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0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm

0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm

Titel: 0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm
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mit solchen Verdächtigungen bei der Hand sind! Eigentlich sollte ich jetzt beleidigt sein. Aber ich finde, das wäre zuviel Gefühl für Ihre Extratouren. Sie wollen mich beleidigen? Meinetwegen! Sie halten mich für einen Erzgauner? Wenn schon! Daran könnte ich selbst dann nichts ändern, wenn Ich mich für den Rest meines Lebens ins Kloster zurückziehe.«
    Ich blickte ihn an. Er sprach mehr als sonst. Das hatte natürlich seinen Grund. Er war auf seine Weise bemüht, jeden Verdacht von sich abzulenken. Seine Position war nicht mal übel. Es würde schwer sein, ihm nachzuweisen, daß er mit dem Plymouth gekommen war und das Mädchen Liza verfolgt hatte. Selbst, wenn sich dafür Zeugen finden ließen, stand fest, daß er an der eigentlichen Entführung nicht beteiligt gewesen war.
    »Wer ist diese Liza?« fragte ich.
    »Sie haben Sie ja kennengelernt!« meinte er spöttisch. »Sie ist ein hübsches…«
    »Ich möchte den vollen Namen wissen!« unterbrach ich ihn scharf.
    »Den kenne ich nicht«, behauptete er.
    »Wo arbeitet sie?«
    »Irgendwo in der Nähe der 5th Avenue.«
    »Wollen Sie mich für dumm verkaufen? Sie geben zu, dem Mädchen nachgelaufen zu sein. Also ist Ihnen bekannt, wo Liza wohnt oder arbeitet.«
    »Irrtum. Ich sagte bereits, daß ich sie in einer Bar kennenlernte. Aber sie wollte nichts von mir wissen und türmte. Dann sah ich sie, zufällig, zwei Wochen später auf der 5th Avenue, in Höhe des brasilianischen Konsulats. Da folgte ich Ihr, aber sie entwischte mir mit einem Taxi. Ich sagte mir, daß sie um diese Zeit, es war kurz nach fünf, wahrscheinlich aus einem in der Nähe gelegenen Büro kommt, und fand mich noch einmal dort ein. Umsonst. Heute morgen sah ich sie ganz zufällig, natürlich folgte ich ihr!«
    »Sie schienen vorhin, in meiner Gegenwart, nicht gerade darauf versessen, den Kontakt auszubauen. Sie ließen das Mädchen einfach ziehen…«
    »Es sah mir zu albern aus, der Kleinen nachzurennen. Womöglich hätten Sie daraus geschlossen, daß ich ihr was am Zeug flicken wollte.«
    »Sie schwindeln schlecht, Canzello.« Er blickte mich an. »Sie müssen mir erst einmal beweisen, daß ich spinne!« Er hob das Glas zum Mund und leerte es. Dann erhob er sich. »Ich hoffe, Sie entschuldigen mich jetzt. Nach dieser Panne wird mir ein Spaziergang in der frischen Luft guttun.«
    »Ein ausgezeichneter Gedanke«, sagte ich und stand auf. »Ich komme mit.«
    »Ich sprach von frischer Luft«, erklärte er grinsend. »Sie würden Sie nur verpesten.«
    »Ich habe noch ein paar Fragen, Canzello.«
    »Wann hätten Sie mal keine?«
    Ich winkte den Ober heran. »Zwei Dollar fünfzig für Sie, Sir«, sagte er.
    »Schlagen Sie den Kaffee für das Mädchen dazu.«
    »Zwei achtzig, Sir.« Er wandte sich hastig an Canzello. »Ihr Whisky geht auf Rechnung des Hauses.«
    »Zu liebenswürdig!« meinte Canzello höhnisch.
    Wir verließen das Lokal. »Geben Sie sich keine Mühe, Cotton. An mich ist nicht ’ranzukommen. Das haben schon andere versucht. Und jetzt möchte ich allein sein. Dafür haben Sie gewiß Verständnis.« Seine Stimme triefte vor Spott. »Stellen Sie sich vor, was meine Freunde denken müßten, wenn sie mich mit einem Bullen sehen.«
    »Sie würden genau das denken, was zutrifft, Canzello«, meinte ich. »Sie würden sich sagen, daß der smarte Canzello offensichtlich in Schwierigkeiten steckt!«
    ***
    Liza Goddenham zuckte zusammen, als hinter ihr die Tür ins Schloß fiel. Liza war allein.
    Sie schaute sich um. Das Zimmer, in das der junge Mann sie gestoßen hatte, war eine Kreuzung zwischen Salon und Bibliothek. An den, beiden Längswänden standen bis zur Decke dicht gefüllte Buchregale. Das Mobiliar war alt und gediegen; schwere Teppiche, ein Kamin und einige Bilder der impressionistischen Richtung ließen Eindruck von Reichtum und gehobener Wohnkultur auf kommen.
    Liza wußte nicht, wo sie sich befand.
    Die Burschen hatten sie gezwungen, die letzten Meilen der Fahrt kniend auf dem Boden des Wagenfonds zuzubringen. Ehe man sie ins Haus geführt hatte, waren ihr die Augen verbunden worden. Erst in der Halle hatte man ihr die Binde abgenommen.
    Liza spürte, daß ihre Furcht sich verringerte. Lag es daran, daß es schwerfiel, in dieser kultivierten Umgebung an ein Verbrechen zu glauben?
    Sie blieb auf dem Fleck stehen, wo sie nach dem letzten harten Stoß des jungen Mannes gelandet war. Sie verabscheute ihre Entführer, aber sie flößten ihr nicht annähernd so viel Angst ein wie
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