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0459 - Die Herrin der Drachen

0459 - Die Herrin der Drachen

Titel: 0459 - Die Herrin der Drachen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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verbissene Fantasielosigkeit eines Großteils der Wissenschaftler, die dafür sorgten, daß fantasievollere Kollegen und Querdenker rasch mundtot oder gar lächerlich gemacht wurden. Schließlich konnte ja nicht sein, was nicht sein durfte, und was nicht exakt in ein mühselig an den Haaren herbeigezogenes Weltbild paßte, mußte deshalb schlicht falsch sein.
    Leider war, was die ersten Menschen und die letzten Saurier anging, nicht einmal auf entsprechende gleichzeitige Knochenfunde zu hoffen, weil die gängige Art der Altersbestimmung, die C14-Methode, bei derart großen Zeiträumen unzuverlässig wurde. Beim Verstreichen von Jahrmillionen blieben zu wenig Kohlenstoff-14-Isotope erhalten, um eine exakte Bestimmung durchführen zu können; es konnten Mißweisungen von einigen hunderttausend Jahren auftreten.
    Aber das sollte hier nicht Zamorras Denkproblem sein. Hier gab es frische Menschen- und Saurierspuren, und sie sahen sie sich genau an. Zwei Echsen, eine große und eine kleine, waren hier aufgetaucht, und zwei Menschen waren hier gewesen, deren Fußabdrücke ebenfalls auf unterschiedliche Körpergröße und unterschiedliches Gewicht hindeuteten.
    Nicole hatte den Dhyarra-Kristall mit nach unten genommen und drückte ihn Zamorra in die Hand. Es mochte gut sein, daß Jörg-A den Einsatz dieses Kristalls registrierte, wenn die Sekte der Jenseitsmörder und die Dynastie in dieser Welt und dieser Epoche tatsächlich etwas miteinander zu tun hatten. Aber Zamorra gab den Kristall zurück. »Versuch du es damit«, sagte er.
    Er selbst bediente sich seines Amuletts. Und die Energien von Merlins Stern und dem Dhyarra-Kristall vertrugen sich nicht miteinander.
    Zamorra riskierte es, mit dem Amulett einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. In der Mitte der handtellergroßen Silberscheibe befand sich ein stilisierter Drudenfuß, der zu einer Art Mini-Fernsehschirm wurde und den Zeitablauf rückwärts verfolgte. Das Amulett kam für Zamorras Begriffe etwas schwerfälliger in Gang, als es bisher der Fall gewesen war, aber er schob es darauf, daß sie sich nicht in ihrer gewohnten Welt befanden, sondern in einer, die sich in verschiedenen wichtigen Punkten von der eigenen unterschied.
    Zamorra hatte sich in eine Art Halbtrance versetzt, in der er einerseits genug von seiner Umgebung mitbekam, um sich darin bewegen und auf die Ereignisse reagieren zu können, wenngleich seine Wahrnehmung dabei stark eingeschränkt war - ähnlich wie die eines Betrunkenen oder jemandes, der sich noch im Halbschlaf befand. Andererseits konnte er sich voll auf die Steuerung des Amuletts konzentrieren. Mit seinen geistigen Befehlen lenkte er es in die Vergangenheit, konnte Bilder schneller durchlaufen lassen oder festhalten, um sie eingehender zu studieren.
    Zunächst sah Zamorra nur die leere Landschaft mit den Spuren. Dann aber marschierte eine Gestalt rückwärts in sein Blickfeld. Sah sich orientierend um - und verschwand im Nichts.
    Das bedeutete: In Wirklichkeit war diese Gestalt aus dem Nichts gekommen, hatte sich suchend umgesehen und war dann den Saurierspuren gefolgt.
    Der Mann, der den Bruch im RaumZeitgefüge verursacht hatte? Der Mann, in dessen Kielwasser sie diese Welt erreicht hatten?
    Zamorra sah ihn sich näher an.
    Unwillkürlich rechnete er damit, Eysenbeiß zu sehen, obgleich er wußte, daß Eysenbeiß hingerichtet worden und Zamorras Vorstellung deshalb unlogisch war. Aber der Mann trug eine dunkle Kutte mit einer über den Kopf gezogenen Kapuze, ähnlich wie es die Angehörigen der Sekte der Jenseitsmörder taten…
    Nur trug dieser hier keine Silbermaske vor dem Gesicht.
    Zamorra zoomte dieses Gesicht näher heran.
    Übelkeit stieg in ihm auf. Er sah das Gesicht eines Toten.
    Graue, fleckige Haut, die über die Schädelknochen spannte. Eingetrocknet und verdorrt. Tote Augen tief in den dunklen Höhlen. Unwillkürlich schloß Zamorra die Augen. Er wollte keine genaueren Details sehen. Es war schlimm genug, dieses zerfallene Gesicht zu erblicken, das deutliche Verwesungserscheinungen zeigte. Dieser Mann war ein Zombie, ein Untoter. Nein, er war weniger als das. Er war ein künstlich bewegter Leichnam.
    Dennoch war von seinem Gesicht genug übriggeblieben, daß Zamorra es wiedererkannte.
    »Nein«, flüsterte er heiser. »Das ist unmöglich.«
    Er sah - Leonardo deMontagne…
    ***
    Yves Cascal erwachte und wußte, daß etwas nicht in Ordnung war.
    Er war in den frühen Morgenstunden in die Kellerwohnung zurückge-. kehrt.
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