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0674 - Der Wald des Teufels

0674 - Der Wald des Teufels

Titel: 0674 - Der Wald des Teufels
Autoren: Claudia Kern
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einer alten Legendengestalt sah, die es in dem großen Waldgebiet geben sollte.
    Anfangs war Zamorra skeptisch gewesen. Gerade wenn es um Kinder ging, fühlten sich viele seriöse und weniger seriöse Zeitgenossen aufgefordert, ihre Hilfe anzubieten und nach Erklärungen zu suchen. Dabei konnte es sich um selbsternannte Hellseher, pensionierte Polizisten oder Psychologen handeln; die Bandbreite war groß.
    Aber dann hatte Boris den Namen seiner alten Freundin genannt - Ludmilla Yanakowa und Zamorra hatte sofort zugestimmt, sich der Angelegenheit zu widmen. Die Russin, die bereits seit Jahrzehnten in Deutschland lebte, galt als eine der größten Koryphäen auf dem Gebiet der Legendenforschung. Der Parapsychologe hatte selbst einige ihrer Bücher gelesen und konnte bestätigen, daß sie diesen Ruf nicht zu Unrecht genoß. Wenn sie einen Zusammenhang vermutete, war die Wahrscheinlichkeit groß, daß es auch einen gab.
    »Ha!« sagte Nicole neben ihm und riß ihn aus seinen Gedanken.
    »Hast du herausgefunden, wo wir sind?«
    Seine Gefährtin schüttelte den Kopf. »Das nicht, aber siehst du den Streifenwagen da vorne? Ich bin mir ziemlich sicher, daß die Insassen uns sagen können, wo wir sind.«
    Zamorras Blick folgte ihrem ausgestreckten Zeigefinger und registrierte den grün-weißen Polizeiwagen, der halb verdeckt vor einer Kurve zwischen den Bäumen stand. Das Blaulicht war eingeschaltet und warf helle Lichtreflexe tief in den Wald hinein. In seinen Gedanken hatte er zwar die Straße gesehen, nicht aber das Licht.
    Seltsamer Ort für eine Verkehrskontrolle, dachte der Dämonenjäger und stoppte den Wagen. Nicole schien ähnlicher Ansicht zu sein.
    »Vielleicht haben sie einen Wilderer gestellt«, sagte sie, als sie den Sicherheitsgurt löste.
    Zamorra schaltete die Warnblinkanlage des BMW ein und stieg aus. Erst jetzt sah er, daß hinter dem grünweißen Streifenwagen noch ein komplett grün lackierter Mannschaftswagen und ein Zivilfahrzeug standen.
    »Scheint sich wohl um den Al Capone unter den Wilderern zu handeln«, murmelte er.
    Nicole trat neben ihn. »Oder es geht um die verschwundenen Kinder.«
    Im gleichen Moment tauchten die Insassen der Fahrzeuge auf dem Feldweg auf. Zamorra zählte zehn uniformierte Polizisten und zwei Zivilisten.
    Sie gingen hinter einem Anzugträger her, der einen ungewöhnlich großen Mann am Arm gefaßt hatte und laut auf ihn einredete.
    »Tu dir selbst einen Gefallen und rede, du Schwein. Was meinst du, werde ich sonst mit dir machen? Ich kann tun, was ich will. Keiner wird bei einem Perversen wie dir irgendwas sagen.«
    Der Zivilbeamte stieß den wuchtigen Mann, der hemmungslos weinte, nach vorne und beobachtete zufrieden, wie er stolperte und beinahe gefallen wäre.
    Zamorra und Nicole sahen sich an, während der Polizist ein Stück vor ihnen seine Drohungen fortsetzte.
    Zamorra fand das unglaublich.
    Sie hatten schon öfter mit der deutschen Polizei zu tun gehabt, aber so etwas hatten sie noch nie erlebt. Hier wurde ein hilfloser und anscheinend behinderter Gefangener nach allen Regeln der Kunst schikaniert.
    Allerdings schienen die Uniformierten auch nicht sehr glücklich über die Situation zu sein, denn sie trotteten mit gesenkten Köpfen hinter ihrem Chef zum Mannschaftswagen.
    Der Zivilpolizist, dessen gut sitzender Anzug mindestens ein Monatsgehalt gekostet hatte, stieß seinen Gefangenen erneut in den Rücken.
    »Du widerliches Riesenbaby«, zischte er. »Du…«
    »Entschuldigung«, unterbrach ihn der Parapsychologe, »vielleicht können Sie uns helfen. Wir haben uns ein wenig verfahren.«
    Der Anzugträger fuhr herum. Für eine Sekunde wirkte sein Gesicht haßverzerrt, dann fing er sich und lächelte.
    »Aber natürlich.« Er schnippte kurz mit den Fingern. »Meyer, erledigen Sie das doch eben.«
    Ein älterer Uniformierter löste sich aus dem Troß und kam auf die beiden Dämonenjäger zu.
    »Wo wollen Sie denn hin?« fragte er freundlich.
    »Nach Fürstenwald«, entgegnete Nicole im gleichen Tonfall. Aus den Augenwinkeln sah sie, daß der Zivilbeamte, dessen Aussehen sie an Richatd Gere erinnerte, sie mißtrauisch beobachtete.
    Wenigstens schien Zamorras Rechnung aufzugehen, denn der Gefangene durfte sich nun ohne weitere Drohungen in defi Streifenwagen setzen. Der Anzugträger schätzte die Anwesenheit von Zeugen wohl nicht sonderlich.
    Nicole hatte keine Ahnung, was der Gefangene getan haben sollte, aber das machte weder für sie noch für Zamorra einen
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