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0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht

0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht

Titel: 0401 - Dem Henker ins Handwerk gepfuscht
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leise zurück.
    »Keine Ahnung«, erwiderte ich. »Hol die Pistole aus der Manteltasche und stecke sie in meinen Strumpf.«
    Phil streckte die Hände vor und suchte an meinem Mantel herum. Es dauerte eine Weile, bis es ihm mit den gefesselten Händen gelang, die Waffe hervorzuziehen.
    »Lass sie nur nicht fallen«, wisperte ich meinem Freund zu. Das Geräusch hätte uns verraten können.
    Phils zweite Aufgabe war noch schwieriger. Er legte den kleinen Revolver auf den Boden, dann streifte er mein rechtes Hosenbein hoch. Danach griffen seine Finger wieder nach der Waffe. Es gelang ihm endlich, sie in meinen Socken oberhalb des Fußknöchels zu schieben.
    Als das geschehen war, unterhielten wir uns lauter. Denn was wir nun besprachen, konnten selbst Samedi oder seine Gangster mit anhören.
    »Ich habe darüber nachgedacht, Jerry«, sagte Phil. »Das Wort Zombie fiel zum ersten Mal im Klubhaus, als Tomaten-Jo uns überlistet hatte. Es kam aus Potters Mund, der bekanntlich aus Haiti stammt. Dort bezeichnet man mit Zombie einen Menschen, der gestorben ist, aber wieder zum Leben erweckt wurde.«
    »Glaubst du etwa auch an diesen Spuk?«, wandte ich fragend ein.
    »Diese Zombies von Haiti sind eines der großen Mysterien, die bis jetzt nur teilweise durch die exakte Wissenschaft und Forschung erklärt werden konnten. In den Bergdörfern von Haiti leben Hexenmeister, sogenannte Houngans, die alten Gebräuchen huldigen und über Zaubermittel verfügen, von denen wir wenig wissen.«
    »Das ist doch vollkommen absurd, Phil. Man kann Menschen nicht töten und wieder zum Leben erwecken.«
    »Behaupte das nicht so fest, Jerry«, sprach Phil. »Ich will dir einen Fall erzählen, der mir bekannt ist. Im Jahre 1907 starb eine haitianische Frau. Fast dreißig Jahre später traf man sie in der Nähe ihres Heimatdorfes wieder. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht und monatelang untersucht und beobachtet. Dabei stellte sich heraus, dass die Frau mit Hilfe von Giften damals getötet und wieder lebendig gemacht wurde.«
    »Du willst sagen, sie war scheintot.«
    »Ja, genau wie Potter. Er zeigte alle Anzeichen eines Toten.«
    »Tut mir leid, Phil. Ich halte nichts davon«, sagte ich ehrlich.
    »Ich habe mal gelesen, dass diese Hexenmeister eine Pflanze mit dem Namen Tuer-Lever für ihre merkwürdigen Experimente benutzen.«
    »Tuer-Lever? Das ist ein seltsamer Name, Phil.«
    »Das heißt in unsere Sprache übersetzt ›Töten und Erheben‹«, erklärte Phil. »Man hatte diese Bezeichnung der Pflanze aufgrund ihrer Wirksamkeit verliehen. Ihr Gift ist imstande, einen Menschen scheintot zu machen und wieder ins Leben zurückzurufen. Ich habe auch noch in Erinnerung, dass Kochsalz ein gewisses Gegengift darstellt.«
    Wir schwiegen. Ich überlegte. »Dann hat uns Potter vielleicht doch die Wahrheit gesagt«, meinte ich nach einer Weile.
    »Richtig«, bestätigte Phil. »Es kann sich so verhalten haben, wie er angegeben hat.«
    Unser Gespräch wurde plötzlich unterbrochen.
    Auf dem Gang lief jemand herum, wie wir hören konnten.
    Jetzt machte er sich an der Tür zu schaffen. Die beiden Riegel wurden leise zurückgeschoben.
    Die Tür ging auf. Eine dunkle Gestalt huschte zu uns herein.
    Sie war klein, zierlich und steckte in einem Mantel, den ein Gürtel in der Taille eng schnürte. Ich erkannte sie sofort an den hochtoupierten Haaren wieder. Es war Ronda, das merkwürdige Vorzimmer-Girl aus dem alten Fort.
    Sie ließ die Tür einen Spaltbreit offen, sodass mattes Licht von der Gangbeleuchtung hereinschimmerte.
    »Agent Cotton«, rief die Chinesin leise, »hören Sie mich?«
    »Natürlich«, erwiderte ich ebenso leise.
    »Sie sind alle unten an der Mole mit dem Einladen der Autos beschäftigt. Darum fand ich Gelegenheit, zu Ihnen zu kommen. Passen Sie auf, was ich Ihnen sage. Baron Samedi befindet sich noch im alten Fort. Er wird erst aus seinem Schlupfwinkel herauskommen und das Schiff betreten, wenn alle Wagen verladen sind. Dann wird er Sie beide vornehmen.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
    »Er will Sie scheintot machen und so in seine Abhängigkeit bringen«, raunte sie. »Doch ich werde Ihnen helfen. Lassen Sie alles, was mit Ihnen geschieht, über sich ergehen. Spielen Sie die Scheintoten, wenn Sie die Spritzen bekommen haben. Ich werde dafür sorgen, dass sie unschädlich sind.«
    »Was für Spritzen?«, fragte Phil.
    »Das werden Sie erleben«, erwiderte die Chinesin. »Ich kann Ihnen das jetzt nicht erklären. Das würde zu lange
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