0889 - Der Robot-Vampir
Parkplätze waren auch vorhanden, und ich stellte den Rover an einer Mauer ab. Wir befanden uns in einem Hof, durch den trotz hoher Mauern der kalte Wind pfiff. Glenda stellte den Kragen hoch. Durch einen Seiteneingang betraten wir den Bau und wurden von einer Stimme gestoppt, die einem Mann gehörte, der in einer Kabine hockte.
Ich gab ihm meinen Namen preis. Er nickte und lächelte. »Sie werden erwartet. Ich bringe Sie beide nach unten.« Er schloß die Eingangstür durch einen elektrischen Kontakt und tauchte dann aus seiner Bude auf. Der Mann war klein, rundlich und hatte eine Glatze. Aus der rechten Tasche seines grauen Kittels schaute der Schirm einer Mütze. Die würde er sicherlich erst in der Leichenhalle aufsetzen.
»Lift oder Treppe?«
»Treppe«, sagte ich.
»Dann gehe ich mal voran.«
Die Treppe war ebenfalls kahl wie die gesamte Umgebung in diesem Haus. Ein graugrüner Anstrich, glatte Wände und Decken, und im Keller ebenfalls breite, kahle Flure und Gänge. Es war alles zweckmäßig gebaut worden.
Es gab kleine Büros, in denen die Ärzte ihre Berichte schrieben. Zwei Männer standen vor einer größeren Tür beisammen und diskutierten miteinander. Als sie uns kommen sahen, löste sich einer der Männer und hob grüßend die Hand.
»Da ist ja unser Besuch. Freund Tanner hat auch schon angerufen. Ich bin Dr. Walcott.«
Ich stellte Glenda und mich vor.
Walcott bekam glänzende Augen, als er Glenda anschaute. »Eine so hübsche Person in unserer eisigen Totenlandschaft. Ich könnte mich nicht daran erinnern, wann es das schon mal gegeben hat.«
»Dann notieren Sie sich bitte das heutige Datum«, gab Glenda kühl zurück.
Er lachte, zupfte seinen Oberlippenbart zurecht und ging vor. Wir betraten die Arbeitsstätten der Pathologen durch die große Tür. Was wir da sahen, ließ keine Freude aufkommen. Zwar waren nicht alle Tische belegt, aber die beiden reichten aus, um mich wegschauen zu lassen. Ich wollte mich nicht unbedingt in einer dieser billigen und ekligen Horrorstreifen aus den siebziger Jahren zurückversetzt fühlen.
Wir brauchten nicht in diesem Raum zu bleiben, sondern gingen nach nebenan. Hier werkelte niemand, aber auch hier herrschte eine normale Kälte vor, die sich mit der des Todes mischte. Der eiskalte Hauch aus dem Jenseits schien allgegenwärtig zu sein. Er umwehte uns, als wollte er in jede Pore eindringen.
Kacheln auf dem Boden, eine mattweiße Decke. Licht aus Leuchtstoffröhren, das sich noch auf den Fliesen spiegelte, eine Atmosphäre zum Weglaufen.
Walcott schnippte mit den Fingern und schritt die Reihen der Bahren ab. »Wo haben wir denn die Person?« murmelte er.
»Sie heißt Britt Owens«, bemerkte ich.
»Ja, ich weiß.« Er lachte. »Gefunden.«
Glenda schüttelte über die Reaktion des Mannes den Kopf. Vor einer der ausziehbaren Bahren war er stehengeblieben, schaute noch einmal auf das Namensschild und umfaßte den Metallgriff. Wenig später fuhr ihm die Bahre entgegen. Er trat zur Seite, damit sie ihn nicht erwischte.
Glenda und ich gingen langsam näher. Ich spürte ihre Finger an meiner Hand und lächelte ihr zu.
»Wie gesagt oder wie Sie vielleicht wissen, haben wir uns mit der Toten noch nicht beschäftigt. Ich hatte den Auftrag erhalten, Ihnen den Vortritt zu lassen.« Er faßte nach dem Tuch, mit dem die Tote verdeckt war.
»Lassen Sie das, Doktor Walcott!« bat ich ihn.
»Aber wieso? Das machen…«
»Wir übernehmen es.«
»Wie Sie wollen…«
»Und wenn ich Sie noch einmal bitten dürfte, uns allein zu lassen, wäre uns damit auch geholfen.«
Er gab sich pikiert. »Davon ist mir nichts gesagt worden, Mr. Sinclair.«
»Für die anderen war es wohl nicht wichtig, aber für uns schon.«
Er hob die Schultern. »Na ja, wie Sie wollen oder meinen. Ich habe es nur gut gemeint.«
Er verschwand, und Glenda atmete auf. »John, ich mag diesen Kerl nicht. Ganz und gar nicht.«
»Du brauchst ihn ja nicht mehr zu sehen.«
»Das denke ich auch.«
»Soll ich dir einen Stuhl holen?«
Sie lächelte. »Toll, daß du so besorgt um mich bist. Ich werde schon nicht umfallen.«
»Das hoffe ich auch.«
Glenda deutete auf das Tuch. Darunter zeichnete sich schwach die Gestalt der Toten ab. »Heb du es bitte an, John.«
Ich konnte Glenda gut verstehen. Im Gegensatz zu mir stand sie der Toten nicht neutral gegenüber.
Sie hatte die Frau gekannt, zwar nicht sehr gut und freundschaftlich, es war doch etwas anderes als bei mir. Es war kalt. Es mußte kalt
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