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0804 - Der Zeithammer

Titel: 0804 - Der Zeithammer
Autoren: Unbekannt
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Norden das ganz neue Glück auf sie wartete. Noch bevor der Winter kam, hatten sie die Alpen überquert. In Mitteleuropa fanden sie weitere achtzehn Menschen. Sie hatten ebenfalls den Ruf nach Norden vernommen und schlössen sich Bosketchs Gruppe an.
    Claus Bosketch hatte sich inzwischen zum Anführer aufgeschwungen. Das ging ganz von selbst. Es hatte keine Machtkämpfe gegeben. Claus war nicht gebildet, aber er besaß ein gerütteltes Maß an gesunder Schläue. Wenn die Gruppe in Schwierigkeiten geriet, war es gewöhnlich Claus, der als erster einen Ausweg wußte. Er war stämmig, fast stiernackig gebaut und verfügte über erstaunliche Körperkräfte, die er rücksichtslos einsetzte, wenn es notwendig war.
    Im Frühjahr erreichten sie die Küste der Ostsee. An ihr entlang zogen sie weiter nach Norden. Im ehemaligen Dänemark lasen sie weitere zwanzig Menschen auf.
    Das Gefühl der Zufriedenheit wuchs ständig. Ihr Leben verlief in geordneten Bahnen.
    Die Männer sorgten für Nahrung und Bleibe. Die Frauen bereiteten die Mahlzeiten, kümmerten sich um die Kinder und die Kleidung der Männer. Claus Bosketch bestimmte Unterführereinmal Tero Kalasanti und zum zweiten Ver Bix, einen hünenhaft gewachsenen jungen Mann, den die Gruppe am Nordrand der Alpen aufgelesen hatte. Er war früher Höhlenforscher gewesen.Zu Beginn des Sommers überquerten sie den Sund von Frederikshavn nach Göteborg mit Hilfe eines alten Bootes, das sie mit einiger Mühe wieder flottgemacht hatten. Sie wußten stets, in welche Richtung sie zu gehen hatten.
    Das ganz neue Glück erfüllte ihre Bewußtseine und wies ihnen den Weg. Von Göteborg zogen sie weiter nach Norden. In Hamar hatten sie einen alten Militärtransporter gefunden, der sonderbarerweise noch funktionierte. Mit ihm waren sie auf einen Schlag ein ganzes Stück vorwärtsgekommen: bis nach Beitstad am äußersten Nordrand des Trondheim-Fjords.
    Gestern war der Transporter zusammengebrochen. Seitdem ging es wieder zu Fuß weiter.
    Das Ziel lag in unmittelbarer Nähe, jedermann spürte das.
    Ein unbeschreibliches Glücksgefühl beseelte die Leute.
    Es waren noch ein paar zu Bosketchs Gruppe gestoßen.
    Insgesamt waren sie siebenundvierzig: einundzwanzig Manner, sechzehn Frauen und zehn Kinder unter fünfzehn Jahren.
    Claus Bosketch grinste behäbig vor sich hin. Die Zahl würde wachsen. Den ganzen Winter über hatten Männer und Frauen nichts voneinander wissen wollen. Kaum aber hatte die warme Jahreszeit eingesetzt, da war der uralte Drang über sie gekommen, dem Pflanzen, Tiere und Menschen ihre Existenz verdankten.
    Zuordnungsprobleme hatte es keine gegeben. Im Besitz des neuen Glücks konnten sie auf überkommene Hilfsbegriffe wie Treue und Enthaltsamkeit verzichten.
    Sechzehn Frauen gab es, und keine von ihnen war älter als vierzig Jahre.
    Am Ende des nächsten Winters, rechnete Bosketch, wenn alles gutging, würde die Gruppe dreiund-sechzig Köpfe zählen.
    Er wandte sich auf die Seite und wollte weiterschlafen. Aber die Geräusche aus dem Busch störten ihn. Da stemmte er sich auf die Ellbogen in die Höhe und knurrte: „Treibt's nicht so toll da drinnen!" Ein halb unterdrückter Schrei antwortete. Das war Kolibri, amüsierte sich Claus. Wenig später wurde es ruhig - Er schlief ein. In den Schlaf begleitete ihn der wohltuende Gedanke, daß sie morgen vielleicht schon das Ziel erreichen würden.
    Die frohe Hoffnung ging nicht in Erfüllung. Sie umrundeten den Nordzipfel des Fjords und schlugen den Weg zum Nansenfjord ein. Die Gegend war bergig. Die alte Funkleitstraße lag nur noch stellenweise frei, zum größten Teil hatte wucherndes Sommergestrüpp sie unter sich begraben. Am Nachmittag durchquerten sie das Trümmerfeld einer kleinen Stadt. Auf einem umgestürzten Schild war mit Mühe der Name zu entziffern: Namdalseid.
    Als zwei Stunden vor Mitternacht endlich die Dunkelheit hereinbrach, waren sie nach Ver Bixs Ansicht noch knapp einen halben Tagesmarsch von Bangsund entfernt, das bereits am Ufer des Nansenfjords lag, Ver Bix kannte sich in solchen Dingen aus. Er hatte die Karte der Erde im Kopf.
    In den Ruinen von Namdalseid hatten die Männer ein altes Konservenlager aufgestöbert. Am Abend gab es ein Festessen.
    Claus Bosketch registrierte, daß die Stimmung abermals gestiegen war. Die Menschen waren glücklich. Die Quelle des ganz neuen Glücks lag ganz nahe.
    Am nächsten Morgen schritten sie schneller als bisher. Eine Sehnsucht, wie sie sie nie zuvor empfunden
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