0815 - Die Schlangenschwester
teuflischen, dämonischen Kraft, die sich meines Leibes bedient.
Die Mörderin des Wolfes ist zugleich meine Befreierin. Doch kann ich ihr dafür wirklich dankbar sein? Sie befreite mich nicht aus Güte, nicht, um mir zu helfen…
»Willkommen in Samila, Menschenfrau hinter der Wolfsfratze«, sagt sie zu mir. »Dein Fluch ist gebrochen, und du wirst dich in Kürze auch wieder bewegen können. Mein Lähmzauber traf nur den Wolf der die Kontrolle über dich übernommen hatte.«
Sie lächelt mich an, doch es ist ein böses Lächeln. Bitterböse. Die Freundlichkeit einer Schlange.
Es ist, als dringe dieses Schlangenhafte aus der Frau heraus in mich ein. Doch diese Überlegung ist falsch.
Das Schlangenhafte ist längst in mich gekrochen. Ich denke an die Tropfen, die auf dem Giftzahn der toten Schlange glitzerten und die den Wolfsfluch gebrochen haben. Sie sind in mir, pulsieren mit jedem Schlag meines Herzens durch meine Adern, überall hin, während sie sich verteilen und von meinem Blut zu den Körperzellen transportiert werden.
Gierig nimmt mein Körper die Fremdheit auf und verwandelt sich.
Au revoire, Sandrine.
Es war schön, dass du für einige Minuten du selbst warst…
***
Andrew Millings warf Professor Zamorra einen raschen Blick zu, schwieg aber auf die scheinbar freundlichen Worte der unbekannten Schönheit hin.
Dafür ergriff Nicole das Wort. »Es freut uns, willkommen geheißen zu werden.«
»In Samila ist jeder willkommen, der gute Absichten hat. Und ihr - ihr habt etwas an euch, dass…«
»…uns so aussehen lässt, als wären wir jedermann freundlich gesinnt?«, unterbrach Nicole.
»Und jederfrau«, ergänzte Zamorra.
»Eine interessante Spitzfindigkeit.« Die Rothaarige lachte. »Ich hörte schon davon, dass in manchen Welten über derlei Probleme gestritten wird. Hier in Samila sehen wir die Dinge ein bisschen anders. Ein wenig gelassener.«
»Uns ist bekannt geworden, dass gewisse Schwierigkeiten in eurem Land aufgetreten sind«, kam Andrew zur Sache.
Zamorra war äußerst gespannt, in welche Richtung sich das Gespräch entwickeln würde. Er schwieg, während er die Schlange an der Seite der Frau genau im Auge behielt. Das Tier flößte ihm Unbehagen ein, wenn er auch genau wusste, dass seine Empfindungen auf Vorurteilen beruhten. Das Reptil konnte durchaus harmlos sein - gleichgültig, welche Erfahrungen Zamorra in der Vergangenheit mit Vertretern seiner Gattung erlebt hatte. Unangenehme Erinnerungen an Ssacah, den nahezu unverwüstlichen Kobradämon, stiegen in ihm hoch.
»Schwierigkeiten?«, wiederholte die Rothaarige, und deutliches Misstrauen klang in ihrer Stimme mit. Sie legte den Kopf schief, und ihre Haare glitten über den Leib der Schlange.
»Ein Dimensionsriss«, präzisierte Millings.
Die Schlange glitt bei diesem Wort noch enger an die Unbekannte heran und schmiegte sich an ihre Hüfte. Der Kopf schob sich nach vorne, und bald hatte der Schlangenleib die Rothaarige einmal umschlungen.
»Bevor wir solche Themen besprechen«, wandte die Frau ein, »sollten wir uns erst einander vorstellen. Mein Name ist Alimas. Ich bin die Dritte der Schlangenschwestern.«
Zamorra übernahm es, sich und seine Begleiter vorzustellen. Nachdem er ihre Namen genannt hatte, fuhr er fort: »Doch da unsere Namen nicht so aussagekräftig sind wie der Deine, sollst du wissen, dass wir Erfahrene sind, die bereits…«
»So, du hast also erkannt, was mein Name bedeutet?«, unterbrach Alimas.
»Es ist schwer, die enge Verbindung zu der Bezeichnung eures Landes nicht zu erkennen.«
»Wir Schlangenschwestern sehen uns als die Hüter unseres… Landes, wie du es nennst.«
»Also begrüßt ihr alle Neuankömmlinge so freundlich wie uns?«
»Leider, leider erhalten wir nicht so oft Besuch, wie wir es uns wünschen. Doch gerade heute scheint ein wirklicher Ausnahmetag zu sein. Fünf Wesen, die zu uns kommen. Die Kunde davon wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten.«
»Fünf?«
»Es traf heute schon eine Frau ein. Meine Schwester kümmert sich um sie.«
»Wie viele von euch gibt es? Du nanntest dich die dritte Schlange.«
Ein leises Lachen antwortete ihm. »Die Dritte der Schlangenschwestern«, verbesserte sie.
»Ich bitte um Verzeihung.«
»Die sei dir gerne gewährt. Unsere Zahl verändert sich. Wir… wir existieren nicht einfach so wie ihr. Unser Leben ist ein wenig komplizierter.«
»Ich würde gern mehr darüber erfahren.«
»So neugierig, Fremder? Du kommst hier an, begehrst mehr zu
Weitere Kostenlose Bücher