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0628 - Die Geister vom Leichenbaum

0628 - Die Geister vom Leichenbaum

Titel: 0628 - Die Geister vom Leichenbaum
Autoren: Jason Dark
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öffnete seinem Chef die Tür. Ich stieg ohne Hilfe aus.
    Sir Edgar trug einen hellen Mantel und eine Schiebermütze aus Feincord auf dem Kopf. Ein Mann im weißen Kittel kam uns entgegen, blieb stehen und grüßte.
    Er gehörte zum Team der Ärzte und erklärte auf entsprechende Fragen, daß Halifax noch immer in einer Einzel- und Sicherheitszelle steckte.
    »Hat es sich denn etwas gebessert?« fragte Sir Edgar.
    »Nein. Wir wissen uns keinen Rat. Ihr Neffe kommt uns vor, als wäre er tatsächlich von Dämonen besessen.«
    Brake warf mir einen triumphierenden Blick zu, der soviel bedeuten sollte wie: Da hast du's.
    »Danke, Doc.«
    »Keine Ursache.«
    Wir betraten die Klinik, und mein Eindruck besserte sich nicht. Es gab eine Halle, belegt mit grauen Steinen und Wänden, die kaum anders aussahen. Einige Patienten saßen herum. Die Männer und Frauen schauten uns an, manche lächelten, andere wiederum ließen ihre Lektüre sinken und schauten uns nur neugierig an.
    Sir Edgar war bekannt. Rasch kam ein Arzt, Professor Canter, er ist der Chef der Klinik. Er war ein Mann mit dichten, blonden Haaren und einem geschäftsmäßigen, optimistischen Lächeln auf den Lippen. Sonnenbraun, kräftig. Ein forschender Blick traf meine Gestalt.
    »Sie sind vom Yard?«
    »Richtig.«
    »Ich will Sie ja nicht jetzt schon belehren, doch ich glaube, daß auch Sie nichts erreichen können.«
    »Ich bin kein Arzt, Professor, und möchte mich mit dem Patienten nur unterhalten.«
    »Falls er Ihnen eine Antwort gibt.«
    »Was spräche dagegen?«
    »Sein Verhalten. Er ist manchmal verstockt, dann wieder aggressiv. Ich würde ihn als unberechenbar einstufen. Wir mußten ihn leider in der Zwangsjacke lassen, denn ergriff meine Sicherheitsleute an, und Kraft hat der Patient, das können Sie mir glauben.«
    Sir Edgar lachte leise. »Das stimmt. Vergessen Sie nicht, daß mein Neffe einmal zu den Söldnern gehört hat. Und diese Männer sind hart ausgebildet worden.«
    »Natürlich.«
    Die Sicherheitszellen lagen im Keller oder Souterrain. Dorthin verirrte sich kein Tageslicht, es war muffig, düster und wurde erst heller, als die Leuchtstofflampen brannten.
    Zwei Wärter waren mit uns gegangen. Kräftigen Gestalten, vom Typ her mit den Bodyguards zu vergleichen.
    Ich hatte eine Bitte und trug sie auch rasch vor. »Wenn eben möglich, möchte ich allein mit dem Patienten reden.«
    Professor Canter zog ein Gesicht, als hätte ich ihm soeben meinen Selbstmord angekündigt. »Was wollen Sie?«
    »Allein mit ihm reden.«
    »Aber der Mann ist gefährlich.«
    »Haben Sie ihn nicht in eine Zwangsjacke stecken lassen, Professor?«
    »Klar.«
    »Dann brauche ich mich nicht zu fürchten. Außerdem bin ich kein heuriger Hase, das können Sie mir glauben.«
    Er räusperte sich, schaute seine Wächter an, hob die Schultern und nickte. »Auf Ihre Verantwortung.«
    »Finden Sie das gut, Sinclair?« wollte Sir Edgar von mir wissen.
    »Ja, sonst hätte ich den Vorschlag nicht gemacht.«
    »Bitte, Sie müssen das wissen.«
    Der Professor persönlich öffnete uns das Schloß der dicken, ausbruchsicheren Tür. Acht Augenpaare schaute mich an, als ich die Zelle betreten wollte, wogegen Canter etwas hatte.
    »Wenn Sie Ärger bekommen, können Sie auf den Alarmknopf neben der Tür drücken.«
    »Danke.«
    »Dann viel Glück.«
    Sie ließen mich gehen. Ich öffnete die Tür und schob mich hinein in eine völlig fremde, kahle und auch beklemmende Welt, nackte Wände, kein Fenster, unter der Decke nur mehr ein Lüftungsschacht. Man hatte die Innenmauern in einem blassen Gelb gestrichen. Der Tür gegenüber befand sich die einzige Sitzgelegenheit in der Zelle, eine sehr stabile Pritsche, die in die Wand eingelassen worden war und nur von Hercules hätte zerstört werden können, aber nicht von dem Mann, der nach vorn gebeugt auf der Pritsche saß und mich aus glanzlosen Augen anstarrte.
    Es war Halifax!
    Ein Mensch? Ja, natürlich, aber ein Mensch, der zu bedauern war. Er war regelrecht eingepackt worden. Die Arme verschwanden unter dem reißfesten Material der Zwangsjacke, auch seine Hose bestand aus einem festen Drillichstoff.
    Ich konzentrierte mich auf sein bärtiges Gesicht. Die Haare selbst wuchsen als dunkles Gestrüpp, was seine Haut noch heller erscheinen ließ. Vielleicht war er einmal sonnengebräunt gewesen, in dieser Zelle war die Farbe verlorengegangen. Über der kräftigen Nase wuchsen die Augenbrauen wie dichte Bögen, wobei mich persönlich die Augen
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