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0794 - Das Zauber-Zimmer

0794 - Das Zauber-Zimmer

Titel: 0794 - Das Zauber-Zimmer
Autoren: Jason Dark
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Treppe, ohne mich zu rühren. Das Grauen hielt mich wie eine Klammer fest. Auch war es mir nicht möglich, den gespenstischen Vorgang zu begreifen. Ich wusste nur, dass hier, genau vor meinen Augen, ein Mord ablief.
    Hatten die Tücher noch vor kurzem den Umriss einer Gestalt gebildet, so veränderte sich dieses, als der letzte Wehlaut verklungen war. Die Gestalt zerriss, die Tücher schwebten voneinander fort, und sie glitten dorthin, wo sie einmal gelegen hatten.
    Sehr langsam flatterten sie zurück auf ihre Plätze, und auch der Dolch schwebte an mir vorbei, seinem Stammplatz entgegen.
    Erst jetzt erwachte ich aus meiner Lethargie. Mein Blick fiel zurück zur Treppe, und genau dort, wo die Blutflecken lagen, sah ich auch die Bewegung.
    Etwas quoll hervor, warf leichte Blasen, und ich sah, dass es das alte Blut war. Es wirkte so, als wäre es aufgefüllt worden, um später wieder einzutrocknen. Mein Gaumen war so trocken, als hätte er sich mit dem Staub der Jahrhundertwende gefüllt. Dieses Geschehen wollte mir einfach nicht aus dem Kopf, ich fand keine Erklärung dafür, konnte mir aber gut vorstellen, dass hier ein Vorgang abgelaufen war, der in der Vergangenheit seinen Ursprung gehabt hatte.
    Hier auf dieser Treppe musste etwas Fürchterliches passiert sein, eine Bluttat, für die mir jegliche Erklärung fehlte.
    Und wieder umhüllte mich diese bedrückende Stille. Es hatte sich nichts mehr verändert, die Dinge lagen wieder an ihren Plätzen, und auch das schwarze Holzpferd bewegte sich nicht mehr.
    Ich löste meine Hand vom Geländer und strich über meine Stirn.
    Trotz der Kühle in diesem alten Hotel war ich ins Schwitzen geraten, und meine Handflächen waren mit einem dünnen Schweißfilm bedeckt. Was war hier passiert?
    Okay, ich hatte etwas entdeckt, mir war ein bestimmter Vorgang gezeigt worden, der für mich möglicherweise sehr wichtig sein konnte, aber ich dachte bereits weiter, auch tiefer und kam vorerst zu dem Entschluss, dass ich durch die Begegnung erst an der Oberfläche leicht gekratzt hatte. Da musste einfach mehr dahinter stecken, und es musste auch mit dem Hotel hier zusammenhängen, das schon seit langen Jahren leer stand.
    Ich wollte auf das Fenster zugehen, um mich dort oben umzuschauen, denn einen Gang hatte ich bereits gesehen.
    Dazu kam es nicht mehr.
    Ein Schrei lenkte mich ab.
    Er war nicht in meiner Nähe aufgeklungen, sondern hinter mir in der großen Halle.
    Ich drehte mich um und startete wie ein Weltmeister, denn ein derartiger Schrei bedeutete fast immer Gefahr!
    ***
    Harry Stahl, der Kommissar aus Leipzig, war zurückgeblieben und hatte seinem Freund John Sinclair die erste Untersuchung des Hotels überlassen.
    Harry stand in der schneidenden Kälte. Es war Schnee gefallen, zum Glück hatten sich die dunklen Wolken jetzt verzogen, und der Himmel glänzte wie poliertes, graues Metall.
    Das alte Hotel mit seinem vergammelten Fensterläden rechts und links der Scheiben lag auf einem kleinen Hügel und war früher einmal eine Burg der Reichen und Schönen gewesen, die hier kurten.
    Doch der Jugendstil war längst vorbei, zwei Weltkriege ebenfalls, wobei das Hotel während des Zweiten Weltkriegs Soldaten als Unterkunft gedient hatte. Danach hatte man versucht, es wieder zum Leben zu erwecken, doch es war nie mehr so geworden wie früher.
    Außerdem fehlten die Gäste, denn im Sozialismus galt es als dekadent, in einem derartigen Gemäuer zu wohnen, in dem sich früher die Kapitalisten wohl gefühlt hatten.
    So war das Gebäude sich selbst überlassen worden und natürlich den Geschichten, die sich die Menschen aus dem nahen Ort darüber erzählten. Hin und wieder hatten sie Stimmen gehört, sogar Musik, manchmal melodisch, dann wieder schrill, sie hatten sich über das böse, grausame Lachen gewundert, als hätte der Satan persönlich seinen Spaß daran gehabt, und man hatte hin und wieder hinter den Fenstern eine fahle und gleichzeitig flackernde Helligkeit entdeckt.
    War es Kaminfeuer?
    Das alles basierte auf Erzählungen, möglicherweise auch auf Gerüchten, die sich in den letzten Wochen verdichtet hatten und auch dem Kommissar zu Ohren gekommen waren.
    Harry Stahl, der Mann mit den schwarzen, leicht angegrauten Haaren, war seit einiger Zeit jemand, der für seinen Freund John Sinclair im vereinigten Deutschland die Augen offen hielt. Dämonen und teuflische Mächte kümmerten sich nicht um Landesgrenzen, sie waren international und tobten sich auch dort aus, wo die
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