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0611 - Der Mondschein-Teufel

0611 - Der Mondschein-Teufel

Titel: 0611 - Der Mondschein-Teufel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sein, daß du den Mercedes mit ’nem Ferrari verwechselst und Englands Straßen mit dem Nürburgring?«
    »Ach, komm«, knurrte Möbius. »Du siehst das alles viel zu verbissen. Ich zeig dir mal, wie lahm die Kiste ist.«
    Er zog Zamorra am Arm nach draußen. Dort stand der doch schon etwas betagte, bisher aber immer zuverlässige 560 SEL auf dem Kiesweg.
    Die Motorhaube war hochgeklappt, und das erste, was Zamorra darunter sah, waren endlos lange Beine und ein hübscher Po in knackengen Jeans-Shorts.
    Als ihre Schritte auf dem Kies knirschten, zeigte sich auch der in einem nicht weniger engen T-Shirt steckende Rest der attraktiven Gestalt, die auf den Namen Nicole Duval hörte.
    »Bin gerade fertig«, erklärte sie und schloß die Motorhaube.
    »Chef, das ist unglaublich. Die Einspritzung war völlig verstellt und die elektronische Abriegelung auch, aber jetzt habe ich’s wieder hingekriegt. Jetzt läuft der Wagen wieder. Ich versteh’s nicht. Von allein kann sich so was überhaupt nicht verstellen, zumindest nicht so kraß. Da muß einer dran gefingert haben.«
    Zamorra sah Möbius an. »Stephan…?«
    »Ja, natürlich habe ich daran gedreht!« fuhr der ›alte Eisenfresser‹ auf. »Ich wollte den Wagen ein bißchen schneller machen.«
    »Oh, nein!« seufzte Nicole. »Schneller? Für Englands Straßen? Sind Sie wahnsinnig, Stephan? Das Auto läuft so schon Tempo 250!«
    »Aber mein 500er macht lockere 280«, behauptete Möbius.
    »Nicht nach Tacho-Anzeige, die hinkt ja eh immer nach, sondern nach exakter Messung einer von Sachverständigen geprüften Radarfalle. Die Messung hat mich drei Monatskarten bei der Bahn und fünftausend Mark Solidaritätszulage für notleidende Amtsgerichte gekostet. Euer 560er müßte doch viel schneller sein, weil er mehr PS und mehr Hubraum hat und…«
    »Aaaahhhrrrrg!« machte Nicole. »Jetzt begreife ich’s - dieser alte Knacker hat versucht, die Elektronik auszuschalten, die bei Tempo 250 automatisch abdrosselt! Kein Wunder, daß danach nix mehr ging! Dafür braucht man ein bißchen Sachverstand.«
    Möbius hüstelte. »Das ›alt‹ will ich aber mal überhört haben! Ich bin erst 70!«
    »Aber das schon seit zehn Jahren«, meine Zamorra und grinste ihn an. »Wenn’s um Geburtstage geht, feierst du wohl nur noch die Nullen.«
    »Nullen habe ich stets gefeuert, nicht gefeiert«, brummte Möbius.
    Er war tatsächlich Mitte siebzig, hatte sich vor mehr als zehn Jahren völlig aus dem Erwerbsleben zurückgezogen und die Firma seinem Sohn Garsten übergeben. Eine Firma, die zu den größten Konzernen der Welt zählte und an ein paar Dutzend Ländern vertreten war.
    Der ›alte Eisenfresser‹ hatte diese Firma aufgebaut, und Zamorra und er waren seit vielen Jahren Freunde. In früheren Zeiten, als Stephan Möbius seinen Konzern noch selbst leitete, waren Zamorra und Garsten Möbius oft genug gemeinsam auf Dämonenjagd gegangen. Seit der Junior nun die Firma leitete, fand er für solche Abenteuer natürlich keine Zeit mehr.
    Kennengelernt hatten sie sich alle, als sowohl Zamorra wie auch Stephan Möbius das Beaminster-Cottage hatten kaufen wollten, das gemütlich eingerichtete Haus in der südenglischen Grafschaft Dorset, das zu Zamorras zweitem Stützpunkt neben seinem Château Montagne in Frankreich geworden war.
    Zuerst hatte Möbius das Rennen gemacht, das Haus aber später an Zamorra weiterverkauft. Dafür hatte er ein lebenslanges Nutzungsrecht sowohl privat als auch für die Firma erhalten - es mußte eben nur mit Zamorra abgesprochen werden -, und der Möbius-Konzern nutzte das Haus in letzter Zeit verstärkt für Mitarbeiterschulungen.
    Im Moment lief keine Schulung. Stephan Möbius hatte sich privat hier eingenistet, um ein paar Tage ›Urlaub‹ zu machen, wie er es nannte. Bei einem Pensionär, der sich nur noch von den Zinsen der Erträge, die seine Firma abwarf, einen schönen Lebensabend gestaltete, war der Begriff ›Urlaub‹ natürlich schon beinahe ein Witz. Aber es war verständlich, daß der ›alte Eisenfresser‹ auch mal wieder etwas anderes sehen wollte als nur seinen Altersruhesitz im Harz.
    Dort waren sie sich zuletzt begegnet - doch das lag auch schon wieder über ein Jahr zurück. Damals war es dem Dämon Zorrn an den Kragen gegangen, der auf dem Hexentanzplatz von Thale sein Ende gefunden hatte. [1]
    Kein Wunder, daß Möbius nach so langer Zeit seine alten Freunde einmal wiedersehen wollte. Also machte er Urlaub in England und hatte Zamorra und
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