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079 - Die Abenteuerin

079 - Die Abenteuerin

Titel: 079 - Die Abenteuerin
Autoren: Edgar Wallace
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trotzdem sofort wieder. Als sie ihn gerade genauer betrachten wollte, wandte er sich um, und erschrocken trat sie einen Schritt zurück.
    »Keiner meiner Briefe ist meinem Großvater ausgehändigt worden«, sagte Mr. John streng. »Sie haben mich immer gehaßt, Jennings, Sie haben keine Gelegenheit vorüber gehen lassen, ohne meinen Großvater über mich zu belügen. Vor drei Monaten habe ich ihm einen Brief geschickt, in dem ich ein paar Zeilen in französischer Sprache schrieb. Darin teilte ich ihm mit, daß meiner Meinung nach meine Briefe unterschlagen würden, und bat ihn, sofort zu antworten. Hätte er das Schreiben erhalten, so hätte er mir todsicher geantwortet.«
    Mr. Jennings schwieg. Barbara hörte, daß er schwer atmete.
    »Sie haben eine falsche Meinung von mir, Mr. John«, sagte der Butler nach einer Pause. »Ich habe alles getan, was ich für Sie tun konnte, ebenso auch für Ihren Großvater. Es ist sehr ungerecht von Ihnen, daß Sie mich derart beleidigen -«
    »Ich will den alten Herrn jetzt selber sprechen.«
    Barbara konnte sich vorstellen, daß Jennings den Kopf schüttelte.
    »Es tut mir sehr leid, aber das kann ich nicht zulassen. Wir haben erst heute über Sie gesprochen, und er entließ mich mit den Worten: Lassen Sie den jungen Mann nicht in dieses Zimmer, er will nur Geld von mir.«
    Barbara zog den Vorhang wieder ein wenig zurück und sah, daß Mr. John vom Stuhl aufsprang.
    »Das ist schon wieder eine grobe Lüge!« rief er laut.
    »Es tut mir leid«, erwiderte Jennings in entschuldigendem Ton.
    Die beiden waren jetzt in die andere Ecke des Zimmers getreten, so daß Barbara sie nicht sehen konnte, sie standen aber in der Nähe des Vorhangs. Ihre Stimmen klangen lauter.
    »Es tut mir sehr leid. Ich hätte niemals gedacht, daß Sie mir so etwas vorwerfen würden«, fuhr der Butler in seiner monotonen Art fort. »Obendrein hier in diesem Zimmer, wo das Bild Ihres Großvaters auf Sie herabschaut.«
    In dem Zimmer hängt doch gar kein Bild von Mr. Brownwill, dachte Barbara.
    Allem Anschein nach mußte diese Behauptung auch den jungen Mann in Erstaunen gesetzt haben, so daß er sich umdrehte.
    Dann hörte Barbara ein dumpfes Geräusch.
    Mr. Jennings trat einen Schritt vor und brummte.
    »So, nun wirst du Bursche genug haben!« sagte er triumphierend.
    Ein paar Sekunden später wurde die Tür geschlossen, und als Barbara den Vorhang zurückschlug, wäre sie beinahe ohnmächtig umgesunken. Ein grauenvoller Anblick bot sich ihr.
    Vor ihren Füßen lag John Brownwill - es konnte, nach allem, was sie gehört hatte, niemand anders sein. Nirgends vermochte sie eine Wunde zu entdecken, aber er lag besinnungslos am Boden. Gleich darauf bemerkte sie jedoch einen kurzen, dicken Gummiknüppel, der dicht neben John Brownwills Kopf lag.
    Kaum hatte sie das alles entdeckt, als sie draußen schon wieder Schritte hörte, und sie war gerade hinter den Vorhang geschlüpft, als Jennings eintrat. Diesmal war er von seiner stets so schweigsamen Frau begleitet.
    »Hilf mir, ihn in den Keller zu bringen«, sagte er scharf und befehlend.
    Vom Gang draußen drang unterdrücktes Schluchzen herein.
    »Das Mädel soll den Schnabel halten«, fuhr er seine Frau an.
    »Sei ruhig!« rief Mrs. Jennings auf den Korridor hinaus.
    »Um Himmels willen«, hörte Barbara eine heisere Stimme von draußen, »wir kommen bestimmt alle noch deshalb ins Zuchthaus. Ach, Mutter, warum hast du nur zugelassen, daß Vater das getan hat!«
    »Komm herein und hilf, statt daß du wie ein Schloßhund heulst«, erwiderte Mr. Jennings rauh.
    Das weinende Mädchen kam zögernd in die Bibliothek, bückte sich und hob die Beine des jungen Mannes auf.
    Barbara lauschte und beobachtete, starr vor Schrecken.
    Bald darauf wurde eine Tür im Erdgeschoß geöffnet, Jennings und die beiden Frauen gingen in den Keller hinunter. Barbara trat nun aus ihrem Versteck hervor. Sie dachte an Mr. Brownwill, der Rechtsanwalt war, zwar ein alter Mann, aber vielleicht konnte er doch helfen.
    Sie lief die Treppe hinauf und drückte die Türklinke seines Zimmers nieder, die Tür ging auf.
    »Mr. Brownwill«, flüsterte sie erregt.
    Als keine Antwort kam, drehte sie das Licht an. Der Raum war leer und nicht einmal vollkommen möbliert. Das Bett war nicht bezogen. Barbara schaltete das Licht wieder aus, sie wußte nicht, was sie von dieser Entdeckung halten sollte. Ratlos trat sie wieder auf den Flur hinaus und ging bis zum Anfang der Treppe. In diesem Augenblick hörte sie
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