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0638 - Das Palazzo-Gespenst

0638 - Das Palazzo-Gespenst

Titel: 0638 - Das Palazzo-Gespenst
Autoren: Jason Dark
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dass es ihnen nichts ausmachte. Die drei besaßen eine gewisse Routine, was den Abtransport des Toten anging.
    Sie fassten ihn so unter, dass sie ihn leicht tragen konnten und verschwanden in einem der Gänge, wo ihre Schritte allmählich verklangen und wieder Stille einkehren konnte.
    Die Lady Sarah durch ihre leise gestellte Frage unterbrach. »Jetzt würde mich noch interessieren, wo der Tote hingeschafft wird.«
    »Leichen muss man kühl lagern.«
    »Sie haben ein Kühlhaus?«
    Rosanna Brandi lächelte. »Ganz so ist es nicht, meine Liebe. Aber die Keller hier verdienen den Namen noch. Sie sind in der Regel feucht und kalt. Das bleiben sie selbst in den heißen Sommertagen.«
    »Und dort bleibt der Tote jetzt?«
    »So ist es.«
    Lady Sarah überlegte. »Wäre es vermessen zu fragen, ob ich den Keller besichtigen kann?«
    Die Brandi schwieg. Es war nur das Rücken der Stühle zu hören, als sich die anderen Gäste wieder setzten.
    »Nun?«
    »Warum wollen Sie das?«
    »Möglicherweise interessiere ich mich für alte Keller. Ist das so ungewöhnlich?«
    »Ja.«
    »Nicht für einen Gast dieses Palazzos.« Lady Sarah lächelte. »Zeigen Sie mir den Weg.«
    »Wir werden noch etwas warten. Ich möchte das Personal auf keinen Fall stören.«
    »Wie Sie meinen.«
    Plötzlich erklang Musik. Keine Trauerklänge, schöne beschwingte Weisen. Leichte Tafelmusik aus der Zeit des Barocks.
    Rosanna Brandi lächelte, während sie den Kopf erhoben hatte und ihren Blick über die Fresken an der Decke gleiten ließ. »Normalerweise wird nach dieser Musik auch getanzt. Sie verstehen, nicht wahr?«
    Lady Sarah lächelte nicht einmal. »Aber nicht in Anbetracht der unheimlichen Vorfälle.«
    »Doch, meine Liebe, doch. Gerade die Musik und der Tanz zeigen uns doch, dass wir den Tod überwunden haben. Er wollte uns nicht, er streifte an uns vorbei. Deshalb können wir uns des Lebens wieder freuen.«
    »Bis zum morgigen Abend.«
    »Da haben Sie recht. Dann beginnt das Ritual wieder von vorn. Vielleicht erwischt es mich oder Sie? Ich glaube, dass Sie eher an der Reihe sind, Sarah.«
    »Weshalb denn?«
    »Haben Sie den Blick der Venetia nicht gesehen? Haben Sie nicht erkannt, wie diese Person Sie angeschaut hat?«
    »Nein.«
    »Es war, das kann ich Ihnen versichern, schon so etwas wie ein Todesblick. Ein Zeichen, dass es Sie erwischen wird. Morgen, Sarah, morgen wird sie kommen und sich mit Ihnen beschäftigen. Da können Sie sagen, was Sie wollen.«
    »Oder abreisen.«
    »Aber nicht doch. Wollen Sie wirklich so feige sein und einfach von hier verschwinden?«
    »Es wäre vielleicht besser.«
    »Keiner denkt so«, erklärte Rosanna bedauernd. »Keiner von uns würde nur einen Gedanken daran verschwenden. Wo blieb denn der Sinn unseres Lebens, wenn wir dermaßen ängstlich reagierten? Was haben wir alles zu verlieren, Sarah?«
    »Immerhin unser Leben.«
    »Das längst hinter uns liegt. Wir gönnen uns halt den kleinen Bogen der Spannung, nicht wahr?«
    Lady Sarah war da anderer Meinung. Nur hatte es keinen Sinn, darüber mit Rosanna Brandi reden zu wollen. Sie würde es niemals schaffen, die Frau zu überzeugen.
    Der Ober und die beiden Mädchen erschienen wieder. Diesmal trug der Mann weiße Handschuhe, deutete ein Klatschen an. Die Geste wurde verstanden, das Gemurmel der Gäste verstummte.
    »Da wir die Spannung des Abends hinter uns gelassen haben, möchte ich Sie jetzt bitten, die Getränkebestellungen aufzugeben.«
    »Champagner!« krächzte eine alte Frau und zielte mit dem rot lackierten Fingernagel des Zeigefingers auf den Ober.
    »Ja, Champagner!« riefen auch die anderen. »Wir wollen Champagner haben.«
    »Vom besten!« dröhnte die Bassstimme eines männlichen Gastes.
    »Bringen Sie uns vom besten.«
    Der Ober verneigte sich. »Sehr wohl, die Herrschaften, ich werde mich bemühen.«
    Die Mädchen waren bereits eingeweiht und hatten auch die Vorbereitungen getroffen. Wahrscheinlich tranken die Gäste jeden Abend Champagner, denn auf großen Silbertabletts standen die schlanken Gläser für den edlen Saft wie aufgereiht.
    »Wollen Sie auch ein Glas, Sarah?«
    »Nein, ich möchte zunächst in den Keller.«
    Rosanna Brandi lächelte. Ihre Lippen zuckten dabei. »Gut, ich habe Ihnen versprochen, an Ihrer Seite zubleiben, deshalb werde ich Sie führen.«
    »Darum bitte ich.«
    Als die Korken knallten und die Gäste sich um die Mädchen drängten, da fiel es kaum auf, als zwei Frauen den Saal verließen. Es stimmte nicht, dass Lady
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