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0873 - Gabentisch des Grauens

0873 - Gabentisch des Grauens

Titel: 0873 - Gabentisch des Grauens
Autoren: Jason Dark
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dort?«
    »Kann es nicht sein, daß er eingeschlafen ist? Die Schule ist stressig, die jungen Leute müssen heute hart ran.«
    »Möglich«, gab Susan zu, »obwohl ich nicht so recht daran glauben kann. Wir können es mal versuchen.«
    Bill war froh, daß Susan Stone so dachte. Das Haus betraten sie durch die offene Terrassentür. Ein Wohnzimmer schluckte Bill, dessen Einrichtung zwar vom Design her toll sein mochte, aber er hätte sich darin nicht wohlgefühlt. Der Marmorboden war ihm einfach zu kalt, und die schwarzen Sitzmöbel aus Leder trugen nicht eben dazu bei, diese Kälte zu überdecken.
    Marmor auch im Flur und im Treppenhaus. Dazu hellgestrichene Wände. Selbst dort hängende Bilder zeigten nur sehr schwache Farben, so daß sie kaum auffielen.
    Susan und Bill stiegen die großzügig gebaute und breit geschwungene Treppe hoch, erreichten die erste Etage, wo ebenfalls viel Platz war. Susan Stone lief mit zielsicheren Schritten auf eine ebenfalls hell lackierte Tür zu. Ohne zuvor anzuklopfen, öffnete sie.
    Bill Conolly blieb ein wenig zurück. Er betrat den Raum erst, als Susan bereits darin stand.
    Sie war nur zwei Schritte tief hineingegangen und schaute sich verwundert um. Marty lag nicht auf dem Bett, er saß auch nicht hinter seinem Schreibtisch oder kniete auf der kleinen Altarbank, die sich Bill mit großem Interesse anschaute. Er sah auch die Kerzen und die Heiligenbilder an den Wänden. Sie machten auf ihn einen sehr kitschigen Eindruck und wirkten im hellen Sonnenlicht fremd. Bei Dunkelheit, wenn nur das Licht der Kerzen brannte, würde die Atmosphäre sicherlich anders wirken.
    Susan drehte sich wieder um. Erstaunt schaute sie Bill Conolly an. »Er ist tatsächlich nicht hier.«
    Sie hob die Schultern. »Das begreife ich nicht.«
    »Ist ja kein Beinbruch.«
    »Moment mal, Bill, jetzt reden Sie plötzlich ganz anders. Nehmen Sie das einfach so hin?«
    »Warum nicht? Marty ist kein Kind mehr.«
    »Stimmt, aber sein Verschwinden ist ungewöhnlich. Er hätte mir zumindest etwas sagen können.«
    »Vielleicht wollte er nicht stören.«
    Sie lachte ihren Besucher scharf an. »Wobei den? Haben wir gemeinsam auf der Liege gelegen?«
    »Das nicht, aber…«
    »Nein, nein, da stimmt etwas nicht.« Sie räusperte sich, was Bill die Gelegenheit gab, eine Frage zu stellen. »Sagen Sie, Susan, ist die Einrichtung dieses Zimmers normal?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Schauen sie sich um. Die Kerzen, die Heiligenbilder. Man könnte meinen, in der Kammer einer Nonne zu stehen.«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, daß sich Marty in einem Wandel befindet. Er ist auf der Suche nach den wahren seelischen Werten des Lebens, und das drückt sich eben auch in der Einrichtung aus.«
    »In der Tat, es ist nicht zu übersehen.«
    Susan biß sich auf die Lippen. »Wenn ich nur wüßte, wo er hingefahren ist. Wenn ich das nur wüßte…«
    »In die Disco?«
    »Unsinn, das Programm läuft erst am Abend an.«
    »Dann weiß ich es auch nicht.«
    »Wissen Sie was, Bill, ich habe den Eindruck, daß er das Haus nicht verlassen hat.«
    »Wohin soll er denn gegangen sein?«
    »In den Keller.«
    »Hat er dort auch einen Raum?«
    »Nein, da ist nur die Bastelstube meines Mannes, sage ich immer. Wir können mal nachschauen, damit Sie beruhigt nach Hause fahren, Bill.«
    »Ja, gern.«
    Der Reporter traute dem Braten nicht. In diesem Haus war alles perfekt, das mußte er zugeben, aber gerade diese Perfektion gefiel ihm nicht. Sie war die äußere Schau, hinter ihr lauerten ganz andere Kräfte. Bill hatte für diese Theorie keinen Beweis, aber er vermißte auch eine gewisse Herzlichkeit.
    Seiner Ansicht nach hatte er einen geringen Erfolg erzielt. Es gab eine Spur. Für ihn hing sie mit diesem gesamten sakralen Getue zusammen, das seit gut einem Jahr so richtig in war und bei jungen Leuten unwahrscheinlich gut ankam.
    In zahlreichen Discos feierte man Messen auf eine besondere Art und Weise, aber daß bei diesen Feiern Gewalt mit im Spiel war, davon hatte Bill noch nie gehört.
    Natürlich war die offizielle Kirche über diese Art von Konkurrenz nicht eben begeistert, aber man tolerierte diese Discos, und das nicht nur auf der Insel, sondern auch in Germany, wie Bill vor kurzem noch gelesen hatte. Modern denkende Pfarrer versuchten in diesen Discos etwas Gutes zu erkennen. So gab es den Ausspruch eines Bischofs, der gesagte hatte, daß die Unzufriedenheit der Jugend mit der offiziellen Kirche eine heilsame Unruhe werden kann, durch die alle
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