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0597 - Leichen-Ladies

0597 - Leichen-Ladies

Titel: 0597 - Leichen-Ladies
Autoren: Jason Dark
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zuzuwachsen.
    Mary stand auf.
    Sie bekam schlecht Luft. Immer wenn sie einatmete, drückte sie den Oberkörper zurück. Mit der Zungenspitze leckte sie sich den Schweiß von den Lippen. Manchmal drehte sich das kleine Fenster vor ihren Augen, da wurden sogar die Gitterstäbe zu einer kompakten Masse, und die Zwischenräume verschwanden.
    Mauern, nichts als Mauern – dazu die dumpfe Luft, geschwängert von Fäulnis und Moder.
    In ihren Beinen kribbelte es. Sie konnte nicht sitzen und nicht stehen, sie mußte einfach gehen. Wieder lief sie auf das Fenster zu. Es lag hoch, viel zu hoch. Um nach draußen schauen zu können, mußte sie die Gitterstäbe mit beiden Händen umklammern und sich auf die Zehenspitzen stellen. Sie sah einen Teil des Himmels, aber keine Sonne mehr, die sich längst aus der Höhe verabschiedet hatte und mit letzten, schräg fallenden Strahlen nur mehr das Grün der Bäume erreichte.
    Die hohen Kronen warfen Schatten, die sich auf dem Hof ausbreiteten. Sie schufen eine fleckige Dunkelheit, die hin und wieder von hellen Stellen unterbrochen wurde.
    Die Gefangene drehte den Kopf nach links. Von John und seinem Freund sah sie nichts mehr. Sie wußte, daß beide in dem Haus verschwunden waren und den Weg zu ihrem Verlies suchten.
    Aber Mallmann würde lauern. Bestimmt hatte er längst erfahren, wer sich da näherte.
    Jane Collins fiel ihr ebenfalls ein. Auch sie würde versuchen, die Gefangene zu befreien. Nur hatte sie von Jane nichts mehr gehört.
    War sie in die Falle des Blutsaugers gelaufen?
    Tief atmete sie durch. Wind war aufgekommen. Er fand auch seinen Weg in das Gefängnis. Mary Sinclair hielt ihm ihr Gesicht entgegen. Sie hatte auf eine Kühle gehofft, aber der Wind war einfach zu warm. Er paßte zu der drückenden Schwüle, die sich wie ein Teppich über das gesamte Land gelegt hatte.
    Bestimmt würde es in der Nacht oder am Abend ein Gewitter geben. Mary hatte mehrere dieser Unwetter erlebt. Dann war ihr die Gefangenschaft noch schlimmer vorgekommen, wenn die Blitze aufzuckten und der Donner krachte.
    Die Spannung stieg. Mit dieser Tatsache erhöhte sich auch ihr Herzschlag. Die alte Frau spürte das harte Trommeln, das ihr beinahe den Atem raubte.
    In dieser Nacht würde es zu einer Entscheidung kommen, das stand für sie fest.
    Es gab drei Möglichkeiten. Entweder blieb sie am Leben, starb oder lief als Vampir umher. Die letzte gefiel ihr überhaupt nicht.
    Dann lieber tot sein.
    Sie drehte sich hastig um, als sie hinter sich ein Knarren vernahm, das sie kannte.
    Die Tür des Verlieses wurde aufgestoßen. Sie bestand aus dicken Holzbohlen, die auch die langen Jahrhunderte nicht hatten schwächen können. Im ersten Augenblick durchzuckte sie ein Strahl der Freude, weil sie an ihren Sohn dachte, der das Verlies gefunden hatte.
    Um so größer war die Enttäuschung, als die Gefangene erkannte, wer sich da mit gleitenden Schritten in das Verlies hineinschob und vor der Tür stehenblieb.
    Mallmann, der Blutsauger!
    Mary rührte sich nicht. Sie stand vor dem Fenster wie eine Statue.
    Das Blut stockte. Es war zu Eis geworden, und ein eisiger Schauer rann auch über ihren Rücken.
    Der Vampir rührte sich nicht. Mit seinen rötlichen Augen stierte er sie grausam an. Keine Falte fürchte die glatte Haut. Der Mund war zusammengepreßt, die Lippen bildeten einen Strich.
    Es war das Böse, das den Eintritt in ihr Gefängnis gefunden hatte.
    Das absolute Grauen, das Menschen verachtende, und sie preßte ihre Hand auf die Herzgegend, als könnte sie so ein heftiges Schlagen vermeiden.
    Reden konnte sie nicht, aber sie forschte im Gesicht des Blutsaugers nach Zeichen einer Veränderung. War etwas geschehen, das ihn anders reagieren ließ?
    Das Schweigen stand zwischen den beiden unterschiedlichen Personen wie eine dicke Wand, die erst durch die Schritte des Vampirs unterbrochen wurde, als Mallmann auf sie zukam.
    Er ging langsam, seine Arme pendelten rechts und links des Körpers. Und er ging wie ein Mensch, der sich seiner Stärke wohl bewußt war. Er war gekommen, um abzurechnen, das wußte Mary Sinclair, ohne daß Mallmann ein Wort hätte zu sagen brauchen. Ihr fiel auf, daß seine Kleidung schmutzig geworden war, als hätte er sich irgendwo auf dem Boden gewälzt.
    Einen Schritt vor ihr blieb er stehen und bohrte seinen Blick in ihre Augen.
    Mary Sinclair riß sich unheimlich zusammen. Sie wagte kaum, Luft zu holen, aber sie wußte, daß sich etwas verändert hatte. Wahrscheinlich war Mallmann mit
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