Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

0581 - Die Geistermutanten

Titel: 0581 - Die Geistermutanten
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
Gewisper, Gesumme und Geflüster erfüllte ihn bis in den hintersten Winkel. Mehr als fünfzig Meter unterhalb des Laufgangs lag die Sohle des Kessels, kreisförmig, vierhundert Meter im Durchmesser. Auf diesem Raum drängte sich Gerät an Gerät, Rechner an Rechner, Speicher an Speicher. Hier stand Dr. Savrins Stolz - die gewaltigste Datenverarbeitungsanlage des Solaren Imperiums. So wenigstens nannte er sie, denn in seinem Sprachgebrauch war das Riesenrechenhirn Nathan auf dem Mond, das seine Installation an Größe weit übertraf, keine Datenverarbeitungsanlage, sondern eine Kombinatorik. Hier, achthundert Meter unter der alten Gobi-Stadt Sayn Shanda, war die größte organikfreie Speicherkapazität errichtet worden, die die Geschichte der irdischen Informatik je gesehen hatte: Dreieinhalb Quadrillionen Zeichen im Direktabgriff, jedes Zeichen zu zwölf Bits nach den Vorschriften des GIBCII (General Interstellar Binary Code for Information Interchange). Hier war alles gespeichert, was der Menschheit jemals als wissenswert erschienen war oder noch erschien. Vor allem lagerte in diesen Speichern die zentrale Kartei der Menschheit, eine genaue Beschreibung eines jeden Individuums, das jemals die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich gelenkt oder aus eigenem Antrieb den Antrag gestellt hatte, daß seine Personalien in der Zentralkartei aufgezeichnet würden. Hier gab es Informationen über den Politiker, der des Schutzes vor seinen rabiaten Gegnern bedurfte, wie über den gewohnheitsmäßigen Mörder, vor dem die Allgemeinheit geschützt werden mußte, und auch über William B.
    Johnsohn, Friedrich Mayer und Ling-Pu Chen, die der Ansicht gewesen waren, daß ihre Charakteristiken der Nachwelt überliefert werden sollten, und daher Antrag auf Registrierung gestellt hatten.
    Dieser ungeheure Schatz an Wissen verkörperte eine ebenso ungeheure Macht. Obwohl es sich bei Dr. Savrins Rechenzentrum um eine zivile Installation handelte, waren die Sicherheitsvorkehrungen ebenso strikt wie bei dem geheimsten militärischen Projekt. Die Regierung des Imperiums betrachtete es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, die Privatsphäre ihrer Bürger vor unbefugten Übergriffen zu schützen. Kein einzelner Mensch war berechtigt - oder dazu in der Lage - mehr als ein Prozent der gesamten Speicherkapazität abzufragen. Nur einem Gremium stand das Recht zu, den gesamten Speicher zu kontrollieren; nur einer Gruppe von Personen, an deren Verantwortlichkeit keinerlei Zweifel bestand. Es gab zwei solcher Gremien: Das Parlament des terranischen Imperiums und die Führungsgruppe des Zentralamtes für Statistik, bestehend aus Dr. Savrin, seinen Assistenten und zwei hohen Verwaltungsbeamten. Beide Gruppen bedurften der Zustimmung des Großadministrators. Das Parlament allerdings war in der Lage, die Verweigerung der Erlaubnis durch einen mit wenigstens Zweidrittelmehrheit gefaßten Beschluß unwirksam zu machen.
    Dieses sein Reich, die Verwirklichung seiner Träume, betrachtete Eldor Savrin aus der Höhe des Rundgangs. Über ihm wuchtete die Kuppeldecke in die Höhe und kulminierte in einem mehr als hundert Meter über der Kesselsohle liegenden Apex, in dem eine Sonnenlampe strahlte und das gewaltige Felsengemach mit tagesgleicher Helligkeit erfüllte.
    Er verbrachte zwei Minuten in stiller Bewunderung, dann schritt er den plastikmetallenen Rundgang entlang bis zu einer Nische, die aus dem rohen Fels gehauen und mit Leuchtplatten verkleidet war. Hier standen Reihen von Schaltkonsolen, die sich um ein zentrales, auf einem Podest installiertes Schaltpult gruppierten.
    Hier, nicht unten, auf der Sohle des Kessels, befand sich das Nervenzentrum der gewaltigen Anlage. Hier liefen die Stränge zusammen, durch die das System dirigiert, kontrolliert, überwacht und geprüft wurde. Das zentrale Schaltpult vereinigte in sich sämtliche Prüffunktionen, mit deren Hilfe die gesamte Anlage, bis hinab zur kleinsten Untereinheit, auf Herz und Nieren geprüft werden konnte.
    Die Prüfstation in der Nische war normalerweise nur tagsüber besetzt. Die Verläßlichkeit des Systems war derart, daß ein Versagen während der Abend- und Nachtstunden, während der die Anlage nur mit der Verarbeitung von Routineangelegenheiten beschäftigt war, so gut wie unmöglich war. Nur tagsüber wurde hier gearbeitet; denn die Experimente, mit denen Dr. Savrin und sein Mitarbeiterstab sich beschäftigten, erhöhten die Wahrscheinlichkeit eines kritischen Fehlers bis auf einen Wert,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher