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059 - Der Folterknecht

059 - Der Folterknecht

Titel: 059 - Der Folterknecht
Autoren: Paul Wolf
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vermitteln, aber Miß Pickford schnitt ihm das Wort ab.
    „Sie! Sie stecken doch mit diesem Folterknecht unter einer Decke!“ Miß Pickford wandte sich wieder Phillip zu, der sich im Sessel wand. „Was wolltest du uns mitteilen, Phillip? Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten. Ich bin jetzt bei dir. Hast du uns etwas mitzuteilen?“
    „Lassen Sie ihn doch in Ruhe!“ herrschte Dorian sie an. „Sehen Sie denn nicht, daß Ihre Anwesenheit ihn hemmt? Ihre Betulichkeit schadet ihm mehr, als wenn ich ihn hart anfasse.“
    „Solange ich bei Phillip bin, werde ich nicht zulassen, daß Sie bei ihm Ihre mittelalterlichen Methoden anwenden“, entgegnete sie würdevoll.
    Sie hatte kaum ausgesprochen, als Phillip aus dem Sessel hochsprang, Miß Pickford zur Seite stieß und sich auf den Berg von Büchern stürzte. Er bekam ein kleines, in Leder gebundenes Büchlein zu fassen und wollte es in Stücke reißen. Dorian konnte gerade noch hinzuspringen und ihm den Lederband entwinden. Phillip gebärdete sich daraufhin wie verrückt. Erst als sich Miß Pickford einschaltete, beruhigte sich der Hermaphrodit wieder.
    „Komm, Phillip!“ Sie sprach begütigend auf ihn ein. „Wir verlassen am besten dieses schreckliche Haus.“ Sie sah Dorian angriffslustig an. „Sie haben hoffentlich nichts dagegen, wenn ich Phillip in die Sicherheit der Jugendstil-Villa zurückbringe, Mr. Hunter.“
    „Gehen Sie nur ruhig“, seufzte er. Und als sie außer Hörweite war, fügte er grimmig hinzu. „Hoffentlich wird sie einmal von einem Vampir gebissen, damit ich sie pfählen kann.“
    „Na, na“, sagte Donald Chapman besänftigend. „So schlimm ist sie nun auch wieder nicht. Gerechterweise muß man sagen, daß sie auch ihre guten Seiten hat. Du bist heute aber besonders gereizt, Dorian. Ist wohl besser, dich allein zu lassen. Ich melde mich wieder.“
    Er sprang behende von der Leiter herunter.
     

     

Als Dorian allein war, entsann er sich wieder des schmalen, handlichen Buches in seinen Händen.
    Er schlug die ersten Seiten auf und starrte auf das unbeschriebene, vergilbte Pergament. Auf der zweiten Seite fand er dann eine handschriftliche Notiz. Er mußte sie zweimal lesen. Sie war in Frühneuhochdeutsch abgefaßt.
    Wie ich mich dem Teifel verschrieben habe und von ihm gedaufft worden, Vund warumben ich nach Konstanz gefahren.
    Unterzeichnet war der Text mit Baron Nicolas de Conde.
    Dorian überflog die Seiten und erkannte, daß er die Tagebuchaufzeichnung des Barons de Conde vor sich hatte. Die erste Eintragung stammte vom 21. Januar 1485 und schilderte die Erlebnisse des Barons von der Mitte des vergangenen Dezembers an. Dorian fand es merkwürdig, daß ein französischer Baron sein Tagebuch in deutscher Sprache schrieb, doch nach einer oberflächlichen Sichtung des Textes war ihm klar, daß der Baron hatte verhindern wollen, daß seine Aufzeichnungen von jedermann verstanden werden konnten.
    Der Dämonenkiller konnte sich nicht erinnern, schon jemals dieses Dokument gelesen zu haben. Warum war ihm ausgerechnet dieses Tagebuch in die Hände gefallen? Wollte ihm der Hermaphrodit damit einen Hinweis geben?
    Dorian hatte sich in sein Haus zurückgezogen, um mit Hilfe der alten Schriften die Vergangenheit zu durchforschen. Bisher war Dorian dem Fürst der Finsternis noch nicht lästig geworden, doch durch die Ermordung der Hexe Reuchlin und die Geschehnisse in Hongkong war Asmodi persönlich herausgefordert worden. Jetzt konnte er dem Treiben des Dämonenkillers nicht mehr gelassen zusehen.
    Wenn Dorian auch nur die geringste Überlebenschance haben wollte, mußte er Asmodi zuvorkommen. Doch kam man an den Fürst der Finsternis nicht so leicht heran. Das Oberhaupt der Schwarzen Familie hatte einen fast undurchdringlichen Schutzwall um sich gezogen, um sich vor Angriffen von außen wie vor Anschlägen aus den eigenen Reihen zu schützen. Es gab nur einen Weg, Asmodi, der wahrscheinlich schon einige Jahrhunderte an der Macht war, beizukommen: Man mußte seine Identität herausfinden, seinen wahren Namen, seinen Geburtsort und sich so viele Daten wie nur möglich über seine Person beschaffen. Und diese hoffte Dorian in den Unterlagen über die Hexenprozesse und in anderen Dokumenten seiner Sammlung zu finden. Vielleicht half ihm auch das Tagebuch des Barons de Conde weiter, in dem schon auf den ersten Seiten ein Hexensabbat beschrieben wurde, den Asmodi geleitet hatte.
    Dorian kam immer mehr zu der Überzeugung, daß der Hermaphrodit
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