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0577 - Gebieter der Nacht

0577 - Gebieter der Nacht

Titel: 0577 - Gebieter der Nacht
Autoren: Werner Kurt Giesa
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konnte er unauffällig zwischen den Sterblichen wandeln.
    Morano begann sich in der Welt einzurichten. Er fühlte sich gut nach dem langen Schlaf in der Abgeschiedenheit.
    Er hoffte, daß man ihn diesmal in Ruhe lassen würde.
    Wer wußte denn schon davon, daß er zurückgekehrt war? Bestimmt nicht der Vampirjäger, der ihm damals so zu schaffen gemacht hatte und der möglicherweise längst nicht mehr lebte. So alt er auch geworden war, konnte er doch nicht immer siegen, was ihm ja auch Morano bewiesen hatte.
    Und was war mit Sarkana?
    Morano hatte nicht vor, dem alten Sippenoberhaupt in die Quere zu kommen. Er wollte nur seine Ruhe haben. Und diesmal vielleicht ein wenig länger seine Existenz genießen können.
    Mehr nicht…
    ***
    Dr. Sue Tanner sah die Sonne nicht aufgehen.
    Sie erwachte erst später. Viel zu spät, wie sie fand. Sie mußte den Wecker völlig überhört haben. Oder nein… Ein Kontrollblick verriet ihr, daß sie ihn abgeschaltet hatte.
    Das passierte ihr höchst selten -vielleicht mal im Urlaub, wenn es um nichts Wichtiges ging, sondern »nur« um eher nebensächliche Termine, die sich leicht verschieben oder verschmerzen ließen. Wie zum Beispiel das Hotelfrühstück…
    Sue fühlte sich merkwürdig benommen. Nicht richtig müde, aber auch nicht richtig wach. Dabei hatte sie immerhin wesentlich länger geschlafen, als sie ursprünglich geplant hatte. Warum hatte sie dann den Wecker ignoriert?
    Es schien, als befände sie sich ein wenig neben sich selbst.
    Vage Erinnerungsbilder gingen ihr durch den Kopf. Ein großer Mann mit langem, schwarzem Haar und eindrucksvollen Augen… Eine dunkle Stimme, streichelnde Hände, küssende Lippen…
    Und mehr… Die Betthälfte neben ihr war benutzt, und der Gedanke an den Fremden zeigte beruhigende Wirkung auf sie. Plötzlich war es gar nicht mehr so schlimm, daß sie den Wecker ignoriert hatte.
    Sie erhob sich. Durch die offene Balkontür drang blendende, warme Helligkeit herein. Fast etwas zu hell. Sues Kleidungsstücke waren wild im Zimmer verstreut - und nicht nur hier, sondern auch im Flur und bis hin zur Wohnungstür, wo die Spur ihren Anfang nahm. Von »seinen« Sachen war nichts zurückgeblieben, »er« war spurlos verschwunden.
    Seltsam nur, daß der Wohnungsschlüssel von innen steckte und zweimal herumgedreht war, wie bei Sue üblich. Sie konnte sich nicht erinnern, daß sie den Mann irgendwann in der Nacht hinausgelassen hatte.
    Aber »er« war fort. Und sie konnte sich nicht mal an seinen Namen erinnern.
    Versonnen durchquerte sie das Wohnzimmer, vorbei an den leeren Champagnergläsern und dem halbgefüllten Aschenbecher. Die Stereoanlage war noch im Stand-By-Betrieb, im Vorbeigehen berührte Sue die Taste des CD-Players, und fast, augenblicklich erklang wieder die einschmeichelnde Melodie der letzten Nacht…
    Sie trat aus dem Wohnzimmer auf den Balkon hinaus, reckte sich in der milden Sommerluft. Auch hier Spuren nächtlicher Triebsamkeit. Ein kurzer Blick zum Nachbarhaus - ob der alte Spanner von gegenüber etwas mitbekommen hatte? Normalerweise schaute er ihr eher morgens zu, wenn sie ihre Frühgymnastik durchführte. Im Winter am offenen Fenster, im Sommer auf dem Balkon.
    Jetzt war er nicht auf seinem Balkon. Es war ja auch die falsche Uhrzeit. Die Tür stand zwar offen, aber die Rolläden aller Fenster waren heruntergelassen.
    Seltsam…
    Sue machte ein paar ihrer Übungen und kehrte dann durch die noch immer offene zweite Balkontür ins Schlafzimmer zurück. Ein seltsamer Duft fiel ihr auf, den sie vorhin nicht bemerkt hatte. Er erinnerte sie wieder an ihren geheimnisvollen Nachtgefährten. Diese Duftnuance hatte sie noch bei keinem anderen Menschen registriert.
    Wieder fragte sie sich, auf welche Weise »er« irgendwann in der Nacht verschwunden war. Über das Balkongeländer hinab geklettert war er sicher nicht. Die Mieter unter ihr hielten einen lauten und durchaus beißfreudigen Hund, der nachts auch Auslauf auf den Balkon hatte - eben damit niemand von der Terrasse im Parterre herauf kletterte. Immerhin besaß man nebst dem Köter etwas Tafelsilber und eine hübsche Tochter und wollte beides nicht in der Hand eines Fremden sehen…
    Schulterzuckend ging Sue ins Bad, duschte und kümmerte sich um ihr Make-up.
    Dabei fielen ihr zwei winzige Punkte am Hals auf, wie Mückenstiche. Aber sie juckten nicht.
    Sue überschminkte sie, setzte sich an den Frühstückstisch und wunderte sich darüber, keinen Appetit zu verspüren. Gerade mal den
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