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0904 - Ein teuflischer Verführer

0904 - Ein teuflischer Verführer

Titel: 0904 - Ein teuflischer Verführer
Autoren: Jason Dark
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Funktion des Pfahls nachgedacht zu haben. Immer und immer wieder hatten sich ihre Gedanken darum gedreht, aber sie wäre von allein nie auf die Lösung gekommen, die ihr Ryan nun mitteilte. Die Gestalten auf dem Pfahl, sie alle waren zu den Opfern seiner Vorgänger geworden. Über die Jahrhunderte hinweg hatte die Säule immer wieder eine neue Markierung bekommen. Menschen, die auf die List der Hölle und deren teuflische Helfer hereingefallen waren.
    Wie auch Vera Tanner.
    Trotzdem wiederholte sie die letzten beiden Worte. »Ein Opfer?«
    »Ja.«
    »Ich?«
    »Ja!«
    Vera schwieg.
    Dafür trat Ryan näher. Sie hörte das Rascheln des Kuttenstoffs. Sie schaute noch immer nach oben, und sie sah, wie er den Kopf senkte. Sehr deutlich erkannte sie jetzt das Gesicht, deren Haut so faltenlos glatt war. Sogar die dünnen Augenbrauen waren zu sehen, die blassen Lippen, die hochstehenden Wangenknochen. Der Ansatz der flach zurückgekämmten, fahlblonden Haare schimmerte am Kuttenrand hervor. Es war alles wie zuvor. Nichts hatte sich verändert, selbst die kalten, blassen Augen nicht, die jetzt auf Vera niederschauten.
    Böse waren sie, sehr böse. Eisig…
    Dann das Lächeln.
    Nur ein dünnes Zucken der Lippen, aber diese Geste sagte schon einiges. Sie erklärte Vera, daß dieser Mann vor ihr seinen Plan rücksichtslos durchführen würde, und es wäre für sie an der Zeit gewesen, sich von ihm abzuwenden, aber sie fand nicht die dafür nötige Kraft.
    Lou Ryans Bann war einfach zu stark. Er hielt sie umschlungen wie eine grausame Fessel, und sein Grinsen verstärkte sich.
    Vera konnte die Blicke nicht von seinem Mund lösen. Nie zuvor hatte sie einen Menschen derartig breit lächeln oder grinsen sehen.
    Es setzte sich fort.
    Die Hautfalten an den Mundwinkeln schnitten tief in das Gewebe hinein, als wäre ein unsichtbares Messer dabei, die Haut noch stärker zu malträtieren. Sie konnte nicht mehr halten. Und sie hielt auch nicht. Sie riß!
    Vera Tanner wollte schreien, als sie dies sah. Es war ihr völlig unbegreiflich, wie ihr so etwas widerfahren konnte, wie der andere überhaupt in der Lage war, so breit zu lächeln, und wie er nichts, aber auch gar nichts tat, als seine Haut plötzlich riß. Sie riß wie dünner Stoff, doch es floß kein Blut. Lappig fielen die Stücke ab, und Ryan traf auch keinerlei Anstalten, diese Verwandlung zu stoppen. Seine Hände waren nach wie vor in den langen Kuttenärmeln verborgen. Jetzt erst dachte Vera daran, daß sie die Finger nicht zu Gesicht bekommen hatte, doch ihre Gedanken wurden von den weiteren Vorgängen abgelenkt, die einzig und allein mit dem Gesicht zu tun hatten.
    Lou schüttelte den Kopf!
    Er tat es sehr heftig, wie ein Mensch, der einer Behauptung auf diese Weise widersprechen wollte.
    Die Haut veränderte sich weiter. Neue Risse zogen sich durch das Gesicht, das längst von seiner kalten und unnatürlichen Glätte verloren hatte.
    Ein Muster war allmählich zu erkennen. Senkrechte Risse vereinigten sich mit den querverlaufenden.
    Die Haut löste sich nach einem weiteren Kopfschütteln ab, und das blanke bleiche Gebein einer knöchernen Skelettfratze trat zum Vorschein. Während sich die Haut löste, geschah etwas mit den Augen, die nicht länger in den Höhlen bleiben wollten.
    Zuerst bewegten sie sich nur. Dabei aber blieb es nicht. Sie zuckten, sie drückten sich vor und zurück, sie näßten, und eine blasse Flüssigkeit rann über die Knochen.
    Und dann sprangen sie hervor, als hätten sie von der Rückseite her einen Stoß bekommen.
    Vera Tanner rechnete damit, daß ihr die an den Fäden hängenden Augen entgegenhüpfen würden, denn sie wurden von dünnen Fäden gehalten, die für eine gewisse Schaukelei sorgten, denn die Augen schwangen vor, dann wieder zurück, wieder vor, wieder zurück…
    Plötzlich waren die Fäden nicht mehr in der Lage, die Glotzer zu halten. Beide rissen zur selben Zeit, und die Augen tickten links und rechts zu Boden.
    Auch als sie ruhig dalagen, warf das harte Gestein den Aufprall als Echo zurück.
    Vera wunderte sich, wie ruhig sie blieb. Eigentlich hätte sie schreien müssen. Dem Wahnsinn verfallen, und vielleicht war siees schon, ohne es gemerkt zu haben.
    Die bleiche Fratze glotzte von oben her auf sie nieder. Sie sah die leeren Augenhöhlen, sie sah die Löcher, wo sich einst die Nase und der Mund befunden hatten, und Ryan - vorausgesetzt er war es noch immer - beugte sich ihr weiter entgegen. Dabei streckte er die Arme aus, und der
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