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0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm

0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm

Titel: 0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm
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duldete.
    Das Mädchen erhob sich zitternd.
    »Moment«, sagte ich freundlich und legte meine Hand auf ihren Unterarm.
    Canzello sah mich erst jetzt. Seine Augen weiteten sich. »Cotton!« sagte er.
    Ich lächelte in das vereisende Grau seiner Augen und ließ den Mädchenarm los. »Auch mal wieder unterwegs?« erkundigte ich mich. »Warum setzen Sie sich nicht zu uns?«
    Plötzlich kam Leben in das Mädchen.
    Sie stürmte zur Tür. Das Stakkato ihrer hochhackigen Absätze ließ die anderen Gäste verwundert hochbllcken. Im nächsten Moment war sie verschwunden. Die Penner wandten sich wieder ihren Wermutgläsern zu. Nur Bradford, der hinter dem Tresen stand und Gläser polierte, blinzelte beunruhigt zu uns herüber. Natürlich wußte er, wer »Killer« Canzello war.
    Canzello entspannte sich etwas. Er grinste matt und zeigte dabei seine honiggelben Zähne. »Nett, Sie zu sehen!« behauptete er und setzte sich. Er rieb sich die großen, kräftigen Hände, als ob er friere.
    Wann würden wir Canzello und seinen Boß endlich zur Strecke bringen können? Bis jetzt hatte es der Murelli-Mob durch gekaufte, bestochene und beiseite geschaffte Zeugen erreicht, die schwierigsten Klippen zu umschiffen. Canzello hatte zwar sieben Jahre seines Lebens im Zuchthaus verbracht, aber das war, gemessen am Umfang seiner Gewalttaten, ein geradezu lächerlich anmutendes Strafmaß.
    »Was wollten Sie von Liza?« erkundigte ich mich.
    Canzello ignorierte die Frage. Er schnippte mit den Fingern. Der Ober kam beflissen an unseren Tisch, gar nicht mehr steif und apathisch, nur noch ängstlich und sehr devot. Canzello hatte fraglos das Talent, seine Umwelt einzuschüchtern und zu terrorisieren, »Einen Whisky Scotch — aber sofort!« befahl er. Der Ober flitzte los.
    »Was wollten Sie von Liza?« wiederholte ich.
    Canzello schaute mich mißbilligend an. Er hatte ein pockennarbiges Gesicht mit wulstigen, sehr farblosen Lippen.
    »Ich bin scharf auf die Puppe«, sagte er. »Ist das etwa verboten? Wenn ja, würde es mich interessieren, wo ich den betreffenden Paragraphen finden kann.«
    Ich überhörte den Hohn seiner Stimme und stellte fest: »Ein paar von den Leuten, auf die Sie einmal scharf gewesen sind, liegen leider unter dem Rasen. Soviel ich weiß, starb keiner von ihnen eines natürlichen Todes.«
    »Blödes Gerede!« murmelte Canzello und grinste eitel. Sein Gewissen war unterentwickelt wie das Singtalent eines Ochsen.
    »Los, ’raus mit der Sprache!« sagte ich.
    Canzellos Grinsen vertiefte sich. »Moment mal, Cotton«, meinte er, leicht gedehnt und ganz offenbar von einem Gefühl der Selbstsicherheit getragen. »So kommen wir nicht weiter. Was werfen Sie mir eigentlich vor?«
    »Die Kleine hat Angst vor Ihnen.«
    »Ach — die treibe ich ihr schon aus!«
    »Wo haben Sie sie kennengelernt?«
    »In einer Bar«, sagte er. »By Jove, weshalb interessieren Sie sich dafür? Es ist eine kleine Privatleidenschaft von mir! Die Kleine ist genau mein Typ!«
    »Ihr Typ!« sagte ich verächtlich. »Bis vor kurzem sind Sie mit ,Sidestep’-Lilly herumgezogen. Vorher war es die brünette Lola, die im Stork-Club Zigaretten verkauft. Ich weiß, wie die Mädchen aussehen, die Ihnen gefallen. Sie sind ziemlich groß, sehr gut gewachsen — und genauso billig wie die Ausreden, mit denen Sie mich abfüttern wollen!«
    Er tat beleidigt. »Das ist nicht fair!« meinte er. »Ich gebe zu, daß mein Geschmack nicht gerade die Billigung eines Moralisten finden mag. Okay, wenn schon! Aber dann müssen Sie mir schon das Recht einräumen, diesen Geschmack aufzuwerten! Liza ist jung, sauber, appetitlich. Das ist doch mal was anderes! Yes, Sir — ich bin für Abwechslung! Nur aus diesem Grund bin ich hinter Liza her —«
    In diesem Moment ertönte auf der Straße das Trillern einer Polizeipfeife.
    Canzello ließ die Zungenspitze über die blasse pralle Unterlippe gleiten. »Schon wieder ein Unfall!« meinte er kopfschüttelnd. »Wo soll das nur enden?«
    Ich erhob mich und ging zur Tür. Sekunden später lief ich die Straße hinab. An der nächsten Straßenkreuzung bedrängte eine Gruppe neugieriger Menschen einen Patrolman der City Police.
    Ich schob mich durch die Menge und zeigte dem Patrolman meinen Ausweis.
    »Was hat es gegeben?« fragte ich.
    Er legte die Hand an die Schirmmütze. »Menschenraub, Sir«, meldete er. »Ein Mädchen ist entführt worden!«
    ***
    »Sie waren Zeuge?«
    »Nein, Sir — dieser Mann und diese Dame haben gesehen, wie das Mädchen
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