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0487 - Griff aus dem Nichts

0487 - Griff aus dem Nichts

Titel: 0487 - Griff aus dem Nichts
Autoren: Werner Kurt Giesa
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voran. Er rechnete stets damit, auf einen der mörderischen Priester zu stoßen, die sein Land ins Unheil trieben, oder auf einen jener Unheimlichen, gegen die nur die Blitzwaffe half. Doch diese Waffe hatte er in seinem Quartier zurücklassen müssen, als er floh. Das einzige, was er besaß, war ein erbeuteter Degen.
    Landaron vernahm dumpfe Laute, einen seltsamen Gesang. Er huschte bis zu einer Tür, hinter der die Laute erklangen, und schob sie einen schmalen Spaltweit auf.
    Ein eisiger Schauer überlief ihn.
    Er sah den Priester Robor. Sein Vater hatte immer nur in Ehrfurcht von Robor gesprochen. Er schien über eine erheblich größere Machtfülle zu verfügen als die anderen Brüder vom Stein. Und er mußte eine recht undurchsichtige Rolle in der Bruderschaft spielen.
    Robor war nicht allein.
    Zwei der unheimlichen Kuttenträger befanden sich mit ihm im Raum, dessen Zentrum ein schwarzer Altarblock war. Und darauf - lag Sula!
    Sie war nicht gefesselt. Aber sie schien von einem magischen Bann gelähmt zu sein. Freiwillig würde sie diese entsetzliche Prozedur niemals über sich ergehen lassen; dafür liebte sie ihr Leben viel zu sehr. Aber das Ritualmesser in Robors Hand bewies, daß Sulas Leben hier in wenigen Augenblicken enden sollte.
    Ein seltsam süßlicher Geruch hing in der Luft. Er erinnerte Landaron an den Nektar der Regenbogenblumen, deren einziger Zweck es zu sein schien, buntschillernd zu blühen und Substanzen zu liefern, mit denen diverse Krankheiten geheilt oder zumindest gelindert werden konnten.
    Robor sang seine dunklen Beschwörungsformeln. Entsetzt erkannte Landaron, daß der Priester einen Dämon rief. »Ich rufe dich an und beschwöre dich, o, Geist Gaap, und gerüstet mit der Kraft der Höchsten Majestät befehle ich dir bei Beralanensis, Baldachiensis, Paumachia und Apologiae Sedes, bei den allermächtigsten Prinzen der Dunkelheit, Genii, Liachidae und Ministern des Tartarus, und bei den obersten Prinzen des Sitzes von Apologia in der neunten Legion rufe ich dich an, und mit dem Anrufen beschwöre ich dich…«
    Landaron erschauerte. »… bei den Namen Adonai, El, Elohim, Elohi, Ehyeh Ascher Eyheh, Zabaoth, Eiion, Iah, Tetragrammaton, Schaddai, befehle ich dir machtvoll, daß du unverzüglich hier vor diesem Kreise in schöner menschlicher Gestalt ohne jede Verunstaltung oder Unlauterkeit erscheinst…«
    »Nein«, flüsterte der heimliche Be obachter. »Es darf nicht sein.« In den Brüdern vom Stein hatte er immer das Böse gesehen, das Kriegstreibende. Aber was er hier sah, sprengte jeden Rahmen.
    »… und so gebe ich dir zum Opfer und zur Nahrung im Namen des…«
    Da hielt Landaron es nicht mehr aus.
    In einer wirbelnden Bewegung zückte er die Klinge, stieß die Tür endgültig auf, und mit einem wilden, verzweifelten Aufschrei stürzte er auf den Blutaltar und den mörderischen Opferpriester Robor zu.
    ***
    Die Flammen fraßen die Regenbogenblumen. Nicole hätte heulen können. Ihr war, als zöge ihr jemand den Boden unter den Füßen weg. Es gab nichts, was sie hätte tun können. Sie konnte nur atemlos von der Flucht vor dem Feuer dastehen und Zusehen, wie das Tor zurück zum Château Montagne ein Raub der Flammen wurde. Irgendwie hatte sie dabei das Gefühl, die mächtigen Schwingen eines unsichtbaren Dämons zu fühlen, der über das Land hinwegstrich und die Sterne verdunkeln wollte.
    Plötzlich vermißte sie Don Cristofero. Der stand nicht mehr neben ihr, sondern hatte sich stillschweigend entfernt.
    »Was zum Teufel stellte dieser Knilch denn jetzt wieder an?« entfuhr es ihr, und unwillkürlich glitt ihre Hand zur Tasche, in der die Strahlwaffe steckte. Aber plötzlich war Cristofero wieder da, nur tauchte er nicht allein auf, sondern trieb eine seltsame Gestalt vor sich her. Cristoferos Degenspitze bedrohte einen Mann in einer Mönchskutte. Plötzlich begriff Nicole.
    Ein Mönch in einer Kutte! Hatte Cristofero nicht bei seiner Erzählung von der ihm nachstellenden Schwangeren bei Hofe immer wieder einen Mönch erwähnt, der der eigentliche Verursacher jener bedauerlichen Ereigniskette gewesen sein sollte? Hatte Cristofero möglicherweise, als er samt Sessel zwischen die Regenbogenblumen in Zamorras Keller gezaubert wurde, intensiv an eben jenen Mönch gedacht oder sich zumindest dessen äußeres Erscheinungsbild vor Augen gehalten?
    Das mußte es sein!
    Wenn der Typ, den Cristofero vor sich her stieß, da schon vor Ort gewesen war, lag der Fall klar auf der Hand.
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