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0258 - Der Dämonensauger

0258 - Der Dämonensauger

Titel: 0258 - Der Dämonensauger
Autoren: Werner Kurt Giesa
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greifen, um die vertraute Sicherheit des Silberstabs zu spüren. Im Laufe der Jahrhunderte war es zu einem Reflex geworden, der sich nicht löschen ließ.
    Der Stab war nicht da!
    Im gleichen Moment zerriß ein Schleier vor Gryfs innerem Auge, und er glaubte, in einen bodenlosen Abgrund zu stürzen.
    Was machte er hier im Pub?
    Er war doch draußen am Dorfrand und hatte auf einen Vampir gelauert!
    Und da war dieses nackte Mädchen, das einen Sieben-Meter-Sprung überstand und…
    »Was ist Ihnen, Sir?« hörte er wie durch eine Watteschicht den Wirt fragen. »Ist Ihnen nicht gut?«
    Gryf schüttelte sich. »Schon gut«, sagte er. »Es geht wieder. Die Müdigkeit, wissen Sie? Ich bin jetzt seit zwei Tagen ununterbrochen auf der Matte. Das macht sich bemerkbar.«
    Eine bessere Notlüge fiel ihm nicht ein. Dabei war er hellwach. Aber dieses dunkelhaarige Mädchen mit den Katzenaugen mußte ihn hypnotisiert haben, um ihn hierher in den Pub zu schicken! Und das, ohne daß er etwas davon bemerkt hatte!
    Das war ihm noch nie passiert.
    Er war ein Silbermond-Druide. Er besaß starke Para-Kräfte und war gegen seinen Willen nicht zu hypnotisieren, aber dieses Mädchen hatte ihm trotzdem blitzartig einen Block verpaßt und ihn auf diese Weise abserviert!
    Gryf bekam sein Bier. Das erste Glas ließ er in einem Zug herunterzischen und streckte schon die Hand nach dem zweiten aus.
    Mit dem Mädchen stimmte etwas nicht. Aber eine Druidin war sie auch nicht. Ihre Augen hätten sie sonst verraten.
    »Warte, Girly«, murmelte Gryf grimmig. »Das Rätselchen werden wir auch noch lösen! Mich schickt keiner ungestraft so einfach nach Hause…«
    Der Wirt reagierte nicht. Er war es gewohnt, daß seine Gäste Selbstgespräche führten. Gryf trank das zweite Glas leer, zahlte und verließ den Pub. Die kühle Nachtluft nahm ihn auf.
    Er hatte noch einen zweiten Grund, zu dem Haus zurückzukehren: Er mußte seinen Silberstab wiederhaben!
    ***
    Er fand ihn unten im Vorgarten des Hauses, hob ihn auf und betrachtete ihn im Mondlicht. Der Stab war unbeschädigt und unverändert. Gryf sah in die Nacht hinaus.
    Der Vampir war weg. Und er würde in dieser Nacht nicht wiederkommen. Aber wenn er zurückkam, würde er Gryf jagen. Der Druide verspürte leichtes Unbehagen, als er an die scheinbare Unverletzbarkeit des Blutsaugers dachte. Dadurch wurde das Biest unberechenbar.
    Er hatte das Gefühl, auf seiner Vampirjagd unversehens in ein Wespennest gestoßen zu haben. Er mußte höllisch aufpassen, wenn er heil aus der Sache herauskommen wollte.
    Gleich drei Unmöglichkeiten in einer Nacht. Ein Vampir, der beim Pfählen nicht starb, ein Mädchen, das einen Sieben-Meter-Sprung überstand und das ihn noch dazu überraschend hypnotisierte. Das waren ein paar Merkwürdigkeiten zuviel.
    Er sah nach oben. Im Zimmer, dessen Fenster immer noch offenstand, brannte Licht. Die junge Dame war also noch wach. Gryf verwunderte es nicht. Nach einer solchen Aktion könnte er auch nicht schlafen. Aber ein paar Tricks hatte er auch noch auf Lager, und dieses Mädchen wollte er näher kennenlernen. Nicht als eine seiner üblichen Bekanntschaften, die sich in etwas Liebe und etwas Sex äußerten, sondern weil er das magische Phänomen an sich ergründen wollte.
    Er versuchte, sich das Innere des Zimmers in groben Umrissen vorzustellen. Die Vorstellung des Mädchens machte ihm weitaus weniger Mühe. Er konzentrierte sich darauf, machte einen Schritt nach vorn und löste damit den zeitlosen Sprung aus, die Fähigkeit der Silbermond-Druiden, durch Gedankenkraft größere Entfernungen ohne Zeitverlust zu überbrücken.
    Im nächsten Moment war er oben bei ihr im Zimmer.
    Er stoppte sofort die Bewegung, weil er nirgendwo anstoßen wollte, und holte tief Luft. Sie hockte auf dem Boden, immer noch nackt, und hielt die Hände über eine glitzernde Kugel, in der Blitze kreisten und versuchten, die Oberfläche zu durchstoßen. Aber es gelang ihnen nicht. Sie blieben in der Kugel gefangen.
    »Hallo«, sagte Gryf und hob die Hand.
    Das dunkelhaarige Mädchen schnellte hoch, die Hände wie Krallen vorgestreckt. »Du?«
    Ihre Augen weiteten sich, als sie Gryf erkannte.
    Im nächsten Moment jagte er in grenzenlose Schwärze, in einen furchtbaren Abgrund, der ihn verschlang, und als die Schwärze schwand, rauschte er durch Blätter und Zweige in die Tiefe.
    Er war im Baum, auf dem er auf den Vampir gelauert hatte! Bloß saß er jetzt nicht fest auf einem Ast, sondern sauste in die
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