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08 - Der zeitlose Raum

08 - Der zeitlose Raum

Titel: 08 - Der zeitlose Raum
Autoren: Timothy Stahl
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grübelst«, sagte Maria Luisa und schob ihre Hände ins Dunkelfeld, wo sie unsichtbar die seinen berührten und umfassten.
    Sein Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen. »Ich glaube nicht, dass man über unsere besch …eidene Lage zu viel grübeln kann.« Seine Finger flochten sich in der Schwärze auf dem Tisch zwischen Maria Luisas.
    »Du musst trotzdem mal abschalten«, sagte sie. »Entspannen. An etwas anderes denken. Was anderes tun. Sonst wirst du mir noch verrückt, Señ …«
    Er drückte ihre Hände, schüttelte sacht den Kopf. Er wollte nicht, dass sie ihn jetzt »Señor Tom« nannte, wie sie es manchmal halb im Spaß noch tat. Er wollte nicht, dass sie die Nähe auflöste, die in diesem Augenblick zwischen ihnen bestand.
    »Vielleicht solltest du zu Bett gehen«, meinte sie.
    »Ich will dich nicht alleine hier sitzen lassen.«
    »Ich will auch ins Bett gehen …«, sagte sie leise, und es war zu hören, dass der Satz eigentlich nicht ganz zu Ende war.
    »Okay.« Toms Stimme klang nicht nur rau, sie fühlte sich auch so an, als sich das eine Wort aus seiner plötzlich eng gewordenen Kehle quetschte.
    Er verstaute den Himmelsstein wieder im Lederbeutel. Dann gingen sie im Licht, das wie Wetterleuchten unter der Decke flackerte, in den Schlafraum, den Tom sich ausgesucht und wo er das Bett schon von der Wand geklappt und bezogen hatte.
    Später lagen sie im Dunkeln auf Toms schmalem Bett. Es war still bis auf das Summen der Klimaanlage. Sie hielten sich nur in den Armen, dicht beieinander liegend. Aber die Nacht war noch nicht vorbei, und sie wussten beide, dass sie nicht so enden würde.
    »Ich weiß«, flüsterte Tom in die Finsternis, »dass du … also, dass ich … für dich …«
    Sie lachte kaum hörbar. »Du bist mein erster Mann – willst du das sagen?«
    Es erstaunte ihn, wie offen sie das ansprach. Vielleicht lag es daran, dass kein Licht brannte. Es erstaunte ihn noch mehr, dass er jetzt der Schüchterne war, beinahe schon verklemmt. »Ja.« Er räusperte sich. Es half nicht viel. »Und ich will nichts tun, was du …«
    Sie lachte, immer noch leise, aber nicht mehr lautlos.
    »Sei still, estúpido . Auch wenn es mein erstes Mal ist – wie es geht, weiß ich schon.«
    Ihr bezauberndes Lächeln steckte Tom an, auch wenn er es gar nicht sehen, sondern nur spüren konnte. »Na, dann …«
    ***
    Französische Westküste
    Auch als er längst Inselboden unter den Reifen des Peugeot 607 hatte, schüttelte Commissioner Spencer McDevonshire noch den Kopf über die unverschämt hohe Mautgebühr, die man Besuchern der Île de Ré auf der Brücke vom Festland hierher abknöpfte. Die Inselbewohner waren offenbar gern unter sich.
    Der aufgewühlte Atlantik schien sich im Himmel über der Insel vor der französischen Westküste zu spiegeln und war so schiefergrau wie McDevonshires Peugeot-Limousine, die er sich am Morgen aus dem Fuhrpark des Interpol-Generalsekretariats geliehen hatte. Immer wieder nieselte Regen aus der Wolkendecke. Und die Insel, bei schönem Wetter gewiss ein idyllisches Fleckchen Erde, wirkte trostlos und tot, als McDevonshire am Ufer entlang nach Saint-Martin-de-Ré fuhr, dem Hauptort der Insel, der aber nicht mehr als dreitausend Einwohner beherbergte in seinen mit roten Ziegeln gedeckten Häusern.
    Der Peugeot verfügte über ein eingebautes GPS, das McDevonshire allerdings nicht eingeschaltet hatte. Er bevorzugte die altmodische Art und Weise der Zielfindung – er fragte sich gerne durch. Dabei erfuhr man manchmal schon mehr als nur den Weg.
    Er stoppte den Wagen vor einem Kellner mit langer weißer Schürze, der vor einem Bistro in Sichtweite des Sportboothafens prüfend zum Himmel schaute und zu überlegen schien, ob er das Trottoir vor dem Lokal heute bestuhlen sollte oder nicht.
    McDevonshire machte sich sogar die Mühe, auszusteigen, anstatt den Mann durchs heruntergelassene Fenster anzusprechen. Er grüßte freundlich und verlor ein paar Worte über das Wetter.
    »Wird sich nicht lohnen heute.« Der Kellner, vielleicht zugleich Besitzer des Bistros, hob die Schultern und wies mit einer Kopfbewegung auf die beiden Türme gestapelter Stühle, die im Schutz einer Markise standen. »Bei dem Wetter trinken sogar die Hiesigen ihren Kaffee lieber daheim.«
    »Ich würde einen nehmen, wenn Sie so freundlich wären.«
    »Gern. Kommen Sie.« Der Mann mit der Schürze hielt ihm zuvorkommend die Tür auf.
    McDevonshire trank seinen Kaffee an der Theke im Stehen. »Wären Sie
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