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0458 - Eine Frau regiert die Unterwelt

0458 - Eine Frau regiert die Unterwelt

Titel: 0458 - Eine Frau regiert die Unterwelt
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»Mr. Morrey fährt das gnädige Fräulein.«
    »Ihr Chauffeur?«, fragte Wither den Hausherrn.
    »Ein Angestellter«, gab Gowan unwillig zur Antwort, und Wither hatte den Eindruck, dass ihm die Frage nach diesem Mann unangenehm war.
    Der Captain stand auf. »Miss Priestly ist Ihre Stieftochter, nicht wahr?«
    Gowan knurrte etwas vor sich hin, was wohl so viel wie ja heißen sollte.
    »Ich komme morgen früh wieder«, fuhr Wither fort. »Sagen Sie Ihrer Tochter, dass ich sie dann zu sprechen wünsche. Sollte sie sich wieder kurz nach meinem Eintreffen zu einer plötzlichen Spazierfahrt entschließen, müsste ich sie leider zu einem Besuch in mein Büro abholen lassen.«
    Das war deutlich, und Gowan schien sofort zu verstehen, was der Captain meinte. Deshalb versuchte er das Verhalten seiner Tochter zu entschuldigen. »Meine Tochter ist gelähmt«, sagte er, »und manchmal etwas launenhaft.«
    »Ich weiß«, sagte Wither, nickte Gowan kurz zu und verließ hinter dem Butler grußlos das Zimmer.
    ***
    Für Phil kam der Wunsch Miss Priestlys völlig überraschend. Bis jetzt hatte sie ihn nicht eines Blickes gewürdigt. Für sie war der Gorilla ihres Vaters, Tim Morrey, einfach Luft. Und nun sollte er plötzlich Chauffeur spielen.
    Seiner Rolle gemäß, als ungeschliffener Gorilla ihres Vaters, lehnte er ihren Befehl ab.
    »Bin kein Kindermädchen, Miss«, maulte er. »Mr. Gowan hat mich eingestellt, ich bin nur für ihn da.«
    Miss Priestly saß vor ihm in ihrem Rollstuhl. Ihre Augen blitzten wie Eis. »Holen Sie den Cadillac aus der Garage«, befahl sie und ihre Stimme duldete keinen Widerspruch.
    Phil schien eingeschüchtert zu sein und wollte über die Terrasse das Haus verlassen.
    »Durch den Hintereingang«, befahl sie schneidend.
    Wie von einem Peitschenhieb getroffen, blieb Phil stehen, machte eine Wendung um hundertachtzig Grad und ging mit gesenktem Kopf an ihr vorbei.
    Lucia Priestly lächelte geringschätzig und fuhr langsam in ihrem Rollstuhl hinter ihm her.
    Nur durch Bewegungen ihrer schmalen Hände machte Miss Priestly Tim Morrey darauf aufmerksam, was sie von ihm wollte.
    Phil hob sie aus dem Rollstuhl und trug sie zum Cadillac. Dann klappte er den Rollstuhl zusammen und verstaute ihn im Kofferraum.
    »Wohin, Miss?«, knurrte er, als er neben ihr hinter dem Steuerrad Platz genommen hatte. Ihre Hand wies auf den Weg, der zur Straße nach Guttenberg führte.
    Phil ließ den Cadillac schnurren. Es war eine Sonderanfertigung, mit allen Schikanen der modernen Autotechnik ausgestattet.
    Erst als sie in die Nähe des Lincoln Tunnel kamen, hielt es Miss Priestly für angebracht, nähere Anweisungen zu geben: »Fahren Sie zur 21. Straße West, Nummer 308, gegenüber ist ein Parkplatz.«
    Als sie ihr Ziel erreicht hatten, holte Phil den Rollstuhl heraus, hob Lucia hinein und schob sie über die Straße.
    Nummer 308 war ein im Empire Stil gebautes Haus mit einem breiten Portal. Einem sehr vornehm aussehenden Bronzeschild konnte man entnehmen, dass sich in dem Haus der Modesalon von Madame Tourrain befand.
    Doch Phil kam nicht dazu, das Haus näher in Augenschein zu nehmen.
    »Ich habe länger zu tun«, sagte Miss Priestly knapp, »vielleicht drei oder vier Stunden.« Dann setzte sie verächtlich hinzu: »Meinetwegen vertreiben Sie sich die Zeit in einer Kneipe.«
    Phils sah, wie sie im Hausflur von einem livrierten Diener empfangen wurde, der sich tief vor ihr verneigte und den Rollstuhl in einen Aufzug schob. Die Glasschiebetüren schlossen sich hinter den beiden, doch Phil bemerkte nicht, dass sich der Fahrstuhl nach oben bewegte.
    In einem plötzlichen Entschluss rannte er den schmalen Weg entlang, der das Haus Nummer 308 vom Nachbargrundstück trennte. Von hier aus konnte er die Rückseite genau beobachten.
    So stand er vielleicht fünf Minuten, als eine schwarze Pontiac Limousine von der.Eight Avenue einbog und in der 20 Straße am Rückgebäude des Hauses Nummer 308 anhielt.
    Und dann erlebte Phil eine Riesenüberraschung. Er traute seinen Augen nicht. Obwohl er die Person nur von hinten sah, die leichtfüßig auf den Pontiac zuschritt, war er seiner Sache absolut sicher: Es war Lucia Priestly, das arme gelähmte Mädchen, das er noch vor wenigen Minuten in den Rollstuhl gehoben hatte.
    Kaum hatte sich die Wagentür hinter ihr geschlossen, rollte der Wagen an und reihte sich in den fließenden Verkehr ein.
    Phil hatte nur einen Gedanken: Er durfte sie nicht aus den Augen verlieren.
    Zum Glück kurvte ein Taxi
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