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0235 - Disco-Vampir

0235 - Disco-Vampir

Titel: 0235 - Disco-Vampir
Autoren: Rolf Michael
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Folianten gekramt. Und dann war es ihm wieder in die Hände gefallen. Das Buch, in dem ein gewisser Professor aus Holland seltsame Theorien niedergeschrieben hatte. Abraham van Helsing hieß jener Forscher, der von Krankheitssymptomen schrieb, wie sie Doktor Sternbach bei dem Toten festgestellt hatte. Und jener Professor van Helsing aus Amsterdam hatte sonderbare Erklärungen dafür…
    Noch während der Nacht eilte Doktor Sternbach noch einmal in die Leichenhalle, in der man den Toten für die letzte Nacht aufgebahrt hatte. Die Kehle des Arztes wurde trocken als er feststellte, daß sich noch nach dem eingetretenen Exitus die Bißwunden am Hals geschlossen hatten. Sollte dieser van Helsing Recht haben?
    Langsam schob Doktor Sternbach die Lippen des Toten nach oben. Mit einem leisen Entsetzensschrei zog er die Hand zurück. Das Gebiß glich dem eines Raubtieres.
    Es bestand kein Zweifel, der Tote war das, was man unter einem »Vampyr« verstand. Doktor Sternbach mußte das als Tatsache akzeptieren. So fantastisch es war, die Veränderung der Halswunden und des Gebisses war nicht mit der normalen Schulweishèit zu erklären.
    Ein Wesen also, das sich in den Nächten erheben würde, um andere Menschen zu beißen, ihr Blut zu trinken und sie auf die Straße des Bösen zu führen.
    Das mußte er, Doktor Sternbach, verhindern. Aber wie? Darüber, wie man einen »Vampyr« endgültig vernichten konnte, hatte auch Professor van Helsing mehrerer Theorien. Aber in einer Sache schien sich der Wissenschaftler aus Amsterdam vollkommen klar zu sein.
    Mit einem Kreuz konnte man einen Vampir an einen Ort festbannen.
    Ein Kreuz versperrte dem Geschöpf der Nacht den Weg. Und in Doktor Sternbach reifte ein Plan. Zwar lehnte er es als Mediziner und logisch denkender Mensch ab, an die Welt des Übersinnlichen zu glauben, aber das, was er tun wollte, würde niemandem schaden.
    Langsam zog er aus der Tasche seines dunklen Gehrocks ein handtellergroßes Kreuz aus gediegenem Silber. Er mußte es auf den Sarg legen und irgendwie mit der Erde, die der Pfarrer ins Grab geschaufelt hatte überdecken. Nur so war er sicher, daß der recht kostbare Gegenstand nicht die Begierde der Totengräber reizte.
    Vorsichtig um seine Kleider nicht mehr als unnötig zu beschmutzen, ließ sich Doktor Sternbach in die Totengrube hinabsinken.
    Sicher, er hätte auch dem zweifelhaften Rat dieses Abraham van Helsing folgen können und einen Holzpfahl durch den Leichnam an der Stelle des Herzens treiben können. Und dann hätte er nach den Anweisungen dieses geheimnisvollen Mannes aus Amsterdam noch den Kopf abschneiden und den Mund mit Knoblauchzehen füllen müssen. Aber obwohl der Doktor chirurgische Erfahrungen hatte, schien ihm das doch zu frevelhaft.
    Und an die bei van Helsing erwähnte Volksweisheit aus Böhmen und Mähren, daß ein Vampyr auch vernichtet würde, wenn ihn der Zacken eines Weißdornzweiges ritzt, glaubte Doktor Sternbach ebenfalls nicht.
    Das Kreuz, das Siegeszeichen des Guten, es mochte das im Todesschlaf dahindämmernde Böse davor bewahren, in den Nächten das Grab zu verlassen.
    Eigentlich hatte der Vemnglückte ein offenes, sympathisches Gesicht gehabt, erinnerte sich der Doktor. Und jener in Trier wohlangesehene Schneidermeister, dessen Name und Adresse im Wanderbuch des Gesellen stand und bei dem er sicherlich Arbeit annehmen wollte, ließ es sich nicht nehmen, dem Toten neue Kleidung anzuziehen.
    Die Leiche des Tobias Fürchtegott Heinleyn glich im Tode eher einem Mann aus dem niederen Adel oder dem gehobenem Bürgertum als einem wandernden Gesellen.
    »Mögest du in Frieden ruhen!« flüsterte Doktor Sternbach und legte das silberne Kreuz auf den Sarg. Mit einigen Händen daraufgeworfener Erde machte er das Siegeszeichen des Guten für das menschliche Auge unsichtbar. Aber jenen Gestalten aus dem Zwischenreich, die da zwischen dem Leben und dem endgültigen Tod angesiedelt sind, mußte es wie ein hochflammendes Fanal erscheinen.
    Mit einem erleichterten Stöhnen stieg Doktor Sternbach wieder aus dem offenen Grab…
    ***
    Jahre und Jahrzehnte kamen und gingen. Das unbekannte Grab, das von niemandem gepflegt wurde, ebnete man bald ein. Aber der Ort, wo man den Sarg des Tobias Fürchtegott Heinleyn in die Erde senkte, wurde nicht wieder als Grabstätte benutzt. So kam es, daß seine Gebèine nicht ausgegraben wurden, um an anderer Stelle in einem Massengrab dem endgültigen Vermodern preisgegeben zu werden.
    Nie in seinem Leben
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