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0478 - Der Horror-Kalender

0478 - Der Horror-Kalender

Titel: 0478 - Der Horror-Kalender
Autoren: Jason Dark
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einem gepolsterten Stuhl und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er sah aus wie ein Mann, der alles satt hatte.
    Das war schon ein Typ. Wild und bärtig, so daß von seinem Gesicht nicht viel zu sehen war. Es kam mir irgendwie eingerahmt vor. Er trug eine dünne, dreiviertellange Lederjacke und darunter einen ebenfalls dunklen Pullover. Wie er dasaß, wirkte er auf mich wie ein ruhender Teddybär. Aber das war er sicherlich nicht. Die kleinen Augen unter den gebogenen, balkenartigen Brauen waren hellwach und schienen jeden in seiner Nähe stehenden Fan zu sehen.
    Vor ihm lagen Kalenderblätter, die er signierte. Es waren zahlreiche Kalender verkauft worden, die einzelnen Blätter stellten allesamt Werke aus seiner Feder dar. Es waren schaurige, düstere Bilder, die das Grauen einer anderen Welt herüberbrachten.
    Er schaute zunächst Bill an. Ich stand hinter meinem Freund und hatte mich ein wenig geduckt. So konnte Javankala mich wenigstens nicht sofort sehen.
    »Willst du auch ein Blatt?« fragte der Maler.
    Bill grinste ihn an. »Ich bitte darum.«
    »Okay.« Javankala griff zum dicken Stift und malte seinen Schnörkel auf das Blatt.
    Bill bekam es, bedankte sich und schuf mir den nötigen Platz. Jetzt stand ich vor dem Zeichner, der den Blick hob, eine Frage stellen wollte, dann aber starr in mein Gesicht schaute.
    »Ich hätte auch gern ein signiertes Blatt!«
    »Ja«, sagte er, »ja…« Der Mann besaß eine etwas harte Aussprache, wie sie bei den meisten osteuropäischen Menschen vorherrschte. »Sie bekommen auch eines.« Er redete wie ein Mensch in Trance. Mit den Gedanken schien er nicht bei der Sache zu sein. Auch die Augen schauten mehr nach innen als nach außen.
    »Ist etwas?« fragte ich ihn. »Habe ich etwas an mir, das Sie möglicherweise irritiert?«
    Mich überkam das Inselgefühl. Wir beide schienen uns allein im Saal zu befinden. Die anderen Gäste existierten nicht mehr, mochten sie auch noch so bunt und auffallend gekleidet sein.
    »Ja, es stört mich!«
    »Und was?« fragte ich.
    »Sie sind es. Sie stören mich. Sie sind der Faktor, der Punkt, das Zentrum.«
    »Ich möchte nur ein Autogramm!«
    Er beugte sich hastig vor. Fehlte nur noch, daß er ein Knurren hören ließ.
    »Sie haben etwas an sich, Mister. Sie sind ein Feind. Ich habe Sie schon gespürt, als ich Sie nicht einmal sah. Nehmen Sie sich in acht. Hüten Sie sich, das sage ich Ihnen…«
    »Kann ich das Autogramm bekommen?«
    Er nickte und griff zu einem Kalenderblatt. »Ja, das kannst du haben, mein Junge.« Den Stift hielt er in der rechten Hand. Er wollte ihn über das Blatt führen, als er plötzlich zögerte, den Kopf schüttelte, mich noch einmal lauernd anschaute und dabei totenbleich im Gesicht geworden war.
    »Für wen soll ich schreiben?«
    »Meinen Namen?«
    »Ja.«
    »Schreiben Sie. Für den Störer John Sinclair. Mit herzlichen Grüßen, na, Sie wissen schon.«
    Da schrie er wütend auf, schrieb aber dennoch, und kaum hatte der Stift das Papier berührt, da geschah es.
    Aus der dicken Spitze des Filzstiftes spritzte eine Blutfontäne in die Höhe…
    ***
    »Mum!«
    Es sollte ein Schrei werden, ein irrer Ruf, doch nur ein Ächzen drang über die Lippen des Jungen.
    Rolly konnte nicht anders. Er hämmerte sich ein, daß er in einem Alptraum steckte, doch das fürchterliche Bild war echt.
    Seine Mutter lebte nicht mehr!
    Er hob langsam beide Arme, um die Handflächen gegen sein Gesicht zu pressen. Dabei drückte er die Haut zusammen, so daß er sein Gesicht zu einer Fratze formte.
    Rolly sprach sinnlose Worte. Der Schock saß tief, er ließ ihn zittern. Hitzewellen und Kälteschauer wechselten sich ab, als sie über seinen Rücken jagten. Die tote Mutter nahm er wie durch einen Schleier wahr, und auch all die anderen Dinge, die in dem Raum standen.
    Rechts schlief seine Schwester Harriet. Der Teil des Zimmers war als Jungmädchen-Raum eingerichtet. An der Wand hingen Tierplakate. Das Bett zeigte eine rote Decke. Aber die Farbe Rot konnte er nicht mehr sehen. Rolly drehte den Kopf, um in den Teil des Zimmers zu schauen, wo er sich aufhielt, wenn er zu Hause war.
    Es war düster eingerichtet. Rolly liebte das Schaurige. Er gehörte zu den Horror-Fans. Die entsprechenden Bücher und Magazine standen in vier übereinandergestellten Regalbrettern. Und an einer Wandseite hing das Glanzstück:
    Ein großer Monatskalender mit Bildmotiven des berühmten Szenenmalers Javankala.
    Ein Bild war schauriger als das andere. Monster,
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