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0694 - Eine Falle für Merlin

0694 - Eine Falle für Merlin

Titel: 0694 - Eine Falle für Merlin
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wo er sich bewegte, einfach nicht weiter ging. Er sah Lichter, die in der Ferne aufglühten, vernahm ihm unbekannte Geräusche und begriff irgendwann, dass es Irrlichter waren, die durch aufsteigende Gase entstanden, die sich beim Austritt aus dem Morast an die Luft irgendwie entzündeten. Gespenstern gleich, schienen ihm die Lichter aus der Ferne den Weg zu signalisieren.
    Einen Weg, der unweigerlich in den Tod führen musste.
    Deshalb zweifelte er auch anfangs, als er ein Licht sah, das aber nicht verschwand, sondern stetig blieb. Und doch flackerte es ein wenig, als sei es ständig am Verlöschen.
    Aber schließlich begriff er, dass er es in diesem Fall nicht mit einem Irrlicht zu tun hatte, sondern mit etwas Realem.
    Er war völlig durchnässt von dem andauernden Regen. Seine Kleidung klebte ihm am Körper; er fror. Der kalte, heftige Wind machte ihm zusätzlich zu schaffen. Bin ich bereits zu menschlich geworden?, fragte er sich.
    Er war erschöpft, und ihn hungerte. Er fühlte sich schwach; ein Blick in das spiegelnde schwarze Wasser eines Moorsees hatte ihm am vergangenen Tag verraten, dass er erheblich abgemagert war.
    Nur langsam kam er seinem neuen Ziel näher. Manchmal schien es ihm, als weiche es vor ihm zurück wie die Irrlichter, und manchmal musste er wie schon zuvor Umwege beschreiten. Aber er setzte seinen Weg fort. Er schleppte sich nur noch voran, Meter um Meter, Schritt für Schritt.
    War es noch die Wirklichkeit, in der er sich befand, oder war er in eine andere Welt geraten?
    Nein, die schneidende Windkälte bewies es - dies war der Planet Erde. Auf kaum einem anderen bewohnbaren Planeten des Universums gab es dermaßen schlechtes Wetter - soviel zumindest hatte Merlin im Laufe seiner Lebensjahre gelernt.
    Welten mit noch schlechteren Klimabedingungen galten als so gut wie unbewohnbar.
    Aber hier musste er jetzt durch. Und es war auch die Welt, die ihm am meisten am Herzen lag.
    Aber irgendwann erreichte er das flackernde Licht.
    Es war eine Sturmlaterne, die über einer Haustür am eisernen Haken hing.
    Haustür ?
    Nun gut, mit viel Wohlwollen konnte man es ein Haus nennen. Für Merlin war es eine heruntergekommene Holzhütte, die nur deshalb noch nicht umgekippt war, weil die Bretter sich nicht entscheiden konnten, in welche Richtung sie fallen wollten.
    Wie auch immer - Merlin war froh darüber, diese Hütte erreicht zu haben. Sie versprach Schutz vor dem Unwetter und vielleicht auch ein wenig Gastfreundschaft. Denn dass draußen vor der Tür eine Sturmlampe hing, bedeutete, dass jemand hier wohnte.
    Hoffentlich ein Menschenfreund…
    Merlin klopfte gegen die Tür. Leise zunächst, weil er längst schwächer war, als er selbst glaubte, aber dann mobilisierte er seine letzten Kräfte, hieb die Faust in immer größer werdenden Abständen gegen das Holz.
    Bis ihm endlich jemand öffnete.
    Merlin taumelte ins Innere der Hütte, stürzte zu Boden und schlief ein, wo er lag.
    ***
    Die Frau, die ihm geöffnet hatte, sah ihn etwas verwundert an. Dann rief sie nach ihren beiden Schwestern im Geiste.
    Sie traten zu ihr. Auch sie sahen ihn - einen hilflosen, kleinen Jungen, der sich im Moor verirrt hatte. Abgemagert, durchnässt…
    »Wir können ihn nicht fortschicken«, sagte jene, die geöffnet hatte. »Er benötigt unsere Hilfe.«
    »Es ist riskant, einen Fremden aufzunehmen. Was, wenn er Dinge sieht und erlebt, die nicht für ihn bestimmt sind?«
    »Dinge, die niemand sonst erfahren darf? Dinge, die geheim sind und geheim bleiben müssen?«, fragte die dritte.
    »Es wäre unmenschlich, ihn fortzuschicken«, widersprach die erste. »Er würde vielleicht sterben. Er wird erkranken, durchnässt wie er ist, in dieser kalten Sturmnacht.«
    »Sind wir Menschen?«, fragte die zweite Schwester.
    »Wir sollten das Menschliche nicht verachten«, sagte die dritte. »Auch wenn es unserer Aufgabe widerspricht.«
    »Helfen wir einem, müssen wir dann nicht allen helfen?«, fragte die zweite.
    »Alle kommen nicht zu uns, nur dieser eine hat den Weg zu uns gefunden. Ihm, dem einzelnen, helfen wir, nicht allen. Alle anderen unterliegen dem Schicksal, das unsere Fäden weben.«
    »Und warum dann dieser nicht? Warum ist er hier? Haben wir ihn vergessen, gibt es seinen Schicksalsfaden nicht im Gespinst des Daseins?«
    »Das ist unmöglich.«
    »Aber kein Faden führt zu uns. Alle Fäden gehen nur von uns aus.«
    »Trotzdem werden wir ihn aufnehmen und ihm helfen. Vielleicht…«
    »Was?«, kam die doppelte
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