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0685 - Monster-Town

0685 - Monster-Town

Titel: 0685 - Monster-Town
Autoren: Jason Dark
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der Reihe machen.«
    »Nun ja, mich hat Glenda auch erinnern müssen.« Ich nahm meinen Freund in Schutz.
    »Klar, so kannst auch nur du reden. Komm trotzdem rein.«
    »Gern.«
    Sheila gab den Weg frei. Sie trug knallbunte Leggins, das sind ja die Strumpfhosen ohne Füße und dazu einen schwarzen Pullover mit einem Wellenausschnitt, dessen oberer Rand mit einer dunkelroten Borde abgesteppt worden war.
    »Hunger hast du doch auch?« fragte sie, als ich die Tür schloß und meine Jacke aufhängte.
    »Nicht unbedingt, aber wenn du kochst…«
    »Ich werde sehen, was ich herbeizaubern kann. Bill wartet übrigens in seinem Arbeitszimmer.«
    »Wie schön für uns.«
    Sheila lächelte etwas verkrampft, dann verschwand sie in der Küche, wo sie Wasser in eine Vase rauschen ließ. Ich kannte mich im Haus der Conollys aus, vermißte aber zwei Personen.
    Johnny, den Sohn der beiden, und Nadine.
    Jahrelang hatte sie als Wölfin gelebt.
    Diese Zeit war nun vorbei, und Nadine Berger war anschließend noch durch eine Hölle gegangen, bevor sie sich von uns zurückgezogen hatte, weil sie versuchen wollte, auf eigenen Füßen zu stehen.
    Ob ihr dies gelungen war, wußte ich nicht. Wir hatten nichts mehr von ihr gehört, nicht einmal einen Kartengruß hatte sie uns zukommen lassen, auch nicht aus ihrer Kur.
    Ich hatte auch in der letzten Zeit nicht viel über sie nachgedacht, denn die ersten drei Monate des Jahres waren stressig genug gewesen. Irgendwann würde ich doch Nachforschungen anstellen. So etwas konnte auch Bill Conolly erledigen, er hatte mehr Zeit als ich.
    »Komm rein, der Baum brennt noch!« hörte ich seine Stimme durch die offene Tür des Arbeitszimmers schallen.
    »Danke, Weihnachtsmann.«
    Wir grinsten uns an, umarmten uns, denn wir hatten uns lange nicht gesehen.
    Es gab nicht nur die Regale, den Schreibtisch mit dem Drehsessel, sondern auch eine gemütliche Sitzecke, auf die Bill deutete. Eine Lampe spendete Leselicht.
    Auf dem runden Tisch stand eine Flasche Whisky. Umrahmt wurde sie von zwei Gläsern.
    Bill hatte bereits einen Schluck genommen. Jetzt hob er die Flasche hoch und schaute mich an.
    »Ich muß fahren.«
    »Das weiß ich. Aber der Abend wird länger. Wasser kannst du nach dem Essen trinken.«
    »Auch während.«
    »Meinetwegen.« Er schenkte mir und sich ein und hörte dabei meine Frage.
    »Wo steckt eigentlich euer Sohn?«
    »Johnny?« Bill hob die Schultern. »Das kann ich dir nicht genau sagen. Er meinte nur, daß er Freunde besuchen wolle. Irgendwann im Laufe des Abends wird er zurückkehren.« Er hob sein Glas. »Na denn - auf uns, alter Kämpfer.«
    Der Whisky war vom Feinsten. Er mundete mir gut. Das sah auch Bill. »Du kannst hier übernachten, wenn du willst. Wäre schön, wenn wir uns gemeinsam mal wieder einen auf die Lampe gießen würden.«
    »Aber nicht bis das Licht ausgeht.«
    Bill lachte. »Ich weiß nicht, aber ich habe den Eindruck, daß du bald«, er atmete tief durch. »Na ja, lassen wir das.« Dann schaute er zu, wie ich mir eine Zigarette ansteckte.
    »Was hast du auf dem Herzen, Bill? Hängt es mit Nadine Berger zusammen?«
    Der Reporter streckte seine Beine aus. Die Füße stemmte er auf die Hacken. Er schaute gegen die Decke, wo sich das Lampenlicht als Kreis abmalte. »Nein, John, damit hängt es nicht zusammen.«
    Ich blieb bei dem Thema. »Hast du wenigstens etwas von ihr gehört?«
    »Auch nicht.«
    Ich ließ Rauch durch die Nase fließen und schüttelte dabei den Kopf. »Das verstehe ich alles nicht. Nadine weiß doch, wo ihre Freunde sitzen. Sie hat eine Zukunft vor sich. Sie wird sicherlich ihre Vergangenheit nicht völlig abschütteln können. Irgendwann wird man auf sie zukommen und dafür sorgen, daß die Erinnerung wieder hochsteigt. Dann braucht sie Freunde. Was haben wir ihr getan, Bill?«
    »Nichts, denke ich.«
    »Stimmt.« Ich nahm noch einen Schluck. »Was ist denn mit Johnny? Wie verhält er sich, wo Nadine nicht mehr als Wölfin bei euch lebt und auf ihn achtgibt?«
    »Er redet sehr wenig über sie. Was aber nichts zu bedeuten hat. Ich habe das Gefühl, John, daß er schon leidet. Er ist nur verschlossen und sagt es nicht.«
    »Auch nicht zu Sheila?«
    »Nein.«
    »Das ist nicht gut. Wie sieht es mit seiner allgemeinen Entwicklung aus?«
    Der Reporter hob die Schultern. »Manche Eltern haben ja Kinder, die sind perfekte Schüler oder geben wenigstens vor, solche zu haben. Bei uns ist das nicht der Fall. Johnny ist abgesackt, er mogelt sich so durch.«
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