Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht

Titel: 0851 - Wir jagten das bleiche Gesicht
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Lippen bewegten sich zitternd, einen Satz brachte er nicht hervor.
    Harry hatte seine Waffe weggestreckt und ging auf Jochem zu.
    »Es ist vorbei«, sagte er. »Wir haben unwahrscheinliches Glück gehabt.«
    Jochem nickte. Er faßte Harry an, als wollte er sich davon überzeugen, daß er tatsächlich die Wahrheit gesprochen hatte und sie beide noch lebten.
    Endlich konnte Franz sprechen. »Was ist mit Kraft? Ich habe da etwas gesehen, das ich kaum glauben kann…«
    »Später, Franz. Wir müssen uns erst um die Hausbewohner kümmern. Kraft läuft uns nicht weg.«
    Die Menschen kamen. Sie hatten ihre Wohnungen verlassen, stolperten von oben und auch von unten herbei. In den Gesichtern stand die Furcht geschrieben, die Fragen waren in ihren Augen abzulesen.
    Der ehemalige Kommissar wußte, wie er mit Menschen umzugehen hatte. Er hoffte auf einen Autoritätsschub, auch wenn er zu einer Notlüge greifen mußte.
    »Mein Name ist Stahl«, sagte Harry, »Kommissar Stahl, und ich möchte, daß Sie mir zuhören.« Er hatte laut und deutlich zu den in respektvoller Distanz stehenden Bewohnern gesprochen. Sie wagten keinen Widerspruch und fragten auch nach keinem Ausweis. Die alten Zeiten steckten noch zu stark in ihnen.
    »Bevor Sie es später erfahren, will ich es Ihnen gleich sagen. Ihr Mitbewohner Egon Kraft lebt nicht mehr. Ich mußte ihn leider erschießen. Es war ein Akt der Notwehr, sonst hätte er mich mit seiner Maschinenpistole erwischt. Ich bin hergekommen, um ihn zu verhaften und ahnte nicht, daß ich auf eine derartige Gegenwehr stoßen würde. Herr Kraft war ein Verbrecher und Mörder, wobei seine Taten auf die früheren Jahre zurückgingen.«
    »War er nicht im Knast beschäftigt?« fragte ein Mann, der im Hintergrund dicht an der Treppe stand.
    »Ja, das war er.«
    »Man hat so einige Dinge gehört.«
    Harry Stahl nickte. »Darum ging es letztendlich, und diese Dinge waren leider nicht gelogen. Das Thema ist jetzt abgehakt, so daß ich Sie bitten möchte, wieder in Ihre Wohnungen zu gehen. Falls meine uniformierten Kollegen später noch Fragen haben sollten, bitte ich Sie, diese zu beantworten.«
    Dagegen hatte niemand etwas einzuwenden. Zwar zogen sich die Bewohner noch nicht sofort zurück, da mußten Mütter und Väter Fragen der Kinder beantworten, wobei der Detektiv mehrmals Sätze hörte: »Das ist ja wie im Fernsehen gewesen.«
    Er schüttelte nur den Kopf und gab Franz Jochem einen Wink, ihm in die Wohnung zu folgen. Erst als beide dort waren, schloß Harry die Tür und drehte auch den Schlüssel herum.
    Jochem lehnte an der Wand. Er hatte sich noch immer nicht erholt und hob seine Schultern wie jemand, der verzweifelt war. »Es tut mir leid«, sagte er, »aber ich kann das alles nicht fassen. Das ging mir einfach viel zu schnell. So etwas bin ich nicht gewohnt.«
    »Ich auch nicht, wenn ich ehrlich sein soll.«
    Jochems Lippen zuckten. Er streckte die Arme aus. »Da, schau, wie meine Hände zittern.«
    Harry tat es ihm nach. »Mir ergeht es ähnlich.«
    »Aber du bist doch ein Polizist oder so…«
    »Und ein Mensch.«
    »Ja, ein Mensch.« Jochem nickte, bevor er sich nach links drehte und in das Zimmer hineinschaute. Er räusperte sich. »Ich habe da vorhin etwas gesehen, was ich einfach nicht glauben kann. Da hockte jemand auf dem Boden, der entfernt aussah wie Kraft…«
    »Er war es, Franz.«
    »Klar, Harry, klar. Aber wie…?«
    »Komm mit.« Stahl ging mit forschen Schritten auf den Toten zu.
    Jochem folgte ihm langsamer. Er warf der am Boden liegenden MPi einen scheuen Blick zu. Dabei mußte er auch einige Putzbrocken umgehen, die von der Decke herausgerissen waren und sich in dem Zimmer verteilt hatten.
    Der Tote lag neben dem Sessel.
    Von zwei Kugeln war Kraft getroffen worden. Eine hatte ihm die Haut am Bauch aufgerissen, die andere war ihm dicht unter dem Hals in die Brust gefahren. Sie mußte die Lunge zerfetzt und ihm das Blut in den Mund gepumpt haben. Es quoll zwischen den Lippen hervor und bildete auf dem Boden eine rote Lache.
    Abgesehen von den Schußwunden, die schon schrecklich genug waren, wie sah er sonst aus!
    Einfach schrecklich. Vor den beiden Männern lag ein um die Hälfte geschrumpfter Mann, der sich dazu noch in einer schrecklichen Veränderung zeigte, denn seine Haut war nicht geschrumpft. Sie hatte sich breit und lappig um seinen Körper gelegt und erinnerte an weichen Pudding.
    »Wie ist das möglich?« fragte Jochem.
    »Eine gute Frage.«
    »Rita Reinold?«
    »Sieht so
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher