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0770 - Die andere Seite der Hölle

0770 - Die andere Seite der Hölle

Titel: 0770 - Die andere Seite der Hölle
Autoren: Jason Dark
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Absperrung in die Höhe.
    Elenor ging vor. Jane hielt sich dicht hinter ihr. Der Polizist hatte plötzlich zu tun und rief nach Verstärkung, weil andere ebenfalls den Weg gehen wollten.
    »Sie ist da!«
    »Wir wollen geheilt werden!«
    »Sie soll zurückkehren!«
    Darum kümmerten sich Elenor Hopkins nicht. Sie drehte nicht einmal den Kopf und tat so, als gingen sie die vielen Menschen überhaupt nichts an.
    Der Eingang des Hauses lag an der Seite. Über einen plattierten Weg schritten sie hinweg. Die Steine waren kaum zu sehen, denn eine dünne Moosschicht hatte die meisten von ihnen überzogen.
    Trocken aussehende Sträucher drängten sich an der Hauswand hoch. Viele von ihnen hatten in der Hitze des Sommers ihre Blätter verloren.
    Drei ausgetretene Steinstufen führten zur Haustür hoch. Elenor betrat sie, und Jane glaubte sogar, daß sie der Tür entgegenschwebte. Jedenfalls konnte man den Eindruck haben.
    Vor der Tür drehte sich Elenor um und schaute auf die ältere Frau herab. »Du bleibst bei mir?«
    »Dazu habe ich mich entschlossen.«
    Das Mädchen lächelte. Es sah künstlich aus, als es die blassen Lippen in die Breite zog. Die Haut wirkte dünn, beinahe schon durchsichtig. Ein Arzt hätte sie sofort in Behandlung genommen, denn irgendwo wirkte sie krank.
    Auch jetzt trug sie wieder den zu kurzen und verwaschen wirkenden Mantel. Nur ihre Haare hatte sie etwas verändert und jetzt zu Zöpfen gedreht, die an den Seiten des Kopfes herabbaumelten.
    »Vergiß nicht, wer dich gerettet hat.«
    »Ich weiß.«
    »Und trotzdem hast du mich verfolgt. Ich denke an gestern abend, als wir uns an der Kapelle sahen.«
    »Da kannte ich dich noch nicht so gut. Jetzt denke ich anders über dich, Elenor.«
    »Nicht nur über mich mußt du anders denken. Ich bin nicht wichtig, wichtig ist sie, die schwarze Madonna. Kennst du eigentlich ihren Namen, Jane?«
    »Nein.«
    »Sie heißt Franziska. Für mich ist sie so etwas wie eine Heilige. Für die meisten war sie nur eine Nonne, die sich eines schlimmen Verbrechens schuldig gemacht hat, aber ich sehe sie als Heilige an und als die andere Seite der Hölle.«
    Das begriff Jane Collins nicht. Sie runzelte die Stirn, aber sie traute sich nicht, Fragen zu stellen.
    Elenor hatte sich gedreht und einen flachen Schlüssel in das Schloß gesteckt. Sie drehte ihn einmal, drückte gegen die Tür und hielt sie für Jane offen.
    Der Lärm und der Stimmenwirrwarr blieben hinter den beiden zurück. Eine beinahe ungewöhnliche Stille nahm sie gefangen. Sie war vergleichbar mit der in einer Kirche, und ebenso bewegte sich das Mädchen auch. Mit kaum hörbaren Schritten ging sie auf eine schmale Treppe zu, die in die beiden oberen Stockwerke führte.
    Scheu schaute Jane sich um. Wenn sie die Einrichtung korrekt beurteilte, dann stammte sie noch aus den Fünfzigern. Sie war dunkel, wirkte abgewohnt und vermittelte Jane Collins keine Gemütlichkeit.
    Elenor Hopkins wohnte nicht allein in diesem Haus. Von ihren Eltern sah und hörte Jane nichts.
    »Gehen wir in dein Zimmer?« fragte sie.
    »Ja.«
    »Und weiter?«
    Elenor lachte leise. »Du hast die Menschen gesehen, die auf mich warten. Zumindest einige von ihnen werde ich heute nicht enttäuschen. Ich werde sie heilen.«
    Sie hatte den Satz mit einer derartigen Selbstverständlichkeit gesagt, daß Jane keine Fragen mehr stellte und ihr alles abnahm. Sie erkundigte sich auch nicht nach Details, sondern folgte ihr durch den schmalen Flur mit der schon angeschmutzten Tapete an den Wänden, bis sie vor einer schlichten Holztür stoppte.
    »Hier ist mein Zimmer.« Elenor öffnete. Die Tür schwang nach innen. Der Blick war frei.
    Jane Collins staunte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Das Zimmer unterschied sich in nichts von zahlreichen anderen Jungmädchenzimmern. Es war klein, es stand ein Bett darin, ein Schrank, ein Schreibtisch mit roter Platte. Puppen gab es zwei. Sie saßen auf dem Schrank und sahen schon ziemlich alt aus. Ein paar Spielkartons stapelten sich in der Ecke, aber es hingen keinerlei Poster an den Wänden.
    Darüber wunderte sich Jane.
    »Schließ die Tür«, sagte Elenor.
    Jane ist es. Sie blieb nahe der Tür stehen und schaute auf den Rücken des Mädchens. Elenor bewegte sich auf das Fenster mit den beiden Flügeln zu. Eine Gardine hing davor. Sie reichte mit ihrem Saum bis zum Boden. Hinter dem Muster verschwamm die Scheibe, und es war schwer, auch für die im Zimmer Stehenden nach draußen zu sehen, wo die Menge noch immer
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