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0912 - Das Weltennetz

0912 - Das Weltennetz

Titel: 0912 - Das Weltennetz
Autoren: Volker Krämer
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die Herrscher bereits eine absolut feststehende Tatsache war. Sie würden van Zant holen, wenn es denn soweit war. Nichts und niemand würde die Herrscher daran hindern können.
    Van Zant hatte sich die kleine Biene auf den Schoss geholt. Natürlich hieß das vierjährige Mädchen nicht wirklich so, doch ihren eigenen Namen kannte niemand. Und da sie den lieben langen Tag wie eine fleißige Biene treppauf, treppab durch die Gegend sauste, hatten die Erzieherinnen von no tears , Millisan Tull und Manja Bannier, das quirlige Kind so getauft. Biene hatten van Zant und Robert Tendyke aus einen der größten Slums von Brasilien in die USA geholt.
    Das Mädchen hatte dort mit dem Tod gerungen, so wie es ungezählte Kinder dort an jedem Tag taten. Sie alle schnüffelten Klebstoff, den sie in Plastiktüten gefüllt direkt vor Mund und Nase hielten. So vertrieben sie das beißende Hungergefühl aus ihren Mägen… und luden zugleich den Tod zu sich ein. Biene hatte Glück gehabt, weil eine Freundin von Millisan Tull sie aus dem Slum in ein Krankenhaus gebracht hatte. Helfen konnte man ihr dort nicht, also hatte die Frau den Kontakt zu no tears geknüpft.
    Jetzt ging es Biene wieder recht gut, doch die Folgeschäden konnte heute noch niemand richtig einschätzen. Das Kind war ungewöhnlich fröhlich und stets von ansteckend guter Laune. Jetzt jedoch grapschte sie mit ihrer kleinen Hand ohne Unterlass über Artimus' Gesicht. Für sie war das liebevolles Streicheln, für Artimus schon eher Ohrfeigen.
    »He - warum verhaust du mich denn?« Van Zant bemerkte, dass er wohl eine ganze Zeit lang in seine düsteren Gedanken versunken gewesen war. Da war es Biene eben zu langweilig geworden.
    »Bist du traurig? Du hast so jammerig geguckt.« Biene konnte es nicht ertragen, wenn es einem anderen schlecht ging, nicht, wenn sie so gut gelaunt war, denn das passte für sie einfach nicht zusammen.
    Van Zant lachte. Was hätte er der Süßen anderes sagen sollen als das: »Nein, bin ich nicht. Ich war wohl ein bisschen müde, weißt du? Aber jetzt los, kleine Biene, flieg los.« Das Mädchen lachte und drückte Artimus einmal kurz aber herzlich. Dann sprang sie von seinem Schoss und schoss geradezu mit enormer Beschleunigung aus dem Zimmer. Van Zant hörte einen Knall und sofort darauf ein »Biene!« Es war Rola DiBurns Stimme. Sie rief dem Kind noch hinterher, dass es nicht immer so wild sein sollte. Van Zant musste grinsen, als er die Antwort des Mädchens hörte.
    »Aber Artimus hat doch gesagt, ich soll fliegen…«
    Rola steckte den Kopf durch die offene Tür und sah van Zant gespielt vorwurfsvoll an.
    »So, so… du hast das also gesagt. Böser Onkel!« Sie kam zu Artimus und gab ihm einen flüchtigen Kuss. Die beiden waren seit einiger Zeit ein Paar. Es war eine wirre Geschichte gewesen, in der die beiden sich kennengelernt hatten. Rola war weiß Gott nicht immer Erzieherin gewesen… wirklich nicht. Artimus hatte sie aus der Szene geholt, in der sie sich für gewöhnlich als Performance-Künstlerin herumgetrieben hatte. Van Zant hatte das allerdings nicht für Performance gehalten, was Rola abends so darbot, sondern eher für Striptease in verschärfter Form.
    Die junge Frau, die mehr als einen Kopf kleiner als van Zant war, blickte ihren Lebensgefährten prüfend an. »Du denkst an Armakath und die Prophezeiung der Herrscher, nicht wahr?«
    Van Zant nickte. »Keine Prophezeiung, Rola, sondern eine konkrete Ankündigung. Es wird so werden, wie sie gesagt haben, daran kann niemand etwas ändern. Aber ich werde der Erde ganz sicher nicht die Vernichtung bringen. Ich nicht!«
    Seit der Flucht vom Planet der Herrscher beherrschte dieser Gedanke Artimus vollkommen. Rola wusste das. Sie beobachtete ihren Geliebten mit wachsender Besorgnis. Sie hatte diese Befürchtungen noch nie laut ausgesprochen, doch nun stellte sie die alles entscheidende Frage an ihn.
    »Was würdest du im Ernstfall tun? Was ist, wenn sie dich wirklich mit Macht dazu zwingen können?«
    Artimus stand auf und begann unruhig wie ein Tiger im Käfig im Zimmer hin und her zu gehen.
    »Was für Wahlmöglichkeiten hätte ich denn wohl? Du weißt ganz genau, was die einzig wirklich logische Entscheidung sein kann. Mit einer solchen Schuld könnte ich niemals leben, Rola. Dann lieber die finale Konsequenz wählen…«
    Er hatte das Wort nicht ausgesprochen, aber Rola war klar, was er hatte sagen wollen: Suizid - wenn ihm kein anderer Ausweg mehr bleiben sollte, dann würde
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