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0479 - Der Blutjäger

0479 - Der Blutjäger

Titel: 0479 - Der Blutjäger
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nächstes Leben entwickeln kann!
    Bittend streckte der Lord die Hand aus.
    »Tu mir den Gefallen, mein Junge«, sagte er heiser.
    Zamorra seufzte. »Du hast mich seinerzeit in deinen Clan adoptiert«, sagte er leise. »Du hast mir später einen ganz bestimmten Weg gezeigt. Und jedesmal hat es unmenschliche Schwierigkeiten und Ärger gegeben. Himmel, Bryont, kannst du den Weg, den du mir zeigtest, nicht selbst gehen?«
    »Nein, Zamorra. Das ist mir verwehrt. Setzt euch jetzt, laßt uns frühstücken, und dann machen wir einen gemeinsamen Ausritt. - Wir drei«, schränkte er ein. »Für Patricia ist das inzwischen zu anstrengend. Aber um das Thema endgültig zu wechseln -wir sprachen vorhin von ihm: Wie geht es Gryf eigentlich, diesem alten, größten Schürzenjäger und Vampirkiller unter der Sonne?«
    ***
    Gryf ging es schlecht. Er hatte nur wenig geschlafen, und das getrunkene Vampirblut machte ihm immer noch zu schaffen. Er bekam es nicht aus seinem Kreislauf hinaus, und es machte sich in ihm immer stärker bemerkbar. Natürlich würde er dadurch nicht zum Vampir werden, das war im völlig klar. Aber es blockierte teilweise seine Fähigkeiten, es hemmte seine Entschlußkraft und Urteilsfähigkeit.
    Dennoch war er nunmehr zu einem Entschluß gekommen.
    Er würde Rhiannon nicht mehr aus den Augen lassen. Er würde ständig in ihrer Nähe sein - mit ihrem oder auch gegen ihren Willen. Sie würde das nicht verhindern können. Schließlich war er ja nicht gezwungen, sich ihr zu zeigen. Er konnte sich tarnen oder verstecken. Er brauchte dieses Versteckspiel ja nur solange durchzuziehen, bis der Vampir bei ihr erschien. Dann würde er ihm einen geweihten Eichenpflock ins Herz treiben. Wenn Rhiannon dann zusehen mußte, wie der Blutsauger innerhalb weniger Augenblicke zu Staub zerfiel, würde sie ihm wohl glauben müssen.
    Und dann - konnte er vielleicht zusammen mit ihr einen neuen Anfang machen.
    Er ging zu Fuß zu ihrem Wohnblock; immerhin besaß er noch so viel Denkvermögen, um zu begreifen, daß er seine Kräfte nicht zu früh verausgaben durfte. Er würde sie noch bitter nötig brauchen…
    ***
    Unwillkürlich zuckte Rhiannon heftig zusammen, als die Türklingel anschlug. Wer ist das? durchfuhr es sie. Der Wunsch, es möchte sich um Sir Ronald handeln, wurde jäh übermächtig in ihr, und mit einem Sprung war sie am Fenster, um einen Blick auf die Straße zu werfen. Aber der Rolls-Royce parkte nicht dort.
    Es wäre ja auch zu schön gewesen…
    Mit diesem aufdringlichen Gryf, der mit seinen eigenartigen Methoden und seiner Verrücktheit einen Keil zwischen sie und Sir Ronald treiben wollte, rechnete sie nicht. Dennoch warf sie zuerst einen Blick durch den Türspion, nachdem die Klingel bereits zum zweiten Mal betätigt worden war. Im nächsten Moment riß sie die Wohnungstür weit auf.
    »Sir Ronald!« stieß sie verwirrt und froh zugleich hervor. »Kommen Sie herein, bitte!«
    Er lächelte und winkte seinem unmöglichen Diener Brian. Der trat vor und drückte Rhiannon einen riesigen Blumenstrauß in die Hand. »Mit den besten Empfehlungen von Seiner Lordschaft«, säuselte er. »Sir Ronald bittet Sie um Verzeihung, daß er einfach so vor Ihrer Wohnungstür erscheint, doch befanden wir uns gerade wieder in der Nachbarschaft, und er wollte Sie unbedingt Wiedersehen.«
    Zögernd nahm Rhiannon den seltsam duftenden Strauß entgegen. Fieberhaft überlegte sie, wo sie ihn unterbringen sollte; solch große Blumenvasen besaß sie überhaupt nicht. Was sollte sie auch mit Blumen in ihrer Wohnung, wenn sie doch als Fotomodell ständig unterwegs war und kaum Gelegenheit fand, die Pflanzen zu pflegen? Ein paar relativ anspruchslose Kakteen und Rankengewächse, das war alles. Daß ein Verehrer ihr Schnittblumen mitbrachte, gehörte auch zu den großen Seltenheiten.
    Schließlich beschloß sie, den riesigen Strauß vorübergehend in einen Putzeimer unterzubringen. »Das ist zwar nicht sonderlich stilvoll, aber was soll ich sonst nehmen?« entfuhr es ihr. »Sir Ronald, ich bin froh, daß Sie gekommen sind. Ich…«
    Er lächelte freundlich. »Ich habe in dieser Nacht auch kaum geschlafen, Rhiannon«, sagte er leise. »Warten Sie. Das mit den Blumen wird Brian machen.« Er gab dem Diener einen Wink, und Brian füllte den Eimer im Bad mit Wasser, schleppte ihn wieder in die Wohnlandschaft und drapierte die Blumen erstaunlich gefällig.
    Rhiannon war glücklich. Allein die Nähe des Earls erfüllte sie mit einem inneren Wohlbehagen,
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