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0322 - Das Fratzengesicht

0322 - Das Fratzengesicht

Titel: 0322 - Das Fratzengesicht
Autoren: Jason Dark
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anderes.
    Schreie!
    Leise, wehende Schreie, sich zu einem Singsang vereinigend. Hoch und jammernd schrien die Stimmen. Auch klagend und bebend. Sie waren überall. Mandra hörte sie vorn, hinten, rechts und links. Sie strömten auf ihn ein, und so leise sie waren, ihre Monotonie brachte es mit sich, daß Mandra anfing, sich zu fürchten.
    Er war kein ängstlicher Mensch und wunderte sich selbst, daß ihm so etwas passierte. Auf der Stelle drehte er sich im Kreis. Er wollte sehen, vielleicht zeigten sich ihm die unbekannten »Sänger«.
    Mandra dachte an lebende Tote, die das Fratzengesicht hier irgendwo versteckt hielt, er sollte sich irren.
    Die Geister waren da, nur konnte er sie nicht packen. Es waren keine festen Gestalten, sondern Wesen, die ihren Platz innerhalb der Brigantine gefunden hatten.
    Sie schwebten auch nicht wie Schleier auf ihn zu, sondern zeigten sich auf andere Art und Weise.
    Die Innenseiten der Bordwände begannen zu glühen. Es war ein kaltes violettblaues Leuchten, das an verschiedenen Stellen abstrahlte und sich allmählich verdichtete.
    Mandra sah Gesichter.
    Violette Fratzen mit geschlitzten Augen und offenen Mäulern. Jedes Gesicht unterschied sich in Kleinigkeiten von dem anderen.
    Eines jedoch hatten sie gemeinsam.
    Die beiden spitzen Vampirhauer!
    ***
    Raketenartig schoß Suko aus seinem Sessel hoch. »Was sagst du?« fuhr er mich an. »Wir fliegen nach Hongkong? Oder habe ich mich verhört?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das hast du nicht.«
    »Aber wieso…?«
    Ich verließ meinen Platz am Telefon und setzte mich ebenfalls.
    »Mandra ist verschollen.«
    »Nein!«
    »Tut mir leid, Shao, daß ich dir keine bessere Nachricht geben kann. Es ist nun einmal so.«
    Sie und Suko waren zu überrascht, um eine weitere Frage stellen zu können. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, wobei ihre Blicke auffordernd und gleichzeitig fragend an meinen Lippen hingen.
    »Du hast mit Indien telefoniert und nicht mit Hongkong«, meinte Suko nach einer Weile.
    »Das ist richtig.« Ich berichtete in Einzelheiten von dem Gespräch und sagte zum Schluß: »Mandra hat sich auf die Suche nach einem gefährlichen Dämon begeben. Dem Fratzengesicht!«
    Ich kenne Suko einige Jahre. Noch nie in der Zeit habe ich ihn schlagartig so blaß werden sehen wie in diesen Augenblicken. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Er wurde regelrecht blutleer.
    Seine Mundwinkel zuckten. Er sah so aus, als wollte er etwas sagen, dennoch brachte er kein Wort hervor.
    »Was hast du?« fragte ich ihn.
    Shao gab die Antwort. »Weißt du überhaupt, was du da gesagt hast, John?«
    »Natürlich.«
    »Nein, du weißt es nicht!« Suko schüttelte den Kopf. »Dann hättest du es nicht so leicht dahergesprochen.«
    Allmählich wurde ich sauer. »Verflixt noch mal, kann mir denn keiner erklären, weshalb ihr so komisch reagiert? Was ist überhaupt los? Was hat euch so geschockt?«
    »Das Fratzengesicht!« flüsterte Suko.
    »Das habe ich mittlerweile auch bemerkt. Man hat mir davon berichtet, aber was ist so schlimm daran?«
    »Alles.« Suko schüttelte den Kopf. Er nahm sein Glas hoch und trank es hastig leer. »Ich will versuchen, es dir zu erklären. Jede Zeit, jedes Land hat gewissermaßen seinen eigenen Dämon. So ist es auch mit dem Fratzengesicht. Er ist der Dämon überhaupt. Ein grauenhaftes, schreckliches Monstrum. Eine Ausgeburt des Bösen. Ich setze ihn gleich mit dem Schwarzen Tod, denn das Fratzengesicht ist einer in zwei oder zwei in einer.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte ich ehrlich.
    »Machen wir es anders, John. Du kennst einen Januskopf.«
    »Klar. Dagegen habe ich vor Jahren mal gekämpft. Du wirst dich daran erinnern.«
    »Sicher. Und so ein Januskopf ist auch das Fratzengesicht, wenn man den alten Geschichten und Legenden Glauben schenken soll. Viele wollen nichts damit zu tun haben. Sie ignorieren es. Manche Eltern erschrecken ihre Kinder damit. Das Fratzengesicht ist das Böse an sich.«
    »Kannst du nicht konkreter werden?«
    »Moment, John, Moment. Ich sprach von einem Januskopf. Die eine Seite des Kopfes besteht aus einem Vampirschädel, der völlig normal aussieht.«
    »Was heißt das?«
    »Wie du dir eben einen Vampir vorzustellen hast. Sogar europäische Gesichtszüge trägt er.«
    »Gut. Und die zweite Hälfte?«
    »Ist ein chinesisches Gesicht. Dämonisch, unheimlich. Dieses Gesicht vereinigt den Vampirismus und die menschlichen Abgründe. Jede Hälfte allein ist schon schlimm genug. Kommen beide
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