Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0474 - Metro-Phantome

0474 - Metro-Phantome

Titel: 0474 - Metro-Phantome
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
im Monat - hier sind allein diese dreißig Mark schon fast ein ganzer Monatslohn, dachte Zamorra bedrückt.
    Er setzte sich auf eine Bank und wartete. Mehr konnte er momentan nicht tun. Er hat sich zu einem magischen Köder aufgeladen, auf den die Metro-Phantome ansprechen mußten -sofern sie ihn wahrnahmen. Er wußte nicht, ob der Faktor Entfernung eine Rolle spielte. Vielleicht befanden die Unheimlichen sich jetzt am anderen Ende der Stadt, nahmen seine Präsenz nicht wahr, und er konnte bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hier warten.
    Das war dann ausgesprochenes Pech.
    Er hatte sich durchaus auf eine lange Wartezeit eingerichtet. Notfalls bis zum Abend. Ein Stellungswechsel würde nichts bringen; jede der zahlreichen Stationen hatte die gleiche Chance. Wenn die Skelette bis zum Abend nicht zuschlagen, mußte er sich etwas anderes einfallen lassen.
    Schatten des Silbermondes…
    Dieser Begriff ließ sein Denken nicht mehr los.
    Er hatte jetzt möglicherweise einen ganzen Tag Zeit zum Nachdenken, und das wollte er auch ausnutzen. Er ver-, suchte, die momentane Lage zu analysieren.
    Aber noch ehe er dazu kam, erfolgte bereits der Angriff!
    Zamorra hatte sich gerade erst auf der Bank niedergelassen. Da tauchten sie aus dem Nichts auf. Er war nicht sicher, ob es ein Zufall war, oder ob seine Aufladung, sie tatsächlich hierher gelockt hatte. Aber auch beim Zufallsfaktor, mit dem er eigentlich rechnete, mußten sie sich jetzt auf ihn stürzen…
    Taten sie aber nicht.
    Sie nahmen ihn nicht mal zur Kenntnis.
    Sie hatten die Rolltreppe zum Ziel…
    Erschrocken sprang Zamorra auf. Damit hatte er nicht gerechnet! Aus einem schwärzlichen Etwas, das als Punkt entstand und sich dann blitzschnell ausdehnte, sprangen die von zerfetzten, moderigen Lumpen spärlich umhüllten Skelette hervor und rasten auf die nach unten führende Rolltreppe zu. Dabei verursachten sie nicht das geringste Geräusch. Weder war ihr Materialisieren hörbar noch die Bewegungen ihrer Knochen, die doch eigentlich gegeneinanderschlagen mußten. Die Phantome berührten auch nicht den Boden, sondern sie schwebten einfach darüber hinweg, als liefen sie auf einer unsichtbaren, fremdartigen Schicht…
    Die Bilder prägten sich blitzschnell und unauslöschlich in Zamorras Gedächtnis ein. Für ein paar Augenblicke war er wie gelähmt. Sein Plan funktionierte nicht. Sie waren zwar hier, aber sie ignorierten ihn völlig, sprachen auf die Überladung seiner Lebenskraft-Aura überhaupt nicht an!
    Zamorra sah eine junge Frau, die ein Kind hielt; ein vielleicht vierjähriges Mädchen mit rötlichen Zöpfen. Sie benutzten die abwärts führende Rolltreppe und waren ahnungslos. Im nächsten Moment hatten die Skelett-Phantome die Rolltreppe erreicht. Da war ein kleiner Schaltkasten. Eine Knochenhand tauchte durch die Abdeckung hinein.
    Im gleichen Augenblick veränderte sich die Laufgeschwindigkeit.
    Abrupt wurde die Rolltreppe zu einem rasend schnellen Ungeheuer. Die Frau schrie gellend auf. Sie fand keinen Halt mehr. Zusammen mit dem Kind wurde sie durch die Luft geschleudert und flog in weitem Bogen, von den rasenden Stufen katapultartig beschleunigt, durch die Luft und der Tiefe entgegen…
    Und Zamorra konnte nichts gegen das Entsetzliche unternehmen…
    Selbst sein Ruf nach dem Amulett kam zu spät, denn er konnte auch mit Merlins Stern nicht mehr rückgängig machen, was die Metro-Phantome bereits vollzogen hatten…
    ***
    Auch Nicole war von der Reaktion der Unheimlichen überrascht. Sie war schon vor Zamorra unten gewesen; sie hatte sich in einem schattigen Winkel zurückgehalten, um nicht sofort von jedem bemerkt zu werden - wenn ein Mensch möglicherweise den ganzen Tag lang hier unten wartend zubrachte, war das zwar schon seltsam, aber wenn es sich um zwei handelte, dann wurde vermutlich auch das Metro-Personal mißtrauisch. Nicole hatte zwar niemanden gesehen, der eine Uniform trug, aber sie konnte sich nicht vorstellen, daß man die U-Bahnhöfe einfach unbeaufsichtigt ließ. Mit Sicherheit würden hin und wieder Bedienstete hier auftauchen. Das war ein Schwachpunkt; Nicole hatte beschlossen, einige Male ihr Äußeres etwas zu verändern, falls das Warten wirklich sehr lange dauern würde. Ihre Neigung zu ständig wechselnden Perücken, die mittlerweile allerdings zugunsten des Färbens in den Hintergrund getreten war, kam ihr da hervorragend zupaß; es war eher ein Zufall, daß sie zwei Perücken im Gepäck mitgeführt hatte, und ehe sie sich zu dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher