätten hin und her, so daß ich mich als Einheimischer wie ein Fremder fühlte.
    Man schuf mir nur unwillig Platz. Zweimal wurde in der Höhe von Zebrastreifen gegen meinen Wagen getreten, bis ich es leid war und das nächste Revier ansteuerte, wo ich den Rover abstellte.
    Den Rest des Weges wollte ich zu Fuß bewältigen. Weit war es nicht mehr.
    Ich dachte darüber nach, wie ich vorgehen sollte. Suko und Shao hatten beim Chinesen etwas essen wollen, zumindest wußte ich das von Sir James. Möglicherweise konnte mir einer der Kellner weiterhelfen, vielleicht auch der Besitzer, denn zwei wie Shao und Suko fielen auf.
    Ich hatte das Lokal schnell gefunden. An der Einfahrt zum Hinterhof war ich vorbeigegangen, mußte eine kleine Treppe hoch und hinein in den Wirbel aus Gerüchen und fremden Düften, die mir aus dem Lokal entgegendrangen.
    Unter der Decke drehte sich ein großer Ventilator, der aber auch kaum Frische oder Kühlung brachte. Jeder Tisch war besetzt. Unter den Warmhalteplatten schimmerten die Lichter der kleinen Kerzen und gaben noch zusätzliche Wärme ab.
    Ein junger Mann im weißen Hemd und schwarzer Hose sprach mich an und erklärte mir, daß alle Tische besetzt waren, ich aber wie einige andere auch, warten könnte.
    »Ich will nichts essen.«
    Er blieb freundlich. »Pardon?«
    »Ich möchte nur Ihren Chef oder Geschäftsführer sprechen. Das ist alles.«
    »Er hat zu tun, Sir.«
    »Holen Sie ihn.«
    Der nicht eben freundliche Klang meiner Stimme hatte ihn überzeugt. Er verschwand so schnell wie ein Wiesel. Bevor ich von hinten angerempelt werden konnte, drehte ich mich nach links und ging dorthin, wo sich eine Theke befand.
    Dort drückte ich mich an die Wand, um nicht zu stören und sah dem Personal zu, das hin- und herhetzte, um den Wünschen der Gäste gerecht zu werden. Sie hauten rein, als hätten sie tagelang nichts zu essen bekommen.
    Ich fühlte mich wie ein überlanger, feuchter Aufnehmer. Die Kleidung klebte mir auf der Haut, und das war verdammt unangenehm.
    Der Mann mit der Fliege fiel mir auf, weil er sich dezent suchend umschaute. Als er in meine Richtung sah, hob ich den Arm und schnickte mit den Fingern.
    Er nickte mir zu und kam mit schnellen Trippelschritten näher. »Sie wollten mich sprechen,
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