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0924 - Das Totenbuch

0924 - Das Totenbuch

Titel: 0924 - Das Totenbuch
Autoren: Jason Dark
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Ladens.
    »Wir haben bereits Aufsehen erregt«, sagte Suko.
    Shao nickte. »Ich weiß. Der Mann mit der Fliege. Sollen wir wetten, daß er hier gleich antanzen wird?«
    »Nein, er ist schon unterwegs.«
    Der Typ schleppte stolz seinen Bauch vor sich her. Sein kurzes Haar trug er gescheitelt, was seinem Kopf eine ungewöhnliche Form gab und die knorpeligen kleinen Ohren noch betonte.
    Der Mann blieb etwa einen halben Schritt vom Tisch entfernt stehen und deutete eine Verbeugung an. »Willkommen in meinem Haus. Ich freue mich immer, wenn ich neue Gäste begrüßen darf.«
    »Dann müssen Sie sich aber jeden Tag freuen«, sagte Shao, »es kommen doch viele Gäste zu ihnen.«
    »Aber keine Landsleute.«
    »Ist ihr Essen so schlecht?« Shao hatte die chinesische Höflichkeit glatt unterdrückt, und der Besitzer zuckte auch leicht zusammen, was Suko ebenfalls zur Kenntnis nahm. Er griff beschwichtigend ein. »Meine Partnerin ist heute sehr humorvoll und wollte eigentlich nur einen Witz machen.«
    »Ich habe schon verstanden. Darf ich Ihnen ein Glas Champagner servieren lassen?«
    »Danke, keinen Alkohol.«
    »Sehr wohl, Madam. Dann wünsche ich Ihnen eine gute Wahl. Sie werden zufrieden sein.« Er verbeugte sich wieder und zog sich dann zurück.
    Shao blieb mit gerunzelten Augenbrauen sitzen und wartete, bis der Mann außer Hörweite war.
    Über die hohe Karte hinweg sprach sie Suko an. »Was sagst du dazu?«
    Suko, ins Studium seiner Karte vertieft, hob den Kopf. »Wie meinst du das?«
    »Hast du schon einen Verdacht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Verdacht? Warum?«
    »John wird uns doch nicht umsonst in diese Tropenschwüle geschickt haben.«
    »Es war nicht John, sondern Sir James.«
    Shao war an diesem Abend stur. »Trotzdem«, beharrte sie. »Wir sind mittlerweile aufgefallen.«
    »Das sehe ich nicht so streng. Man ist es eben nicht gewohnt, Landsleute zu beköstigen.«
    »Warten wir es ab. Ich jedenfalls kann denen das schlechte Gewissen ansehen.«
    »Wenn du meinst. Hast du dich denn schon entschieden, was du essen willst?«
    Shaos Mund verzog sich. »Am liebsten würde ich gar nichts essen. Aber eine Frühlingsrolle wird mich schon nicht umbringen.«
    »Gut, dann nehme ich die Herbstrolle.«
    Sie klappten die Karten wieder zu. Beobachtet wurden sie nicht mehr, auch nicht von den anderen Gästen. Das Wasser wurde serviert, und Suko bestellte das Essen.
    »Sehr wohl!« dienerte der Kellner, bevor er sich wieder zurückzog. Er hatte auch nicht nach einem Hauptgericht gefragt, wahrscheinlich auf höhere Anweisung.
    Über den Köpfen der Gäste drehte sich müde der Ventilator. Auch Suko und Shao bekamen etwas von der Luft mit, die ihnen allerdings viel zu warm vorkam. In das Restaurant gehörte eine leistungsstarke Klimaanlage, doch dazu fehlte wohl das Geld.
    Auch die Tapeten waren verblichen. Früher einmal hatten die Gäste die Drachenschädel deutlich sehen können. Jetzt aber lag ein Schmier auf ihnen und hatte sie verwischt.
    Der Kellner brachte die beiden Rollen und stellte auch kleine Schüsseln mit den entsprechenden Soßen dazu. Shao aß mit Messer und Gabel. Sie drückte den Teig der Frühlingsrolle leicht ein, schnitt sie dann an, probierte und nickte, weil sie zufrieden war.
    »Kann man sie essen?« fragte Suko.
    »Ja, sie ist halbwegs frisch und wohl auch in gutem Öl frittiert worden.«
    »Dann guten Appetit!«
    Die beiden aßen, und der Betrieb um sie herum lief völlig normal ab. Suko mußte daran denken, wie ihm Sir James die Umgebung beschrieben hatte. Es gab noch einen hinteren Anbau, der zu diesem Lokal gehörte. Und von dort führte eine Treppe hoch zu einem Speicher. Genau dort hatte John den Schwerverletzten gefunden. Es stellte sich allerdings auch die Frage, ob es neben der baulichen auch eine geistige Verbindung zwischen dem Anbau und dem Lokal gab.
    Shao und Suko leerten die Teller, und Suko meinte: »Jetzt könnte ich noch etwas essen.«
    »Was hindert dich daran?«
    »Die Luft hier.« Er trank von seinem Wasser. »Glaubst du, daß man von hier aus in den Anbau gelangen kann?«
    »Ich habe bisher nur die zweite Tür hinter der Theke gesehen. Da liegt die Küche.«
    »Dann werde ich mal den Knaben mit der Fliege fragen.«
    »Was wirst du ihm sagen?«
    Suko lächelte in das hübsche Gesicht seiner Partnerin hinein. »Ich werde ihn einfach schocken.«
    Als der Kellner erschien, um abzuräumen und sich darüber freute, daß es den Gästen geschmeckt hatte, bekam er plötzlich starre
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