Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
086 - Und nachts kam der Vampir

086 - Und nachts kam der Vampir

Titel: 086 - Und nachts kam der Vampir
Autoren: Frank deLorca
Vom Netzwerk:
abgemäht«, sagte er umständlich. »Da wo der Wald anfängt, habe ich einen Schrei gehört, und ich habe nachgeschaut. Er ist von einem Felsen heruntergefallen, aber ein Busch hat seinen Sturz gebremst. Ich habe Sie gesehen, als Sie mit den Kindern durchs Mühlbachtal kamen. Ich hatte mir schon gedacht, daß Sie oben auf dem Berg Rast machen. Deshalb wollte ich den Jungen hinaufbringen.«
    »Danke«, sagte Paul Lehner zerstreut. Dem Buben schien wirklich nicht allzuviel geschehen zu sein. Die Wunde am Kopf brauchte nicht einmal genäht zu werden. Trotzdem wollte er keinen Fehler begehen.
    »Haben Sie den Traktor bei sich?« fragte Paul Lehner.
    Herrman Kreger blickte überrascht auf. Er konnte sich nicht erinnern, daß ihn jemals jemand gesiezt hätte.
    Er nickte.
    »Der Traktor steht da.«
    »Könnten Sie den Jungen ins Dorf zurückfahren und zu einem Arzt bringen? Ich komme sofort nach.«
    Herrman Kreger schaute auf das Kind hinunter.
    »Glauben Sie, daß ein Arzt nötig ist? Er rührt sich schon wieder.«
    Tatsächlich bewegte sich der Junge. Sein linkes Bein zuckte, und er atmete schneller. Er war dabei, aus seiner Ohnmacht zu erwachen. Die Augenlider öffneten sich flatternd.
    Im gleichen Augenblick öffnete sich sein Mund, ein langgezogener Schrei des Entsetzens drang mit piepsiger Kinderstimme hinauf unter, den grünen Baldachin.
    »Was ist, Fritz? Nun sag doch was! Was ist denn, Fritz? Ist doch alles wieder gut!«
    Paul Lehner tätschelte die Wangen des Jungen.
    Erst jetzt schien das Kind in die Wirklichkeit zurückzufinden. Er erkannte das vertraute Gesicht seines Lehrers über sich. Plötzlich begann er schnell und abgehackt zu schluchzen.
    »Das ist der Schock«, sagte Paul Lehner zu Herrman Kreger, der teilnahmslos herunterblickte. »Nun wein doch nicht, Junge«, meinte er in beruhigendem Ton. »Ist ja alles wieder gut. Und wie ist es denn: Ein Indianer kennt doch keinen Schmerz. Na?«
    Doch das Kind beruhigte sich nicht.
    »Der Geist!« kam es stoßweise über die blutleeren Lippen. »Der Geist. Er ist in der Höhle. Ich hab ihn gesehen. Er wollte mich auffressen.«
    »Er ist nur erschrocken«, sagte Herrman Kreger. »Wahrscheinlich ist er in einer der Höhlen gewesen. Wenn man das nicht gewöhnt ist, dann kann einem die Phantasie schon einmal einen Streich spielen.«
    »Nein!« schrie der Bub dazwischen. »Ich hab ihn gesehen. Groß war er und schwarz. Richtig leuchtende Augen hat er gehabt und breite Flügel. Der Kopf war unten zwischen den Beinen, und er hat mich angeschaut. Er hat mich fressen wollen.«
    Wieder rieselte ein Zucken den kleinen Körper des Kindes hinunter.
    »Das erzählst du mir alles später«, meinte der Lehrer. »Du bist doch ein tapferer Bub. Kannst du noch laufen?«
    »Ich glaube schon«, antwortete der Kleine und machte Anstalten, sich zu erheben.
    »Ich trage ihn schon«, sagte Herrman Kreger schnell. »Ich bringe ihn zum Traktor hinunter. Ich kann ihn hinten auf das Gras legen. Und ich bringe ihn auch zum Doktor.«
    »Aber da war wirklich ein Geist!« sagte der Bub nochmals.
    »Freilich war da ein Geist«, bestätigte Paul Lehner in einem Ton, wie sie ihn auch die Ärzte am Krankenbett anschlagen. »Was glaubst du, wie deine Kameraden staunen werden, wenn du ihnen das erzählst.«
    Ein Leuchten glitt über das Gesicht des Buben.
    »Und ob sie staunen werden«, strahlte er.
    Herrman Kreger bückte sich und hob den Buben auf, als hätte er überhaupt kein Gewicht.
    »Halte dich an meinem Hals fest«, sagte er. »Jetzt wirst du wie ein König ins Dorf zurückgefahren.«
    »Prima«, meinte Fritzchen Luber und klammerte sich fest.
    »Haben Sie vielen Dank«, sagte Paul Lehner. »Ich muß zu den übrigen Rangen zurück. Liefern Sie ihn beim Doktor ab.«
    »Mache ich«, sagte Herrman Kreger und wandte sich um.
    Talwärts.
    Paul Lehner, der Lehrer, ging in die andere Richtung davon. Als Herrman Kreger ihn nicht mehr hörte, hielt er an.
    »Wartest du hier einen Moment?« fragte Herrman Kreger. »Ich müßte schnell noch etwas erledigen.«
    »Hast was vergessen?« fragte der Bub interessiert.
    »Freilich«, antwortete Herrman. »Du wartest hier auf mich.«
    »Aber klar doch. Ich hab auch überhaupt keine Angst mehr.«
    »So ist es richtig. Große Männer haben keine Angst. Und noch etwas: »Nimm das Moos, das du da siehst, und putze dir die Schuhe sauber. Braucht ja niemand zu wissen, wo du überall hineingestiegen bist.«
    »Mach ich«, sagte der Bub. »Aber brauch nicht zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher