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0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

Titel: 0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien
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Bursche stand immer noch unbeweglich. Aber ich war sicher, daß ihm kein Wort entging.
    »Sie müssen mitkommen, tut mir leid.« Ich zwinkerte dem Mädchen unauffällig zu. Ich spürte, es hatte Angst. Wenn ich mit dem Girl allein war, würde es sicherlich reden.
    Die Kleine schaltete sofort. Mit resignierendem Seufzen schlenkerte sie ihre Tasche. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können, Polyp. Viel Freude werden Sie an mir nicht haben. Gegen mich liegt nichts vor.«
    »Das werden wir sehen«, brummte ich. Zu Star gewandt fuhr ich fort: »Sie werden noch von mir hören. Sie benehmen sich wie ein Totschläger. Ich hoffe, Sie sind sich darüber im klaren, daß Sie nicht ungeschoren bleiben.«
    Ich schob das Girl durch die Tür und folgte. Dabei vermied ich’s, dem Lederjacken-Boy den Rücken zu kehren. Sicherlich trug er noch eine Fahrradkette oder etwas ähnliches in der Tasche, womit er mich von hinten hätte niederschlagen können.
    Das Girl stieg schnell die Treppe empor. Wohlgeformte Waden kamen in mein Blickfeld.
    Wir mußten uns beeilen, die Gegend möglichst schnell zu verlassen. Johnny Star hatte hier sicherlich Komplicen, die auf sein Geheiß aus ihren Löchern kriechen und für mich ein Spießrutenlaufen veranstalten würden. Ich hatte die Eitelkeit des Burschen verletzt. Unterweltstypen von dieser Sorte verzeihen das nicht. Für sie steht Autorität und eine fadenscheinige Ehre auf dem Spiel.
    Als wir auf die Straße traten, war es dunkel. Aber es war nur die Dunkelheit einer sehr warmen Sommernacht. Der Himmel hatte eine grauviolette Tönung. Im Westen schimmerte die Lichtglocke von Manhattan, hervorgerufen von Millionen von Lampen, Lichtern und zuckenden Neonreklamen.
    »Kommen Sie mit zu meinem Wagen, Flora.«
    Sie nickte und klapperte auf hohen Absätzen neben mir her. »Ich bin Ihnen dankbar. Sie haben mich buchstäblich befreit, Polyp.«
    »Wieso? Sind Sie nicht freiwillig mit Star gegangen?«
    »Doch… das schon. Aber ein bißchen Druck hat er ausgeübt. Oder sagen wir mali besser. Hier in der Gegend wagt niemand, sich ihm zu widersetzen. Er ist der Chef einer Halbstarken-Bande. Außerdem ein gefürchteter Schläger.«
    »Sie sind also bereit, mir etwas über Ferdinand Kramer zu erzählen?«
    »Ja, ich konnte vorhin nicht, weil er…«
    »Das habe ich gemerkt.«
    Wir gingen schnell. Aber wir hatten noch keine 'hundert Schritte zurückgelegt, als hinter uns ein gellender Pfiff ertönte.
    »Das ist er«, zischelte das Girl aufgeregt. »Er holt seine Boys zusammen. Wenn die Sie erwischen, ist es aus mit Ihnen.«
    Wir kamen gerade an einem dunklen Hauseingang vorbei. Ich blickte mich rasch um. Niemand schien in der Nähe zu sein.
    »Kommen Sie«, flüsterte ich. Ich nahm ihren Arm und zog sie in die Dunkelheit. »Hier haben wir ein paar Augenblicke Pause. Ich will Sie nicht gefährden. Erzählen Sie mir rasch, was Sie über Kramer wissen. Dann verschwinden Sie.«
    Um uns war es dunkel. Wir standen in einem Gang, der die Vordertür des Hauses mit einem Hinterhof verband. In dem Gebäude war es totenstill. Ich hielt für einen Moment die Luft an und konzentrierte mich auf meine Umgebung. Ich habe ein feines Gespür dafür, ob jemand in der Nähe ist. Aber jetzt hatte ich das Gefühl, mit dem Mädchen im Dunkeln allein zu sein.
    »Kramer wohnt nicht weit von hier im Atlantic-Hotel. Eine schäbige Bude. Der Kerl ist ins Heroin-Geschäft eingestiegen. Jeden Abend kommt er in die Blue-Moon-Bar.«
    »Allein?«
    »Sein Freund heißt Jesse. Jesse Fair.«
    »Okay«, sagte ich und drückte dem Girl einen Dollar in die Hand. »Verschwinden Sie jetzt. Sie sind mir durchgebrannt, klar?«
    »Danke, Polyp.«
    Sie huschte davon, klapperte über das Straßenpflaster und wurde von der Dunkelheit verschluckt.
    Zwar konnte ich nicht sicher sein, daß das Mädchen ehrliches Spiel mit mir trieb. Aber dieses Risiko wollte ich gern eingehen. Ich hoffte, daß die Information stimmte.
    Auf der Straße erklang das Getrappel schwerer genagelter Stiefel. Es waren mindestens fünf Männer, die sich eilig näherten. Dann vernahm ich einen spitzen Schrei. Flora Rochelle war den Kerlen jetzt sicherlich in die Arme gelaufen. Sie waren schon so nahe, daß ich die Stimmen hörte, obwohl sie gedämpft wurden.
    Ich wischte mir übers Gesicht. Es war schweißnaß.
    Die Schritte kamen näher. Dann tauchten fünf Gestalten in meinem Blickfeld auf. Einer von ihnen mußte Johnny Stär sein. Welcher, das konnte ich nicht unterscheiden. In der
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