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0235 - Disco-Vampir

0235 - Disco-Vampir

Titel: 0235 - Disco-Vampir
Autoren: Rolf Michael
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erzählte Doktor Sternbach etwas über den seltsamen Leichnam, der dort runte. Und als er starb, nahm er das fürchterliche Geheimnis mit ins Grab.
    Und wieder verfloß Zeit. Zwei Weltkriege rasten über die Erde hinweg. Danach wieder Friede. Und die Stadt Trier dehnte sich aus…
    Längst war der alte Friedhof in Vergessenheit geraten. Die brüchigen Grabsteine waren im Laufe der Jahre zersört oder gestohlen worden. Das, was einst den Gottesacker ausmachte, war nun eine Art Vorstadtpark geworden.
    Und immer noch hinderte das Silberkreuz des Doktor Sternbach den Vampir in Tobias Fürchtegott Heinleyn daran, das Grab zu verlassen. So war er in seinem geistigen Wissen und seiner Weltanschauung auf dem Stand der nachnapoleonischen Ära stehengegeblieben. Es war noch immer ein Wesen aus der Zeit des Biedermeier, als ein Zufall ihn in die Zeit der Discotheken bringen sollte.
    Am Tage, als durch den ehemaligen Friedhof ein Telefonkabel gelegt werden sollte…
    ***
    Niemand hatte gesehen, daß Werner Süßenbach das kleine Silberkreuz in die Tasche gleiten ließ. Der Arbeiter aus Trier, der als Feierabendliteratur Wild-West-Romane bevorzugte, ahnte nicht, was er da tat. Denn von Vampiren hatte er noch nie etwas gehört. Das interessierte ihn auch gar nicht. Und an Gespenster glaubte er nicht.
    Mochte der Kuckuck wissen, was das Silberkreuz auf dem Sarg für eine Bewandtnis hatte. Er würde schon jemanden finden, der dafür einige Scheinehen auf den Tisch blätterte. Und so kam es, daß außer ihm niemand davon erfuhr, daß der Weg für einen Blutsauger frei war.
    Werner Süßenbach pfiff ein Liedchen, während er aus dem Grab stieg. Nachdem er den Sargdeckel mit etwas Erde wieder getarnt hatte. Denn Karl Seibert hatte das magische Wort gerufen, das jeden Arbeiter sofort den Schippenstiel aus der Hand werfen läßt.
    Feierabend!
    Während Süßenbach hinter den Kollegen zum Fahrzeug des Bautrupps herschlenderte, dachte er an die vielen Viertelchen Wein, die ihm dieser Fund einbringen mußte.
    Wie ein glutroter Ball sank die Sonne im Westen nieder…
    ***
    »Rotwein! Jeden Tag Rotwein! Gibt es denn auf diesem verdammten Schloß kein anderes Getränk, als ausgerechnet Rotwein?« Die hochgewachsene, athletische Gestalt schlug mit der Faust auf den Tisch, daß die Gläser klirrten. Dem alten Diener, der das im zierlichen Facett geschliffene Kristallglas aus der Karaffe füllte, begann die Hand zu zittern. Purpurrote Flüssigkeit ergoß sich wie Blut über die blütenweiße Tischdecke.
    Das war das erste Mal, daß er Professor Zamorra so aus heiterem Himmel explodieren sah. Die bezaubernde Frau, die ihm am Tisch gegenübersaß, blickte ihn erstaunt an.
    »Was hast du denn auf einmal?« fragte sie erstaunt. »Der Rotwein gehört nun mal zum Franzosen wie der Chianti zum Italiener, der Tee zum Briten und das Bier zum Deutschen. Und so sehr du dich auch überall in der Welt heimisch fühlst; du bist immerhin noch Franzose, mein Lieber. Also trink gefälligst deinen Rotwein und iß dein Weißbrot!«
    Nicole Duval, Zamorras Lebensgefährtin und stärkste Stütze im Kampf gegen das Böse, hatte einen Gesichtsausdruck wie eine erzürnte Gouvernante aufgesetzt. Aber Zamorra hatte gerade jetzt einen Dickschädel. Und der Rotwein, so vorzüglich er auch war, wollte ihm heute absolut nicht munden.
    »Ich weiß, ich weiß!« knurrte er. »Alle Russen trinken Wodka, alle Amis literweise Whisky, und die Neger schlürfen Kokosmilch. Himmelgewitterdieaxt! Wenn es wenigstens Weißwein wäre… !«
    »Ich hole sofort welchen…!« versuchte Raffael, der alte Diener, dem das Wein-Malheur passiert war, die Situation zu retten.
    Aber im gleichen Augenblick hatte Nicole Duval eine Idee, wie man mal wieder für einige Tage dem Alltagstrott auf Château Montagne entkommen konnte. Denn Zamorra, den Freund und Feind auch als den Meister des Übersinnlichen bezeichneten, arbeitete derzeit wie ein Wilder an einer neuen Abhandlung über außersinnliche Phänomene. Und da er dabei ungestört sein wollte, hatte er Nicole mit der Beantwortung seiner sonstigen Korrespondenz beauftragt. Das gehörte mit zu den bestgehaßtesten Tätigkeiten der hübschen Französin.
    Und jetzt galt es, etwas einzufädeln, daß ihr diese abscheuliche Arbeit für einige Tage ersparte.
    »Aber Cherie!« lächelte sie Zamorra honigsüß an. »Weißwein trinkt man am besten da, wo er wächst. Der 82er soll ein Jahrhundert wein geworden sein. Was hältst du von einer Weinprobe vor
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