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041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

Titel: 041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
Autoren: Edgar Wallace
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dachte, der Name wäre Ihnen bekannt?«
    »Warum sollte er mir bekannt sein, mein gutes Kind?« fragte Dick ein wenig gereizt.
    »Und warum nicht, mein guter Herr?« erwiderte sie schnippisch.
    In diesem Augenblick nahm Dick Martin sie zum erstenmal mit Bewußtsein wahr. Sie trat aus dem Hintergrund plastisch heraus und wurde eine klar umrissene Persönlichkeit. Ihre Augen waren grau und weit auseinandergestellt, ihre Nase gerade und klein, der Mund ein wenig groß. Auch hatte sie tatsächlich goldbraunes Haar.
    »Ich bitte um Verzeihung«, lachte er. »Ich gestehe, daß mich dieser verteufelte Bücherdieb herzlich wenig interessiert.« Dick hatte zuweilen eine gewinnende Aufrichtigkeit. »Ich scheide nämlich morgen aus dem Dienst aus!«
    »Große Freude wird unter den Verbrechern herrschen«, sagte sie höflich. Ein heiteres Licht funkelte in ihren Augen, und er schloß sie sogleich in sein Herz, Es stand ein Stuhl in der Nähe. Dick zog ihn heran und nahm unaufgefordert Platz.
    »Also, wer ist dieser Staletti?«
    Sie maß ihn mit ernsthaftem Blick, und um ihre Lippen zuckte es spöttisch.
    »Und Sie wollen Detektiv sein, eines jener fast übermenschlichen Wesen, die unseren Schlaf bewachen?«
    Dick bog sich vor Lachen.
    »Ich ergebe mich.« Er hielt die Hände hoch. »Sie haben es mir gründlich gegeben. Wenn Sie nun noch halb so gründlich meine Frage beantworten wollten ... Wer ist dieser Staletti?«
    »Das wissen Sie wirklich nicht? Meine Assistentin sagt, er sei der Polizei bekannt. Wollen Sie sein Buch sehen?«
    »Er hat ein Buch geschrieben?« fragte Dick in aufrichtigem Erstaunen.
    »Allerdings. Ich werde es Ihnen bringen.« Sie stand auf, ging aus dem Zimmer und kam nach wenigen Augenblicken mit einem dünnen Band wieder.
    Er nahm ihn in die Hand und las den Titel: ›Neue Gedanken über die konstruktive Biologie. Von Antonio Staletti‹. Dann schlug er die engbedruckten Seiten auf, die von Diagrammen und Tabellen wimmelten.
    »Und wegen so eines Schmökers ist er mit der Polizei in Konflikt gekommen? Ich erfahre zum erstenmal, daß es ein Verbrechen ist, Bücher zu schreiben.«
    »Gewiß ist das ein Verbrechen«, sagte sie ernsthaft, »es wird nur leider nicht als solches bestraft. Aber wegen seines Buches hat er nicht gesessen. Es war etwas viel Gräßlicheres. Ich glaube, Vivisektion!«
    »Wovon handelt das Buch eigentlich?« Er reichte es ihr zurück.
    »Von zweibeinigen Wesen wie Sie und ich«, sagte sie feierlich.
    »Es steht darin, wieviel glücklicher die Menschen wären, wenn sie, anstatt mit Latein und Algebra, mit Wurzeln und Nüssen aufgezogen würden und frei und nackt im Wald herumliefen!«
    Dick erhob sich zu seiner ganzen imponierenden Größe.
    »Und wo wohnt dieser seltsame Kauz?«
    Sie nahm das Buch auf und schlug die Seiten zurück, bis sie zur Fußnote unter dem Vorwort kam.
    »In Sussex, im ›Galgenhof‹! Mein Gott, klingt das aber gruselig!«
    »Wer war noch hier außer Staletti?«
    Sie zeigte ihm eine Liste von vier Namen.
    »Außer Staletti steht wohl niemand in dem Verdacht, das Buch gestohlen zu haben; außerdem sind die anderen Historiker, und Biologie würde sie schwerlich reizen. Es wäre auch in meiner Anwesenheit nicht vorgekommen. Ich passe höllisch auf.«
    Sie hielt plötzlich inne und blickte auf den Tisch. Das Buch war verschwunden.
    »Haben Sie es genommen?« fragte sie.
    »Haben Sie gesehen, wie ich es genommen habe?« forderte er sie heraus.
    »Gesehen habe ich es nicht. Ich könnte aber schwören, daß das Buch eben noch da war.«
    Er nahm es aus seinem Überzieher heraus und gab es ihr zurück.
    »Man findet selten Leute, die höllisch aufpassen!«
    »Aber wie war das möglich?« Sie war vollständig verblüfft. »Meine Hand lag auf dem Buch, und ich habe höchstens eine Sekunde weggesehen!«
    »Ich komme gelegentlich wieder und zeige es Ihnen«, versprach er ernsthaft.
    Er stand bereits auf der Straße, als ihm einfiel, daß es ihm nicht geglückt war, den Namen dieser sehr tüchtigen jungen Dame in Erfahrung zu bringen.
    Sybil Lansdown lief zum Fenster, von dem man den Platz überschaute, und sah ihm nach, bis er ihren Blicken entschwunden war. Um ihre Lippen spielte ein Lächeln, und in ihren Augen stand das Licht des Triumphes. Ihre erste Regung war gewesen, ihn gründlich zu verabscheuen; selbstzufriedene Männer konnte sie auf den Tod nicht ausstehen. Dann aber war er ihr in einem anderen Licht erschienen. Ob sie ihn jemals wiedersehen würde? Es gab so
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