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0743 - Die Kinder des Adlers

0743 - Die Kinder des Adlers

Titel: 0743 - Die Kinder des Adlers
Autoren: Austin Osman
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Sorgen bereiten«, begann der Adlerritter wieder.
    »Ich hatte gehofft, ein Krieger wie du kennt keine Furcht.« Der Spott in der Stimme des kaiserlichen Beraters war gutmütig, aber unüberhörbar. Gleichzeitig kam unter den schweren Augenlidern ein eiskalt prüfender Blick. Auf einen Wink des Beraters huschten Diener heran, brachten ihm einen Schemel und begannen, ihm mit einem großen Federfächer Kühlung zuzuwedeln.
    Der Berater nahm umständlich Platz und betrachtete offen den Adlerkrieger, der vor ihm stand.
    Xapac hatte die Dreissig schon längst überschritten. Sein Körper besaß nicht mehr die schwellende Kraft der Jugend, ihre Leichtigkeit und Geschmeidigkeit. Aber die harten Muskeln und zähen Sehnen, die sich bei jeder Bewegung des Mannes durch seine Haut drückten, zeugten von unverminderter Kraft und unüberwindlicher Zähigkeit. Und das Gesicht Xapacs zeigte, dass er in der Lage war, diese Fähigkeiten einzusetzen. Unter den scharfen Falten, die das Leben im Krieg in seine Züge eingemeißelt hatte, war sofort der energische Anführer zu erkennen.
    »Du hältst mich für eine alte Hofschranze?«, sagte der Berater unvermittelt. Xapac glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Selbst die gleichmäßige Bewegung des Fächers stockte für einen Moment.
    »Ich bin ein Krieger und mit dein Leben im Licht des Kaisers wenig vertraut«, lautete Xapacs Antwort.
    »Du bist ein Krieger, und du weißt, wann du vorsichtig sein musst. Ich schätze das. Wenn du wüsstest, wie oft ich Kerlen gegenüberstehe, deren Keule das geistvollste an ihnen ist! Was willst du also? Geschenke, Frauen, Sklaven werden es nicht sein, wenn mich meine Menschenkenntnis nicht verlassen hat.«
    »Es ist die Sorge um das Reich, die mich treibt.«
    »Wenn Männer wie du sich sorgen, haben wir es weit gebracht. Aber wir alle sorgen uns. Die Vorzeichen sind schlecht, alle Versuche, die Götter zu versöhnen, sind gescheitert. Der Kaiser ist niedergedrückt, und wir anderen sind ratlos. Dinge geschehen, die wir nicht verstehen. Die Zukunft ist dunkel. Vielleicht wenden sich die Götter ab, vielleicht kehren die Götter zurück. Wer weiß es schon?«
    »Es gibt Nachrichten von Fremden, die an die Küsten Yukatans gespült wurden, weil ihre Schiffe sanken. Sicherlich haben sie etwas mit den kommenden Ereignissen zu tun.«
    »Diese hellhäutigen Fremden? Das sind abergläubische Märchen. Ich glaube nicht daran. Sag jetzt, was willst du?« Der Berater winkte nachlässig ab.
    »Ich ersuche um die Erlaubnis für eine Expedition, auf dass wir Coatepec suchen, die Geburtsstadt Huitzlipochtlis, und dort den Ruhm des Reiches ver künden. So werden sich die Götter uns wieder huldvoll zuwenden und die Furcht vor wem oder was auch immer von uns nehmen.«
    Jetzt rutschte der Berater unruhig auf seinem Schemel. Schon einmal war Coatepec gesucht worden, unter der Regierung Montezumas I., des Namensvetters des jetzigen Herrschers. Die Expedition war gescheitert, und die Prophezeiungen danach verkündeten den Untergang der Azteken.
    »Wo willst du suchen?«, fragte der kaiserliche Berater. »Wie willst du es tun?«
    »Dort, wo die Fremden herkamen, am Meer. Ich will zur Küste ziehen, Boote bauen und dann nach Osten fahren.« Xapac überlegte eine Weile, dann fügte er hinzu, und das war die eigentliche Wahrheit: »Oder nach Süden.«
    »Warum nach Süden?«
    »Bei unserem letzten Kriegszug zur Küste sandte ich Späher in Booten aus, die nach Süden fuhren. Als sie zurückkamen, berichteten sie von einer Stadt an der Küste tief unten im Süden.«
    »Wo sind die Späher, bring sie mir her«, rief der Berater hastig.
    Xapac zuckte bedauernd die Achseln. »Ein Sumpffieber hat sie alle getötet. Aber dieser Krieger hier, Itzcuin, der wegen seiner Tapferkeit berühmt ist, wird es bestätigen.«
    »Komm her«, befahl der Berater und betrachtete dann forschend das unbewegte Gesicht Itzcuins.
    »Du kannst es bestätigen? Die Späher und das, was sie sagten.«
    Der Angesprochene nickte.
    Der Berater zögerte und kaute auf seiner Unterlippe.
    »Was sind deine Forderungen?«, fragte er dann.
    »Dreihundert Freiwillige, Proviant und die Erlaubnis, an der Küste Boote bauen zu lassen. Und das alles schnell.«
    »Es ist zu spät im Jahr, um solche Unternehmungen zu beginnen.«
    »Die Zeit drängt. Wir ziehen in den nächsten Tagen zur Küste und beginnen mit dem Bau der Boote. Erfahrene Bootsbauer werden wir dort finden. Dann üben wir uns im Gebrauch der Boote, und im
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