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0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen

Titel: 0515 - Schreie aus dem Werwolf-Brunnen
Autoren: Jason Dark
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Der Himmel war grau, und diese Farbe verteilte sich über der Stadt, wenn auch als etwas hellerer Dunst.
    Von Männern und Frauen war es gleichmäßig gut besucht. Wer hier saß, trank Tee oder Punsch. Auch Glühwein wurde ausgeschenkt. Auf der Theke stand ein kleiner Tannenbaum mit elektrischen Kerzen. Zum Glück war es ein echter und keiner aus Kunststoff.
    Ich fand einen Platz an der Theke und hängte die dicke Winterjacke hinter mir an einen Haken.
    Der Wirt hatte sein schwarzes Haar glatt nach hinten gekämmt. Er war im Stil der alten Barkeeper aus den Vierzigern oder Fünfzigern angezogen. Ein weißes Hemd, eine schwarze Weste ohne Ärmel und eine ebenfalls schwarze Hose.
    »Was darf ich Ihnen bringen, Sir?« Er schob mir eine kleine Schale mit gesalzenen Erdnüssen über die blanke Tresenplatte zu.
    »Ein Glühwein wäre bei diesem Wetter nicht schlecht – oder?«
    »Da haben Sie recht, Sir.«
    »Dann geben Sie mir ein Glas.«
    »Kommt sofort, Sir.«
    Im Lokal bediente ein zweiter Mann, der aussah wie der Bruder des hinter der Theke arbeitenden.
    Der Glühwein kam schnell. Links von mir, an einem runden Tisch, saß eine Gruppe von Männern und Frauen, die sich köstlich amüsierten und über ihre Firma herzogen.
    Ich bekam meinen Glühwein. Der Dampf stieg mir entgegen. Mit einem schmalen Löffel rührte, ich noch einmal um und trank in vorsichtigen Schlucken.
    Der Glühwein brannte zunächst im Mund. Nach dem dritten Schluck hatte ich mich dann an ihn gewöhnt. Jetzt begann er zu schmecken.
    Ich zündete mir eine Zigarette an und schaute in die aus meinem Mund aufsteigenden Rauchwolken.
    Zu arbeiten, ist eine Sache. Durch die Stadt zu laufen und Geschenke auszusuchen, eine andere. Beides kann erschöpfen. Mir erging es so, daß ich von der Lauferei ziemlich kaputt war.
    Eigentlich hatte ich darüber nachdenken wollen, was ich Glenda kaufen wollte, das brachte ich einfach nicht fertig. Es mußte an der Atmosphäre liegen, daß meine Gedanken auf Wanderschaft gingen und ich mich nicht konzentrieren konnte.
    Alles war irgendwie anders. Ich hatte das Gefühl, auf einer Insel zu hocken. Ich wurde schläfrig, entspannte mich tatsächlich und merkte kaum, daß ich mein Glas schon leergetrunken hatte.
    Erst als der Keeper fragte, ob er mir noch ein zweites servieren könnte, schreckte ich hoch.
    »Ja, natürlich, gern.«
    »Er schmeckt Ihnen, Sir?«
    »Sehr gut.«
    »Das freut mich. Dieser Glühwein ist unsere Spezialität, wenn Sie verstehen.«
    »Gratuliere.«
    »Sie sind aber zum erstenmal hier…?«
    Ich nickte ihm zu. »Sicher. Ich wohne ein wenig weit weg, muß aber sagen, daß es mir gefällt.«
    »So ist das oft.«
    Er wurde gerufen, weil die Gäste am runden Tisch auch Glühwein bestellten.
    Mittlerweile war es draußen längst dunkel geworden. Wenn ich mich drehte und aus dem Fenster schaute, sah ich die Menschen als Schatten vor den Scheiben einherwandern, hin und wieder von Scheinwerfern vorbeifahrender Wagen angestrahlt.
    Ich bekam mein zweites Glas und griff auch zu einer weiteren Zigarette.
    Eigentlich hatte ich mir das Rauchen abgewöhnen wollen, aber es klappte nicht so richtig. Es gab Tage, wo ich überhaupt nicht rauchte, und dann wieder – so wie jetzt – überkam es mich. Manchmal ist der Mensch willensschwach.
    Auch wenn man nicht allein in einem Pub sitzt, kann man sich einsam vorkommen. Von diesem Gefühl bekam ich etwas mit. Ich dachte daran, wie ich die Feiertage verbringen wollte, falls ich dazu kam und mir meine Gegner Zeit ließen.
    Vielleicht würde ich nach Schottland fahren, wo meine Eltern wohnten. Das wäre gar nicht mal schlecht gewesen. Ich fühlte mich dort sehr wohl, und meine Mutter würde wieder anfangen, wie eine Weltmeisterin zu kochen. Noch dauerte es drei Wochen, und in dieser Zeit, das wußte ich aus Erfahrung, konnte verdammt viel passieren.
    Das Telefon stand im Regal hinter der Theke, umrahmt von mehreren Flaschen.
    Es hatte einige Male geklingelt, aber keiner der Gäste war zum Apparat gerufen worden. Es ging bei den Anrufen stets um Tischreservierungen, die der Keeper notierte.
    Auch als jetzt das Telefon klingelte, würde es wieder um das gleiche Thema gehen, doch diesmal irrte ich mich. Der Keeper hielt den Hörer vom Ohr weg, schaute sich um, bis sein Blick auf mir haften blieb. Er fragte: »Sie sind Mr. Sinclair?«
    »Das bin ich.«
    »Da ist jemand, der Sie sprechen möchte.« Er reichte mir den Apparat herüber.
    Ich war überrascht und erstaunt zugleich. Wer
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