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0346 - Medusas Horrorblick

0346 - Medusas Horrorblick

Titel: 0346 - Medusas Horrorblick
Autoren: Jason Dark
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mich bei diesem Gesicht, dessen Nase gerade gewachsen war. Das Kinn stand ein wenig vor, die Lippen waren voll, sie entsprachen dem Schönheitsideal der Antike.
    Sie war etwas Besonderes…
    Noch hatte sie mich nicht angeschaut, aber ich wußte, daß es bald soweit sein würde. Dann würde sie ihre Drehung vollendet haben, mich ansehen…
    »Ist sie nicht schön?«
    Abermals vernahm ich die Stimme des Unsichtbaren. Ob es nun Zeus war oder nicht, das spielte keine Rolle. Diese lebende Sage hatte mich in ihren Bann gezogen.
    »Ja, sie ist schön.«
    »Möchtest du ihr gehören?«
    »Wie könnte ich das?« fragte ich zurück.
    »Das ist einfach. Sie kann dich zu ihrem Mann machen. Sie wird dich anschauen, und du kannst für immer ihr gehören. Hast du begriffen? Für immer ihr!«
    Die Stimme trichterte mir die Worte regelrecht ein. Sie wollte mich überzeugen, daß es nichts anderes mehr für mich gab, als diese Person in der Welt der Legenden und Mythen. Hier war das Land, in dem die Sagen Gestalt angenommen hatten, und ich, der Mensch, konnte mich fühlen wie Alice im Wunderland.
    Und sie drehte sich weiter. Ihr Gesicht war so rein, so schön, es konnte doch kein Grauen in sich bergen. Wenn mich auch die Schlangen hätten warnen müssen. Aber ihren Blick konnte ich ertragen. Er tat mir überhaupt nichts.
    Noch eine viertel Drehung benötigte sie, um mich anschauen zu können. Dann würde auch ich eines der zahlreichen Opfer sein und für immer zu Stein erstarren. Ein Wesen, das einmal ein Mensch gewesen war und sich für den Rest des Daseins im Land der Mythen und Legenden aufhalten würde.
    »Ich heiße dich willkommen, John Sinclair!« vernahm ich die Stimme des Hüters. »Du wirst für immer in meinen Händen bleiben und zu den fernen Bergen hinschauen können, wo sich ein anderes Reich befindet, getrennt durch eine für dich unsichtbare Grenze. Du wirst hinsehen und irgendwann einmal die entdecken können, die dort ihren Platz gefunden haben. Aber du wirst nicht zu ihnen können, so sehr du dich auch bemühst. Du bleibst ein Gefangener, John Sinclair. Und nun überlasse ich dich ihr, der Gorgonin mit dem Schlangenschädel…«
    Die Stimme verstummte, der Bann war gebrochen, und Medusa hatte ihre Drehung vollendet.
    Erst wenn ich ihr in die Augen schaute, würde ich zu Stein erstarren.
    Sie hatte die Augenlider gesenkt. Noch traf mich ihr bannender Blick nicht.
    Langsam aber öffnete sie die Augen, während die Schlangen auf ihrem Schädel unruhig wurden.
    In diesem Moment geschah etwas völlig Unerwartetes…
    ***
    Er konnte nicht mehr ausweichen und mußte den Blick der Statue voll nehmen.
    Es war schlimm.
    Und nicht allein die Augen starrten ihn an. Zugleich schossen aus ihnen bannende Blitze, die Henry Harrison wie ein feines Netz umspannten, als wollten sie ihn nie mehr loslassen.
    Er drehte sich noch zur Seite und stellte fest, daß ihm diese Bewegung bereits Mühe bereitete.
    Sein Arm war plötzlich so schwer geworden, gleichzeitig auch das rechte Bein, und er hörte die flüsternde Stimme des neben ihm stehenden Griechen. »Wer sie anschaut, wird zu Stein. Du hast sie angeschaut, Harrison. Jetzt mußt du dafür büßen…«
    Es folgte ein Lachen, und Harrison hob unter Mühen seine rechte Hand. Er preßte sie gegen seinen Hals, weil er unbedingt Luft bekommen wollte, denn in der Brust spürte er, wie sich die Knochen allmählich zusammenzogen und alles, was es in seinem Körper gab, zerdrücken wollten. Es war furchtbar. Er konnte keine Luft mehr bekommen, ächzte und glaubte, es knirschen zu hören.
    In der Bewegung erstarrte er.
    Nichts rührte sich an seinem Körper. Weder das verletzte noch das gesunde Bein konnte er heben. Dabei nahm er noch alles wahr.
    Er sah den Griechen, der seine Waffe weggesteckt hatte und kalt lächelte. Er sah auch Hermes, der sich ebenfalls freute, und er erkannte seine Frau Dana, die dieses unbeschreibliche Grauen mit ansehen mußte. Noch hing sie im Griff des Leibwächters, doch die Hand hatte der Mann von ihrem Mund gelöst. So sah er ihr wachsbleiches, erstarrtes Gesicht, das ihn an eine Tote erinnerte, die schon lange in der Gruft gelegen hatte.
    Ihr Mund war nicht geschlossen. Sie wirkte so, als wollte sie ihm zur Seite stehen, doch ihm konnte niemand mehr helfen. Die andere Kraft war einfach zu brutal.
    Jetzt zog sie seinen Körper hoch. Das Blut vereiste oder versteinerte, Henry besaß keine Erklärung für diesen Vorgang, der gleichzeitig eine so grausame Kälte
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